BGH hält das PKH-Gesuch für unbegründet
Der Antrag der Schuldnerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die beabsichtigte Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist der Überweisungsbeschluss
Gegenstand des beabsichtigten Rechtsbeschwerdeverfahrens ist ausschließlich der zugunsten des Gläubigers ergangene Überweisungsbeschluss vom 6.3.2017. Mit diesem Beschluss hat das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – die mit Beschluss vom 9.2.2016 gepfändeten Forderungen dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen und damit durch staatlichen Hoheitsakt nach § 835 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 ZPO verwertet (vgl. MüKo-ZPO/Smid, 5. Aufl., § 835 Rn 1, 3; Musielak/Voith/Flockenhaus, ZPO, 17. Aufl., § 835 Rn 1; Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 835 Rn 1; HK-ZPO/Kemper, 8. Aufl., § 835 Rn 1).
Nichtigkeit vs. Anfechtbarkeit
Die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung setzt als Hoheitsakt die öffentlich-rechtliche Beschlagnahme des Pfandgegenstandes (Verstrickung) voraus. Deshalb gehört eine wirksame Pfändung der Forderung zum Tatbestand der Überweisung (BGH v. 22.9.1994 – IX ZR 165/93; MüKo-ZPO/Gruber, 5. Aufl., § 803 Rn 33; Musielak/Voith/Flockenhaus, ZPO, 17. Aufl., § 803 Rn 9a). Wirksam ist eine Pfändung, wenn sie nicht nichtig ist, das heißt unter einem besonders schweren und bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundigen Fehler leidet (vgl. BGH v. 22.9.1994 – IX ZR 165/93, BGHZ 127, 146; BGH v. 23.10.2008 – VII ZB 16/08). Liegen derartig schwere Fehler nicht vor, ist eine Vollstreckungshandlung als staatlicher Hoheitsakt wirksam, auch wenn sie bei richtiger Sachbehandlung hätte unterbleiben müssen. Ihre Fehlerhaftigkeit führt lediglich dazu, dass sie auf entsprechenden Rechtsbehelf wieder aufzuheben ist. Solange die Fehlerhaftigkeit nicht durch die dafür zuständige Stelle festgestellt ist, müssen die im Namen des Staates getroffenen Entscheidungen beachtet und befolgt werden (BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 284/79).
Beispiele für nichtige Pfändungen
Auf dieser Grundlage geht die Rechtsprechung davon aus, dass ein Pfändungsbeschluss nichtig ist, wenn der Schuldner nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt, das unzuständige Vollstreckungsorgan gehandelt hat, schon der äußeren Form nach ein Vollstreckungstitel nicht vorliegt, wesentliche Förmlichkeiten des Vollstreckungsaktes nicht eingehalten wurden oder die gepfändete Forderung dem Schuldner gegen den Drittschuldner nicht zusteht (vgl. umfassende Nachweise bei Jurgeleit, Die Haftung des Drittschuldners, 2. Aufl., Rn 3 ff.).
Im konkreten Fall: kein Nichtigkeitsgrund
Nach den Feststellungen des LG ist kein Grund ersichtlich, warum der Pfändungsbeschluss vom 9.2.2016 nichtig sein sollte. Allein in der Nichtbeachtung von Pfändungsschutzvorschriften liegt kein besonders schwerer und offenkundiger Fehler des Vollstreckungsverfahrens (vgl. BGH v. 23.10.2008 – VII ZB 16/08 Rn 7 m.w.N., NJW-RR 2009, 211).
Einwände der Schuldnerin sind unerheblich
Es ist deshalb für die beabsichtigte Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens unerheblich, ob, wie die Schuldnerin meint, zu ihren Gunsten § 851c ZPO Anwendung findet. Unabhängig von dieser Rechtsfrage hätte daher das Beschwerdegericht den Pfändungsbeschluss beachten müssen. Es ist deshalb für die beabsichtigte Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens ebenfalls unerheblich, ob der Schuldnerin die Möglichkeit offensteht, eine Erinnerung gegen den Pfändungsbeschluss nach § 766 Abs. 1 ZPO zu erheben.
Unerheblich ist, ob die Schuldnerin angehört wurde
Soweit das LG unter Bezugnahme auf Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 850 Rn 18 (insoweit identisch mit Stein/Jonas/Würdinger, ZPO, 23. Aufl., § 850 Rn 18) darauf abstellt, dass ein ohne Anhörung des Schuldners ergangener und gegen ein Pfändungsverbot verstoßender Pfändungsbeschluss keine materielle Wirkung entfalten und deshalb nicht zur Verstrickung der Forderung führen könne, liegt diese Erwägung neben der Sache. Denn die Überweisung einer gepfändeten Forderung zur Einziehung stellt keine materielle Wirkung der Pfändung dar, sondern die im formellen Vollstreckungsverfahren erfolgende hoheitliche Verwertung der gepfändeten Forderung. Es kann deshalb im Zwangsvollstreckungsverfahren dahingestellt bleiben, ob und inwieweit in einem Einziehungsprozess des Gläubigers der Einwand einer Unpfändbarkeit berücksichtigt werden könnte (siehe dazu eingehend Jurgeleit, Die Haftung des Drittschuldners, 2. Aufl., Rn 100 ff.).
Kein Vollstreckungsmangel
Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts besteht schließlich kein Anlass zu der Annahme, dass der Überweisungsbeschluss an einem Vollstreckungsmangel leiden könnte.