Die Abgabe an den Rechtsanwalt darf nur zum notwendigen Zeitpunkt erfolgen
Die Rechtspflegerin hat also im konkreten Fall richtig entschieden. Der Gläubiger muss die vollen Gebühren und Auslagen der beiden Rechtsdienstleister bezahlen, bekommt aber vom Schuldner nur die Kosten erstattet, die entstanden wären, wenn nur ein Rechtsanwalt oder nur ein Inkassodienstleister vorgerichtlich und im gerichtlichen Mahnverfahren tätig geworden wäre. Da es keinen sachlichen Grund gab und gibt, bei einer fortgesetzt unstreitigen Forderung einen Rechtsanwalt mit der Beantragung des Mahnbescheides zu beauftragen, muss der Gläubiger für die Mehrkosten einstehen. Für die Zukunft kann also nur von einem solchen Bearbeiterwechsel abgeraten werden.
Die Ausnahme sehen
Anders verhält es sich im Hinblick auf die Anrechnung bei dem Übergang vom gerichtlichen Mahnverfahren in das gerichtliche Erkenntnisverfahren. Hat ein Inkassodienstleister eine unstreitige Forderung vorgerichtlich geltend gemacht und dann auch den Mahn- und ggfs. auch den Vollstreckungsbescheid beantragt, endet seine Postulationsfähigkeit nach § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO mit dem Widerspruch bzw. Einspruch des Schuldners und der Abgabe des Verfahrens an das Streitgericht. Hier muss nun ein Rechtsanwalt die Vertretung übernehmen. In dieser Konstellation hat also nun der Schuldner durch das späte formelle Bestreiten die Ursache für den notwendigen Wechsel des Rechtsdienstleisters gesetzt.
Hier hat der Gesetzgeber mit § 13f S. 3 RDG eine Ausnahme von der vorstehenden Begrenzung der Erstattungsfähigkeit zum 1.10.2021 mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht (BGBl I 2020, S. 3415) geregelt. Die Grundsätze für die Begrenzung der Erstattungsfähigkeit nach § 13f S. 1 und 2 RDG gelten nicht, wenn der Schuldner die Forderung erst nach der Beauftragung eines Inkassodienstleisters bestritten hat und das Bestreiten Anlass für die Beauftragung eines Rechtsanwalts gegeben hat. Der Inkassodienstleister erhält in diesem Fall also die vorgerichtlichen Inkassokosten voll, die Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens unter Berücksichtigung der Anrechnung der vorgerichtlichen Kosten nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG und der Rechtsanwalt erhält die vollen Gebühren im Klageverfahren (Nrn. 3100, 3104 VV RVG) ohne die Anrechnung nach der Anm. zu Nr. 3305 VV RVG. Diese Kosten sind dann in vollem Umfang erstattungsfähig.
Der Rat für das zukünftige Vorgehen des Gläubigers kann also nur darin liegen, nach der ursprünglichen Beauftragung des Inkassodienstleisters den Wechsel zum Rechtsanwalt erst mit der Abgabe der Sache an das Streitverfahren zu beauftragen.
Autor: VRiOLG Frank-Michael Goebel
FoVo 2/2023, S. 28 - 33