1. Zur Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens ist das in Geld gezahlte Einkommen mit dem geldwerten Vorteil der Privatnutzung des vom Arbeitgeber unentgeltlich zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeugs zusammenzurechnen.
2. Die Privatnutzung eines Firmen-Pkw ist kein unpfändbarer Bezug im Sinne von § 850a Ziffer 3 ZPO.
3. Der Wert der privaten Nutzung des Firmenfahrzeugs ist mit monatlich 1 % des auf volle Hundert abgerundeten Listenpreises gemäß der lohnsteuerrechtlichen Behandlung als Sachbezug zu bestimmen.
LAG Hessen, 15.10.2008– 6 Sa 1025/07
III. Praxistipp
Schuldner hat vermeintlich kein Fahrzeug
Startet der Gläubiger mit der Sachpfändung und dem Offenbarungsverfahren, gibt der Schuldner nicht selten an, dass er über kein Fahrzeug verfügt oder aber nur über ein dienstliches Fahrzeug, welches er auch gelegentlich privat nutzen dürfe. Deshalb sei das Fahrzeug nicht pfändbar.
Zugriff auf Wert der Nutzung
Der Schuldner irrt. Zwar kann das Fahrzeug der Sachpfändung entzogen sein. Dem Gläubiger steht aber der Zugriff auf den Wert des privaten Nutzungsrechtes zu. Erhält der Schuldner neben seinem Arbeitsentgelt auch noch Naturalleistungen, etwa in Form von Verpflegung, von Unterkunft oder – wie im Fall des LAG Hessen – der Zurverfügungstellung eines Fahrzeuges, so können die beiden Einkunftsarten nach § 850e ZPO zusammengerechnet werden.
Checkliste: So gehen Sie richtig vor
Der Gläubiger muss also in verschiedenen Schritten vorgehen:
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Zunächst ist der Arbeitslohn mittels eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB) nach §§ 828 ff. ZPO zu pfänden. |
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Mit der Zustellung der Pfändung ist der Drittschuldner zur Abgabe der Erklärung nach § 840 ZPO aufzufordern. Aufgrund der mitgepfändeten Nebenrechte ist der Drittschuldner zugleich zur Herausgabe der Lohnabrechnungen aufzufordern (LG Koblenz v. 6.2.2009, 2 T 92/09, FoVo 2010, 33 [in diesem Heft]). |
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Mit der Zustellung des PfÜB an den Schuldner (§ 829 Abs. 2 ZPO) sollte dieser aufgefordert werden, alle Auskünfte zum Arbeitslohn zu erteilen und die entsprechenden Unterlagen herauszugeben. Dabei sollte der Schuldner explizit nach Naturalleistungen gefragt werden. Grundlage dieses Verlangens ist § 836 Abs. 3 ZPO. |
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Stellt sich danach heraus, dass der Schuldner auch Naturalleistungen erhält, muss der Gläubiger einen Antrag auf Zusammenrechnung des in Geld gezahlten Arbeitslohnes mit der Naturalleistung nach § 850e Abs. Nr. 3 ZPO beantragen. Dabei beantragt er am besten die Festsetzung des aus dem gezahlten Arbeitslohn nicht pfändbaren Festpreises. |
Die Bewertung der Naturalleistung
In der Praxis kann die Bewertung der Naturalleistung den Gläubiger vor Probleme stellen. Hier helfen einerseits die Sachbezugswerte in der Sozialversicherungsentgeltverordnung (www.gesetze-im-internet.de/svev/_2.html) bei der Gewährung von Verpflegung und Unterkunft. Für die private Nutzung des Pkw zeigt nun das LAG Hessen einen pragmatischen Weg auf: Der Gläubiger kann pauschaliert von einem Nutzungswert in Höhe von 1 % des Listenpreises des Fahrzeuges ausgehen und dies seiner Berechnung zugrunde legen. Es obliegt dann dem Schuldner, eine geringere private Nutzung darzulegen, indem er etwa ein Fahrtenbuch vorlegt, aus dem sich dienstliche und private Fahrten im Einzelnen ergeben. Häufig ist dies dem Schuldner aber nicht möglich.