Das angegangene Gericht ist unzuständig. Nachdem keine Abgabe an das zuständige Vollstreckungsgericht beantragt wurde, kam nur noch eine Verwerfung der somit unzulässigen Erinnerung in Betracht. Im Einzelnen:
AG stellt auf den Wortlaut von § 766 ZPO ab
Das Gericht hat seine Unzuständigkeit mit Beschluss vom 5.5.2022 bereits wie folgt begründet: "… Denn nach Auffassung des hiesigen Gerichts ist für Kostenerinnerungen betreffend den Ansatz von Kosten für die Zustellung eines PfÜB gem. § 766 Abs. 2 letzte Alt. ZPO das Vollstreckungsgericht zuständig und nicht gem. § 5 Abs. 2 S. 1 GvKostG das AG, in dessen Bezirk der GV seinen Amtssitz hat."
Frage ist aber streitig: GV stellt zu, vollstreckt aber nicht
Vielfach wird allerdings vertreten, dass Kosten der (bloßen) Zustellung eines PfÜB durch den GV nicht solche i.S.d. § 766 Abs. 2 ZPO seien, sondern Kosten für sonstige Handlungen außerhalb der Zwangsvollstreckung (so z.B. Herfurth, in: BeckOK-KostR § 5 GVKostG Rn 22, AG Augsburg DGVZ 2006, 126 mit ausf. Begründung; Zuhn/Richter, in: Winterstein, Gerichtsvollzieherkostenrecht, 28. Erg.-Lfg. 2020, Teil 2 § 5 S. 10 m.N.; so wohl auch, aber ohne eigene Begründung AG Halle/Saale, Beschl. v. 4.6.2014 – 53 M 1043/14, DGVZ 2014, 245). Zur Begründung wird im Wesentlichen angeführt, § 766 ZPO befasse sich nur mit Vollstreckungshandlungen bzw. an den GV gerichteten Vollstreckungsaufträgen und adressiere mithin den GV in seiner Funktion als Vollstreckungsorgan. Der GV handle bei der Zustellung des PfÜB aber nicht als Vollstreckungsorgan, sondern als Zustellungsorgan.
AG lässt dagegen den Kostenansatz als solchen nach § 788 ZPO genügen
Das Gericht vermag dem nicht zu folgen. Vielmehr reicht es für die Anwendbarkeit des § 766 Abs. 2 ZPO als Zuständigkeitsvorschrift für Erinnerungen gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers aus, dass die Kosten als Kosten der Zwangsvollstreckung angesetzt wurden und damit als Kosten zur Vorbereitung, Durchführung oder zum Abschluss der Zwangsvollstreckung. Im Kern stellt sich damit die Frage, ob es für die Anwendung von § 766 Abs. 2 ZPO genügt, dass die Zustellkosten zu den Kosten der Zwangsvollstreckung im Allgemeinen (vgl. auch § 788 ZPO) gehören oder ob die Kosten für (selbstständige) Vollstreckungsmaßnahmen bzw. -handlungen des jeweiligen GV als Vollstreckungsorgan angesetzt worden sein müssen.
Schon der Wortlaut des § 5 GvKostG, "soweit nicht", legt nahe, dass es sich um eine Auffangvorschrift handelt. Umgekehrt stellt die Regelung des § 766 Abs. 2 letzte Alt. ZPO gerade nicht explizit auf eine eigene, selbstständige Vollstreckungsmaßnahme des Gerichtsvollziehers ab, sondern nur auf von ihm in Ansatz gebrachte Kosten. Beides lässt ein weites Verständnis des § 766 Abs. 2 ZPO zu und erfordert es zugleich, wie nachfolgend dargestellt wird.
Der offenkundige Zweck des § 766 Abs. 2 ZPO, die Entscheidungszuständigkeit für Fragen rund um die Zwangsvollstreckung auf das Vollstreckungsgericht zu konzentrieren, spricht für die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts auch für Erinnerungen gegen den Kostenansatz für Zustellungen durch den GV im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Nur bei einer Entscheidung durch das Vollstreckungsgericht ist sichergestellt, dass alle vergleichbaren Kostenansätze zu derselben Vollstreckungsmaßnahme einheitlich beurteilt werden (z.B. bei Pfändung mehrerer Forderungen bei Drittschuldnern in unterschiedlichen Gerichtsbezirken und Vermittlung oder Beauftragung der Zustellung durch den jeweiligen GV am Sitz des Drittschuldners).
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die auf § 5 Abs. 2 S. 1 GvKostG beruhende Zuständigkeit des AG am Amtssitz des GV den Vorteil einer einheitlichen Rechtsprechung im jeweiligen AG-Bezirk mit sich bringt. Der Gesetzgeber hat aber mit dem Vorbehalt in § 5 Abs. 2 S. 1 GvKostG zugunsten des § 766 Abs. 2 ZPO gerade diesen Aspekt zugunsten einer Zuständigkeit in Vollstreckungssachen zurücktreten lassen.
Sachzusammenhang liege vor
Soweit es um eine Erinnerung gegen den Ansatz von Kosten geht, die Teil der Kosten der Zwangsvollstreckung sind, geht gerade aus Gründen des Sachzusammenhangs die Zuständigkeit nach § 766 ZPO vor und tritt die "mit Rücksicht auf die Ortsnähe" begründete Zuständigkeit nach § 5 Abs. 2 S. 1 GvKostG zurück. Das Gericht sieht sich in dieser Frage durch die vom Bezirksrevisor zitierte Rechtsprechung des BGH (18.4.2013 – I ZB 77/12) eher bestätigt als widerlegt.
AG beruft sich auf die Gesetzessystematik
Gleiches ergibt sich aus einer Betrachtung der Gesetzessystematik. Denn danach sollten die in § 766 Abs. 2 ZPO angesprochenen "von dem Gerichtsvollzieher in Ansatz gebrachten Kosten" die "Kosten der Zwangsvollstreckung" i.S.d. im gleichen Buch der ZPO geregelten § 788 ZPO sein. Es entspricht nach Auffassung des Gerichts auch der Rechtsprechung des BGH (11.09.08 – I ZB 36/07) – wenngleich zu einem Sachverhalt, bei dem der GV zweifelsfrei auch als Vollstreckungsorgan tätig geworden war –, dass § 766 Abs. ...