Leitsatz
Es stellt keine Irreführung des Verbrauchers dar, wenn das Inkassounternehmen mit dem Gläubiger vertraglich eine Vergütung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vereinbart hat und im Erstattungsverhältnis unter ausdrücklichem Hinweis auf diese vertragliche Vereinbarung die Gebühren und Auslagen nach dem RVG für den Gläubiger erstattet verlangt.
LG Köln, Beschl. v. 17.12.2019 – 31 O 94/19
1 I. Der Fall
Verbraucherzentrale agiert nach dem UKlaG
Die klagende Verbraucherzentrale nimmt als qualifizierte Einrichtung im Sinne des § 4 UKlaG die beklagte Inkassodienstleisterin (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG) wegen behaupteter Irreführung und Rechtsbruchs auf Unterlassung und Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch. Gegenstand des Rechtsstreites ist die Frage, ob die Inkassokosten unter Bezugnahme auf das RVG dargestellt werden dürfen.
In der ersten Runde war das IKU unterlegen
Die Parteien haben bereits in der Vergangenheit einen Rechtsstreit miteinander geführt, in welchem sie über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der – früher – von der Beklagten verwendeten Formulierung in Forderungsschreiben gestritten haben (LG Köln 31 O 92/16 = OLG Köln 6 U 97/17). Die seinerzeit streitgegenständliche Formulierung lautete wie folgt:
"Kosten unserer Tätigkeit nach § 4 Abs. 5 RDGEG, die im Rahmen des Verzugsschadens gemäß §§ 280, 286 BGB geltend gemacht werden: a) 1,3-Geschäftsgebühr gem. § 4 Abs. 5 RDGEG i.V.m. Nr. 2300 VV RVG."
IKU ändert die Formulierung
Nachdem die Kammer die vorgenannte Formulierung mit Urt. v. 23.5.2017 wegen Verstoßes gegen §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 11a Abs. 1 Nr. 5 RDG untersagt hat und die Berufung gegen das Urteil ohne Erfolg geblieben ist (OLG Köln v. 5.10.2018), ging die Beklagte dazu über, ihre Forderungsschreiben wie nachstehend im Klageantrag eingeblendet zu gestalten. Der die Inkassokosten betreffende Passus im Forderungsschreiben lautet nunmehr:
"Inkassokosten gemäß der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger, die Sie nach §§ 280, 286 BGB aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu erstatten haben, unter Beachtung der Begrenzung nach § 4 Abs. 5 RDGEG: a) Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten 1,3-Geschäftsgebühr analog Nr. 2300 VV RVG …"
bzw.
"Inkassokosten gemäß der vertraglichen Vereinbarung mit dem Gläubiger, die Sie aufgrund unerlaubter Handlung nach den §§ 823 ff. BGB zu erstatten haben, unter Beachtung der Begrenzung nach § 4 Abs. 5 RDGEG: a) Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten 1,3-Geschäftsgebühr analog Nr. 2300 VV RVG …"
Abmahnung wegen Irreführung, mangelnder Information und Transparenz
Die erneute Abmahnung der Verbraucherzentrale wies die Inkassodienstleisterin zurück, so dass die Verbraucherzentrale Klage erhob. Sie hält die Formulierungen für irreführend im Sinne des § 5 UWG und zugleich für einen Verstoß gegen die Informationspflichten nach § 11a RDG, was nach § 3 UWG zu untersagen sei. Die Formulierungen erweckten den Eindruck einer gesetzlichen Kostenregelung. Zum anderen sei die Formulierung jedenfalls in ihrer Gesamtheit irreführend, weil der Verbraucher mit einer Vielzahl von Hinweisen auf unterschiedliche Gesetze konfrontiert werde und hierdurch der Eindruck entstehe, dass die Berechnung der Inkassokosten im Detail gesetzlich geregelt sei. Der aufklärende Hinweis auf die vertragliche Vereinbarung mit dem Gläubiger sei nicht ausreichend, um aus der Irreführung herauszuführen. Aus diesen Gründen verstoße die Ausgestaltung der Forderungsschreiben auch gegen die Transparenzvorgaben nach § 11a Abs. 1 Nr. 5 RDG.
Beklagte ist ganz anderer Meinung
Dem ist die Beklagte einerseits mit formellen Einwendungen entgegengetreten, um andererseits zu bestreiten, dass der Verbraucher in die Irre geführt werde. Vielmehr sei erkennbar, dass es sich um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung geäußerte Rechtsansicht handele. Zudem werde durch den nun im Forderungsschreiben enthaltenen Zusatz "gemäß den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Gläubiger" deutlich, dass die Beklagte nicht die Erstattung einer Vergütung auf gesetzlicher Grundlage bzw. nach einer gesetzlichen Taxe für sich in Anspruch nehme, sondern die verfolgten Inkassokosten auf vertraglicher Grundlage beruhten. Die Darstellung der Beklagten entspreche daher nicht nur der Wahrheit, sondern sei auch für einen verständigen Schuldner nachvollziehbar.
2 II. Aus der Entscheidung
Verbraucherzentrale scheitert mit zulässiger Klage
Das Landgericht Köln sieht sich als sachlich und örtlich zuständig an, billigt der Verbraucherzentrale trotz anderweitiger Verfahren und der Möglichkeit, im Vorprozess die jetzt beklagte Formulierung anzugreifen, ein Rechtsschutzbedürfnis zu und sieht auch keinen prozessualen Grund, das Verfahren auszusetzen. Insoweit handelte es sich um Aspekte des Einzelfalles, so dass von der Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit abgesehen wird.
Kein Unterlassungsanspruch
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere ni...