Leitsatz
Die Zwangsverwaltung des Grundstücks einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts darf nur angeordnet werden, wenn deren Gesellschafter sämtlich aus dem Titel hervorgehen und mit den im Grundbuch eingetragenen Gesellschaftern übereinstimmen. Hinsichtlich der Gesellschafter gilt § 1148 Satz 1 BGB entsprechend.
Veränderungen im Gesellschafterbestand sind durch eine Rechtsnachfolgeklausel analog § 727 ZPO nachzuweisen.
Der erweiterte öffentliche Glaube des Grundbuchs nach § 899a BGB bezieht sich nur auf die Gesellschafterstellung, nicht auf die Geschäftsführungsbefugnis.
BGH, 2.12.2010– V ZB 84/10
1 I. Der Fall
GbR als Schuldnerin
Die Gläubigerin betreibt gegen die mit notarieller Urkunde vom 1.6.1993 errichtete Schuldnerin (GbR) die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Grundschuld. In der Grundschuldbestellungsurkunde vom 6.10.1993 übernahmen die für sich selbst und die Schuldnerin zur Beurkundung erschienenen Gesellschafter der Schuldnerin R. H. und H.-J. M. als Gesamtschuldner "die persönliche Haftung in Höhe eines Betrags, der der vereinbarten Grundschuld nebst Zinsen und Nebenleistungen entspricht" und unterwarfen sich der sofortigen Vollstreckung in das belastete Grundeigentum.
Ein GbR-Anteil wird übertragen = Gesellschafterwechsel
In notariellen Urkunden vom 15.3.2000 und vom 15.3.2001 teilte R. H. seinen hälftigen Anteil an der Schuldnerin, übertrug den größeren Teil auf den Gesellschafter H.-J. M. und den kleineren Teil auf den neu eintretenden Gesellschafter W. M. und schied aus der Gesellschaft aus. Dieser Gesellschafterwechsel wurde im Grundbuch vollzogen, in das als Eigentümer des Grundstücks "H.-J. M. und W. M. als Gesellschafter bürgerlichen Rechts" eingetragen wurden.
Klauselerteilung und Anordnung der Zwangsverwaltung
Am 12.3.2009 wurde der Gläubigerin eine Vollstreckungsklausel für die Vollstreckung gegen H.-J. und W. M. als Gesellschafter bürgerlichen Rechts erteilt und beiden Gesellschaftern am 20.3.2009 zugestellt. Auf den Antrag der Gläubigerin ordnete das Vollstreckungsgericht dann die Zwangsverwaltung des Grundbesitzes an. Später stellte sich heraus, dass H.-J. M. schon zuvor verstorben war. Nach § 6 des Gesellschaftsvertrags wird die Gesellschaft bei dem Ableben eines Gesellschafters immer nur mit einem seiner Erben fortgesetzt, der durch letztwillige Verfügung zu bestimmen ist.
Ein Gesellschafter ist verstorben
Das Vollstreckungsgericht meint, die Zwangsverwaltung könne nur aufgrund einer auf die jetzigen Gesellschafter lautenden Vollstreckungsklausel und nach einer erneuten Zustellung fortgesetzt werden. Deshalb hat es das Verfahren einstweilen eingestellt und den Zwangsverwalter angewiesen, die Inbesitznahme der verwalteten Objekte zu unterlassen. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das LG beide Beschlüsse aufgehoben. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin.
2 II. Die Entscheidung
Anordnung der Zwangsverwaltung war ohne Rechtsfehler
Zu Recht hat das LG angenommen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsvollstreckung bei Erlass des Anordnungsbeschlusses vorgelegen haben. Die Grundschuldbestellungsurkunde vom 6.10.1993 erlaubt die Vollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin. Die Grundschuld, die die Schuldnerin darin der Gläubigerin bestellt hat, ist nach § 800 ZPO vollstreckbar. Ob die dazu erforderliche Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz von der Schuldnerin als Verband oder von den für sie handelnden beiden einzigen Gesellschaftern persönlich erklärt worden ist, ist dafür ohne Bedeutung. Die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist nämlich auch aufgrund eines Titels gegen die Gesellschafter und damit auch aufgrund einer durch sie persönlich erklärten Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen möglich (BGH NJW 2004, 3632). Der Titel war analog § 727 ZPO mit einer Rechtsnachfolgeklausel zu versehen, die dem geänderten Bestand der Gesellschafter entsprach. Dieser liegt auch vor.
Eigentümer des Grundbesitzes ist die GbR
Richtig ist zwar, dass das Vermögen einer GbR nach der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR dem Verband und nicht den Gesellschaftern zusteht (BGHZ 179, 102; Krüger, NZG 2010, 801). Es trifft auch zu, dass das Eigentum der GbR von einem Wechsel im Bestand der Gesellschafter nicht berührt wird. An dieser Rechtslage hat die Änderung von § 47 GBO und § 15 GBV durch das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (BGBl I S. 2713, fortan ERVGBG) nichts geändert. Danach ist eine GbR zwar unter Nennung sämtlicher Gesellschafter einzutragen. Eigentümer bleibt aber die GbR als Verband. Deshalb begründet die gleichzeitig eingeführte Vorschrift des § 899a BGB öffentlichen Glauben nicht für das Eigentum der Gesellschafter an dem Gesellschaftsvermögen, sondern nur dafür, dass diese Gesellschafter der GbR sind.
Aber: Gesellschafter im Titel müssen mit Gesellschafte...