BGH entscheidet für Gläubiger
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass der zukünftige Anspruch des Schuldners auf Auszahlung der Versicherungssumme gepfändet ist. Dieser Anspruch des Schuldners ist als künftige Forderung pfändbar.
Direktversicherung unterliegt Abtretungs- und Beleihungsverbot
Nach § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG darf bei einer der Altersversorgung dienenden Direktversicherung der vor Eintritt des Versorgungsfalls und nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 1b Abs. 1 und 5 BetrAVG aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedene Arbeitnehmer die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des nach § 169 Abs. 3 und 4 des VVG berechneten Wertes weder abtreten noch beleihen. Durch diese Verfügungsbeschränkungen soll im Rahmen des rechtlich Möglichen erreicht werden, die bestehende Anwartschaft im Interesse des Versorgungszwecks aufrechtzuerhalten, d.h. zu verhindern, dass der Arbeitnehmer die Anwartschaft liquidiert und für andere Zwecke verwendet. Das entspricht der Grundkonzeption der §§ 1b und 2 BetrAVG, die darauf ausgerichtet ist, die Versorgungsanwartschaft beim vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers aufrechtzuerhalten und die Fälligkeit unangetastet zu lassen. Der Versorgungszweck der Anwartschaften soll möglichst lückenlos gesichert werden (Blomeyer/Rolfs/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 5. Aufl., § 2 Rn 260 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Mit diesen Verfügungsbeschränkungen korrespondiert ein Pfändungsverbot, § 851 Abs. 1 ZPO. Die Unpfändbarkeit gilt uneingeschränkt für die vor Verfügungen des Arbeitnehmers umfassend geschützte Versorgungsanwartschaft (Blomeyer/Rolfs/Otto, a.a.O., Rn 267; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn 892a).
Verfügungsbeschränkung erfasst nicht den künftigen Auszahlungsanspruch
Die Verfügungsbeschränkung erfasst nicht den Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme im Versicherungsfall. Das hat der BGH bereits am 23.10.2008 (VII ZB 16/08 = NJW-RR 09, 211) entschieden (vgl. auch Blomeyer/Rolfs/Otto, a.a.O., Rn 279; Stöber, Forderungspfändung, Rn 892a, 920; Merten, BetrAV 2004, 721). Er hat in dieser Entscheidung lediglich offen gelassen, ob bereits der zukünftige Anspruch gepfändet werden kann. Diese Frage ist zu bejahen. Künftige Forderungen können grundsätzlich gepfändet werden, sofern ihr Rechtsgrund und der Drittschuldner im Zeitpunkt der Pfändung bestimmt sind (BGH NJW-RR 1989, 286; BGH NJW 2003, 1457; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 829 Rn 2). Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn ein zukünftiger Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme aus einem bestimmten Versicherungsvertrag gepfändet wird.
BGH revidiert Rechtsprechung der Instanzgerichte
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts, die auch von anderen Gerichten geteilt wird (LG Konstanz Rpfleger 2008, 87; OLG Köln OLGR 2003, 54 = InVo 2003, 198), ergibt sich aus § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG nichts anderes. Zwar spricht § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG unterschiedslos von "Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag" und differenziert nicht zwischen gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen. Dieser Wortlaut steht aber entgegen der Ansicht des LG einer am Gesetzeszweck orientierten Auslegung nicht entgegen, dass zukünftige Forderungen von dem Pfändungsverbot nicht umfasst sein sollen. Diese erst nach Eintritt des Versicherungsfalls fälligen Forderungen hat die Norm nicht im Blick. § 2 BetrAVG enthält Regelungen hinsichtlich der von dem vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer erworbenen Versorgungsanwartschaft, also für die Zeit vor Eintritt des Versicherungsfalls. § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG will verhindern, dass der Arbeitnehmer vor diesem Zeitpunkt die Anwartschaft liquidiert und für andere Zwecke verwendet.
Gesetzeszweck hindert Pfändung nicht – Manipulationen verhindern
Dieser Gesetzeszweck hindert nicht daran, einen Gläubiger des Arbeitnehmers im Wege der Pfändung auf die mit Eintritt des Versicherungsfalls fälligen Ansprüche als zukünftige Forderungen zugreifen zu lassen. Hierdurch wird einerseits die Anwartschaft als solche nicht beeinträchtigt. Andererseits wird dem Umstand Rechnung getragen, dass auch schuldrechtliche Forderungen zu den Eigentumsrechten im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG gehören und der verfassungsrechtlich gewährleistete Schutz sich insbesondere auf das Befriedigungsrecht des Gläubigers erstreckt (BGH v. 25.8.2004, IXa ZB 271/03, BGHZ 160, 197; BGH JurBüro 2007, 380). Dieses wäre in erheblichem Maße beeinträchtigt, wenn man dem Schuldner durch ein Pfändungsverbot hinsichtlich seiner zukünftigen Forderungen die Möglichkeit eröffnen würde, am Tag des Eintritts des Versicherungsfalls durch frühzeitige Verfügungen über seine Versorgungsansprüche die erst dann zulässige Pfändung durch den Gläubiger ins Leere laufen zu lassen.
Auch der Gleichbeha...