Feste Regeln zur Flexibilisierung der Formulare
Auch der Verordnungsgeber sieht, dass rein statische Formulare der Vielfalt der Praxis nicht gerecht werden und auch nicht nachhaltig sind. So wäre es kaum sachgerecht, dem Gerichtsvollzieher acht Seiten zu schicken, wenn nur drei Seiten befüllt sind. Dem trägt § 3 ZVFV Rechnung.
In explizit aufgezählten sieben Fällen können die Formulare geändert werden. Übergreifende Voraussetzung ist allerdings, dass durch die Abweichung einerseits die Verständlichkeit und Lesbarkeit des Gesamtformulars nicht beeinträchtigt wird. Andererseits darf auch die Zuordnung von weiterem Text zu den jeweiligen Sinneinheiten, die durch einen mit einem Buchstaben versehenen und grau hinterlegte Balken gekennzeichnet sind (Module), nicht zu einer Beeinträchtigung führen.
In diesem Modul können weitere Versicherungen abgegeben werden, etwa zur Glaubhaftmachung von Kostenpositionen (§ 104 Abs. 2 S. 1 ZPO), weil das Modul dazu dient. Es darf aber kein Text eingefügt werden, der zu diesem Sinnabschnitt ("Versicherungen") in Widerspruch steht, etwa eine Weisung zur Zustellu11ng.
Geänderte Rechtsvorschriften
Die Gesetzgebung ist im permanenten Wandel begriffen. Der Verordnungsgeber sieht, dass er dem nicht immer taggleich durch eine Anpassung der Formulare Rechnung tragen kann, zumal dazu die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist. Deshalb ist es künftig nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ZVFV zulässig, die Formulare an geänderte Rechtsvorschriften anzupassen.
Beispiel
Der Gesetzgeber plant nach einem Referentenentwurf des BMJ vom 23.11.2022, mit einem Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft um die Möglichkeit zu erweitern, diese per Video oder an einem anderen geeigneten Ort als in den Geschäftsräumen des Gerichtsvollziehers oder in der Wohnung des Schuldners abzunehmen (§ 802f ZPO-E n.F.). Die Formulare sehen diese Antragsmöglichkeit nicht vor. Erfolgt die Einführung, kann das Formular nunmehr um einen entsprechenden Antrag ergänzt werden.
Andere Währungen
Die Formulare sind auf Vollstreckungsaufträge wegen Geldforderungen in EUR ausgelegt. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass auch Vollstreckungsaufträge in anderen Währungen auszuführen sind. In diesen Fällen können künftig die Währungsangaben nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 ZVFV angepasst werden.
Beispiel
Der BGH (28.9.2022 – XII ZR 7/22) hat aktuell die Möglichkeit gesehen, einen Anspruch auf Zahlung einer ausländischen Maut für die Nutzung einer Autobahn gegenüber einem deutschen Autovermieter klageweise geltend zu machen. Zugleich hat er aber deutlich gemacht, dass Fremdwährungsschulden auch in fremder Währung einzuklagen sind. Entsprechend wäre auch die Forderungsaufstellung in ausländische Währung auszustellen.
In diesem Abschnitt könnte EUR jeweils etwa durch (ungarische) Forint ersetzt werden, wenn der Vollstreckungstitel auch auf diese Währung lautet.
Änderungen an der formalen Gestaltung
Soweit der Wiedererkennungseffekt der Formulare nicht beeinträchtigt wird, können auch unwesentliche Änderungen in der formalen Gestaltung vorgenommen werden. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn nicht das PDF aus dem Bundesgesetzblatt, das auf den Seiten des BMJ schon jetzt zur Verfügung steht (https://www.bmj.de/DE/Service/Formulare/Formulare_node.html;jsessionid=3156CABE8A08C35A6EBA91E703042EE1.2_cid324), zur Grundlage der eigenen Antragstellung gemacht wird, sondern das Formular in der eigenen Software abgebildet (nachgebaut) wird.
In diesem Fall kann etwa die Schriftart, die Schriftgröße oder die Schriftfarbe, der Zeilenabstand oder auch die Breite der Rahmenlinien geändert werden.
Texteingabefelder können erweitert oder verringert werden
Es ist weiter zulässig, nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ZVFV den vorgesehenen Umfang von Texteingabefeldern zu erweitern oder zu verringern. Dies kann etwa erforderlich sein, wenn eine Eingabezeile nicht ausreicht.
Beispiel
Bei der Pfändung von Arbeitseinkommen müssen weitere Ergänzungen vorgenommen werden. Es ist aber nur eine Zeile vorhanden. Tatsächlich werden in der Praxis aber mehrere Zeilen benötigt.
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auf alle über den Arbeitgeber erfolgenden Zahlungen gleich welcher Art, auch soweit diese nicht unmittelbar Ausfluss der Arbeitsleistung sind (beispielsweise Inflationsausgleichsprämie). |
Texte und Texteingabefelder außerhalb von Rahmen können mehrfach verwendet werden
Es ist weiter zulässig, nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 ZVFV den Text einschließlich der dazugehörigen Texteingabefelder außerhalb der Rahmen für die Angaben zum Gläubiger in Modul A und zum Schuldner in Modul B in den Formularen der Anlagen 1, 3 und 5 insgesamt mehrfach zu verwenden.
Beispiel
Es gibt nicht nur einen Gläubiger, sondern mehrere Gesamtgläubiger. Der Vollstreckungsauftrag in Modul A sieht aber nur eine Gläubigerangabe als Texteingabefeld mit allen Angaben zur Individualisierung vor. Das kann dann aber mehrfach wiederhol...