I. Das Problem
Pfändung des Gesellschaftsanteils
Im Wege der Forderungspfändung wurde "der Anteil des Vollstreckungsschuldners als Gesellschafter an der … GmbH amp Co. KG unter Einschluss des Auseinandersetzungsguthabens sowie der Anspruch des Vollstreckungsschuldners auf Auszahlung der ihm von der Gesellschaft darlehensweise oder aufgrund anderer Vereinbarung gegebenen oder belassenen Beträge, auch soweit sie auf das Privatkonto/Verrechnungskonto gebucht sind", gepfändet.
Das wirft Fragen nach den Folgen auf
Wir fragen uns nun, welche Folgen diese Pfändung für die Ausübung der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der Kommanditgesellschaft (KG) und damit auch für das Entstehen der Zahlungsansprüche haben. Kann der Vollstreckungsschuldner an der Gesellschafterversammlung teilnehmen und dort seine Stimmrechte ausüben?
II. Die Lösung
Pfändung als sonstiges Vermögensrecht
Ein Gesellschaftsanteil ist grundsätzlich pfändbar. Das ergibt sich ganz allgemein aus § 859 ZPO. Danach ist der Anteil eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen einer nach § 705 BGB eingegangenen Gesellschaft der Pfändung unterworfen. Zu solchen Gesellschaften gehören unter Anwendung von § 105 Abs. 3 HGB auch die OHG und die KG (Musielak/Voit/Becker, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 859 Rn 8). Da die Mitgliedschaft in der Gesellschaft als solche keinen Zahlungsanspruch darstellt, erfolgt die Pfändung als sonstiges Vermögensrecht nach §§ 857, 829 ZPO (Musielak/Voit/Becker, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 859 Rn 4; Proff zu Irnich, in: BeckOK-BGB, 52. Edition v. 1.10.2019, § 725 Rn 15).
Kündigung ist möglich
Als Konsequenz der Pfändung der Mitgliedschaft erfolgt die Verwertung zunächst in der Einziehung der aus der Gesellschafterstellung erwachsenden Zahlungsansprüche, insbesondere der Gewinnausschüttungs-, Ausgleichs- und Aufwendungsersatzansprüche sowie dem Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben (Proff zu Irnich, in: BeckOK-BGB, 52. Edition v. 1.10.2019, § 725 Rn 1). Die Realisierung setzt dementsprechend voraus, dass solche Ansprüche im gewöhnlichen Geschäftsverkehr auch entstehen.
Hinweis
Ist der Gesellschafter zugleich auch bei der Gesellschaft abhängig beschäftigt, müssen die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Ansprüche gesondert gepfändet werden.
Um den Auseinandersetzungsanspruch zu aktivieren, kann der Gläubiger auf der Grundlage des Pfändungsbeschlusses (BGH NJW 1986, 1991, Rn 11, zitiert nach juris) die Gesellschaft kündigen. Voraussetzung ist nach § 725 Abs. 1 BGB allerdings die Rechtskraft des Vollstreckungstitels und nach § 135 HGB, dass zuvor ein Mobiliarvollstreckungsversuch in das sonstige Vermögen des Schuldners versucht wurde. Dieser kann auch vor der Rechtskraft des Titels stattgefunden haben (BGH NJW 1982, 2773; Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, § 135 Rn 7, 8).
Hinweis
Wenn der Gesellschaftsanteil abweichend von der dispositiven Vorschrift des § 719 Abs. 1 BGB frei übertragbar ist, kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers oder Gesellschafter-Schuldners die Veräußerung des Anteils anordnen (§§ 857 Abs. 5, 844 ZPO). Die hierfür in § 844 Abs. 1 ZPO aufgestellte Voraussetzung, dass die Einziehung mit Schwierigkeiten verbunden ist, dürfte regelmäßig erfüllt sein, weil die Einziehung mit einer Auflösung der Gesellschaft und Auseinandersetzung ihres Vermögens verbunden wäre (Proff zu Irnich, in: BeckOK-BGB, 52. Edition v. 1.10.2019, § 725 Rn 16). Vor diesem Hintergrund ist streitig, ob dem Gläubiger zwischen diesen beiden Verwertungsarten ein Wahlrecht zusteht oder ob – gesellschaftsschonend – dann nur die Verwertung nach § 844 ZPO in Betracht kommt (so etwa Soergel/Hadding/Kießling, BGB, § 725 Rn 8).
Die Kündigungsfrist
Nach § 725 Abs. 1 BGB kann die Kündigung bei der GbR ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist erfolgen. § 135 HGB normiert hier für die OHG eine abweichende Frist. Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht wurde, aufgrund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so kann er nach dieser Vorschrift die Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, ob sie für bestimmte oder unbestimmte Zeit eingegangen ist, sechs Monate vor dem Ende des Geschäftsjahrs für diesen Zeitpunkt kündigen. Diese Regelung gilt nach § 161 Abs. 2 HGB auch für die KG (Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, § 135 Rn 2)
Keine Geltendmachung der Rechte des Gesellschafters
Solange die Gesellschaft fortbesteht, d.h. der Gläubiger diese nicht gekündigt hat, kann er die sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebenden Rechte des Gesellschafters, mit Ausnahme des Anspruchs auf einen Gewinnanteil, nicht geltend machen, § 725 Abs. 2 BGB. Das sagt aber nur aus, dass der Gläubiger die Stimmrechte nicht ausüben darf. Die Regelung besagt nach ihrem Wortlaut aber nicht, dass der Schuldner weiterhin die Rechte als Gese...