Leitsatz
Ergänzende Fragen des Gläubigers zum Vermögensverzeichnis über den amtlichen Vordruck hinaus sind zuzulassen, wenn sie nicht auf Ausforschung der allgemeinen Lebensverhältnisse des Schuldners angelegt sind. Das ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn der Gläubiger darlegen kann, dass ihm eine Antwort des Schuldners eine weitere Vollstreckungsmöglichkeit eröffnet.
LG Mönchengladbach, 9.7.2008 – 5 T 69/08
1 Der Fall
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung. Die Schuldnerin hat die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Die Gläubigerin hat dann die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses beantragt und hierzu einen Fragenkatalog vorgelegt. Die Gerichtsvollzieherin hat die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses abgelehnt und hierfür Kosten in Höhe von 15,50 EUR erhoben. Sie hat ausgeführt, der amtliche Vordruck sei ordnungsgemäß ausgefüllt worden. Die Erinnerung der Gläubigerin hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Der Fragenkatalog diene allein der Ausforschung der Schuldnerin und ihrer allgemeinen Lebensverhältnisse. Auf die sofortige Beschwerde hat das Landgericht die Entscheidung weitgehend korrigiert und die Schuldnerin zur Nachbesserung bezüglich einzelner Fragen aus dem Fragenkatalog verpflichtet.
2 Die Entscheidung
Vermögensauskunft muss umfassend sein
Ein Vermögensverzeichnis soll möglichst umfassend unterstützend Auskunft über alle Vermögenswerte des Schuldners geben. Das Vermögensverzeichnis soll dem Gläubiger die Möglichkeiten des Zugriffs auf diese Vermögenswerte schaffen. Deshalb muss die Auskunft so beschaffen sein, dass der Gläubiger alle Informationen erhält, die notwendig sind, um unmittelbare Vollstreckungsanträge stellen zu können. Die hierzu üblicherweise verwendeten Formulare stellen dabei nur eine Hilfe für den Schuldner dar. Sie enthalten keine abschließende Regelung, welche Angaben zum Vermögen zu machen sind. Hierfür ist alleine die gesetzliche Regelung des § 807 ZPO maßgeblich.
Hier können Sie fragen
Es liegt an dem Gläubiger, über den amtlichen Vordruck hinausgehende und diesen ergänzende Fragen zu stellen. Solche Fragen müssten allerdings auf den konkreten Fall bezogen sein und dürfen an der Lebenswirklichkeit des Schuldners nicht vorbeigehen. Im Hinblick auf § 807 ZPO dürfen die Anforderungen an die Darlegungen des Gläubigers aber auch nicht überspannt werden. Ergänzende Fragen sind immer dann zuzulassen, wenn sie nicht offensichtlich auf Ausforschung der allgemeinen Lebensverhältnisse angelegt sind. Dies ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn der Gläubiger darlegen kann, dass ihm eine Antwort des Schuldners eine weitere Vollstreckungsmöglichkeit eröffnet (LG Koblenz, 6.7.2006 – 2 T 408/06; LG Koblenz, 3.2.2006 – 2 T 818/05; LG Göttingen, 15.11.1993 – 5 T 204/93; LG Hamburg, 17.11.1995 – 328 T 54/95; LG Passau, 16.5.1995 – 2 T 29/95).
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Die Gläubigerin hat ein berechtigtes Interesse an der Beantwortung der Frage, welche Versicherungen die Schuldnerin unterhält, weil sie gegebenenfalls den Zugriff auf Leistungs- bzw. Beitragsrückerstattungsansprüche erhält (LG Koblenz, 6.7.2006 – 2 T 408/06; LG Cottbus, Beschluss vom 25.10.1999 – 5 T 538/98). |
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Die Frage nach einer Krankenhaustagegeld- oder einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist wegen möglicher denkbarer Ansprüche auf Erstattungs- und Krankengeldleistungen von Bedeutung. Die Frage ist deshalb naheliegend, weil die Schuldnerin selbständig war (LG Koblenz a.a.O.; LG Cottbus a.a.O.) |
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Die Frage, ob die Schuldnerin Begünstigte einer Lebensversicherung ist, die ein Dritter zu ihren Gunsten abgeschlossen hat, ist deshalb von Bedeutung, weil die Gläubigerin sich gegebenenfalls durch Pfändung des Auszahlungsanspruchs befriedigen kann (LG Koblenz a.a.O.). |
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Die Schuldnerin muss die Fragen beantworten, da die Schuldnerin als Mieterin Versorgungsverträge abgeschlossen hat und die Gläubigerin gegebenenfalls Rückerstattungsansprüche aus zuviel gezahlten Abschlägen pfänden kann. |
Umstritten: Auskunft zur Schwarzarbeit?
Ob und in welchem Umfang ein Schuldner im Rahmen der eidesstattlichen Versicherung Fragen nach Einkünften aus Schwarzarbeit beantworten muss, ist in der Rechtsprechung umstritten. Das LG ist hier der Auffassung, dass die Beantwortung dieser Frage nur dann verlangt werden kann, wenn es konkrete Anhaltspunkte für die unvollständige oder unrichtige Beantwortung der Frage nach den Einkommensverhältnissen im vorgedruckten Vermögensverzeichnis gibt. Dass war im konkreten Einzelfall zu verneinen.
Die Gerichtsvollzieherin durfte keine Kosten erheben, weil der Nachbesserungsantrag teilweise gerechtfertigt ist und durch den Nachbesserungsantrag das alte Verfahren zur Behebung des Mangels (kostenfrei) weitergeführt wird, auch wenn ein anderer Gläubiger Nachbesserung verlangt (Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 903 Rn 16).
3 Der Praxistipp
Auskunft vollständig und widerspruchsfrei?
Immer wieder ist festzustellen, dass die Vermögensauskunft des Schuldners im Offenbarungsverfahren nach §§ 807, 899 ZPO unvollständig und nicht widerspruchsfrei ist. Der Gläubiger mus...