Der Fehler der Schuldnerin zum Nutzen des Gläubigers
Die Entscheidung des BGH zeigt, dass bestraft wird, wer zu spät kommt. Die Schuldnerin hat nur den Überweisungsbeschluss, nicht aber den vorangegangenen Pfändungsbeschluss angegriffen. Wenn ein zunächst wirksamer Pfändungsbeschluss vorliegt, kann der Überweisungsbeschluss auf dieser Grundlage ohne Weiteres ergehen. Auf die Frage, ob der Pfändungsbeschluss anfechtbar ist, kommt es dann nicht an. Dies wäre nur relevant, wenn der Pfändungsbeschluss nichtig wäre.
Der Fehler ist formell zu korrigieren
Der Gläubiger hat durch die Verfahrensdauer allerdings nur einen zeitlichen Vorsprung erlangt. Da der Pfändungsbeschluss gemäß § 834 ZPO ohne Anhörung der Schuldnerin ergangen sein wird, ist er gemäß § 766 ZPO mit der – insoweit unbefristeten – Erinnerung anfechtbar. Da die Schuldnerin sich gegen die Überweisung gewehrt hat, wird eine Verwirkung des Rechtsmittels nicht in Betracht kommen. Mag ein Zeitmoment ankommen, fehlt es jedenfalls am Umstandsmoment.
Materiell wird die Schuldnerin unterliegen
In der Sache wird aber auch die Erinnerung der Schuldnerin keinen Erfolg haben. Pfändungsschutz nach § 851c ZPO steht ihr nicht zu. Ansprüche auf Leistungen, die aufgrund von Verträgen gewährt werden, dürfen nach § 851c ZPO nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, wenn
- die Leistung in regelmäßigen Zeitabständen lebenslang und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt wird,
- über die Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügt werden darf,
- die Bestimmung von Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Berechtigte ausgeschlossen ist und
- die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, nicht vereinbart wurde.
An der letztgenannten Voraussetzung fehlte es hier, weil auch eine Kapitalleistung möglich ist. Deshalb ist die Altersrente – voll – pfändbar.
Vor dem Hintergrund der Spezialregelung von Versorgungszusagen in § 851c ZPO wird für die Anwendung von § 765a ZPO kein Raum sein. Es liegt schon keine besondere Härte der Zwangsvollstreckung vor. Vor allem fehlt es aber an einer Härte, die gegen die guten Sitten verstößt. § 851c ZPO wurde zum 1.1.2013 geschaffen. Bis dahin war eine solche Versorgungszusage ohnehin unbeschränkt pfändbar. Dieses Risikos musste sich die Schuldnerin also bei Abschluss der Vereinbarung im Jahr 1995 bewusst gewesen sein. Im Jahr 2013 und danach wäre es der Schuldnerin und der GmbH möglich gewesen, die Vereinbarung § 851c ZPO anzupassen. Dass dies nicht geschehen ist, ist von der Schuldnerin und nicht vom Gläubiger zu verantworten.
FoVo 2/2021, S. 31 - 34