Leitsatz
Besteht die Verpflichtung aus dem Schiedsspruch in der Unterlassung bestimmter Handlungen, so ist in der Regel ein berechtigtes Interesse des Gläubigers an der Vollstreckbarerklärung gegeben, ohne dass es einer besonderen Veranlassung durch den Schuldner bedarf. In diesem Fall ist für die Anwendung des § 93 ZPO regelmäßig kein Raum.
OLG Stuttgart, 13.10.2008 – 1 Sch 2/08
1 Der Fall
Schiedsspruch vollstreckbar machen
Der Gläubiger hat beantragt, einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut für vollstreckbar zu erklären. Die Schuldnerin hat "das sofortige Anerkenntnis" erklärt und beantragt, der Gläubigerin nach § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie bisher nicht gegen den Vergleich verstoßen habe.
2 Die Entscheidung
Ist im Verfahren Anerkenntnis möglich?
Ob im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen ein bindendes Anerkenntnis im prozessualen Sinn nach § 307 ZPO in Betracht kommt, ist umstritten (bejahend Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 27, Rn 29; Münch, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., Rn 3 zu § 1064 ZPO; a.A. Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., Rn 7 zu § 1042 ZPO). Auch wenn im Hinblick auf die Berücksichtigung von Aufhebungsgründen von Amts wegen ein bindendes prozessuales Anerkenntnis nicht zuzulassen sein sollte, wäre gleichwohl im Rahmen der Kostenentscheidung der Rechtsgedanke des § 93 ZPO heranzuziehen, so dass dem Antragsteller die Kosten aufzuerlegen wären, wenn der Antragsgegner zur Einleitung des Verfahrens keine Veranlassung gegeben hätte.
Rechtsschutzinteresse kann entfallen
Eine (entsprechende) Anwendung des § 93 ZPO kommt nur in Frage, wenn die Einleitung des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs erkennbar unnötig war, weil für den Antragsteller klar ersichtlich war, dass keine Notwendigkeit für die Durchführung von Vollstreckungshandlungen bestand. Da der Schiedsspruch erst durch die formale Vollstreckbarerklärung überhaupt zum Vollstreckungstitel wird, besteht regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Gläubigers an der Vollstreckbarerklärung. Jedenfalls bei Titeln, die – wie hier – Unterlassungsansprüche zum Gegenstand haben und damit nicht durch eine einmalige Handlung erfüllt werden können, steht die Befolgung des (noch) nicht vollstreckbaren Schiedsspruchs dem berechtigten Interesse des Gläubigers an der Schaffung eines Vollstreckungstitels grundsätzlich nicht entgegen (so schon KG NJW-RR 1987, 507 für die Androhung von Ordnungsmitteln bei einem gerichtlichen Vergleich).
Ob an das Interesse des Antragstellers im Einzelfall strengere Anforderungen zu stellen sind, wenn der Schiedsspruch eine Vertragsstrafe enthält, so dass auch ohne staatliche Vollstreckungsmaßnahmen ein effektives Druckmittel gegeben ist, hat das OLG Stuttgart noch offen gelassen, weil im konkreten Fall auch ansonsten Anlass für den Antrag gegeben worden war.
3 Der Praxistipp
Schiedsspruch vollstreckbar machen
Angesichts einer langen Verfahrensdauer vor Gericht, eines häufig Zeit und Kosten verschlingenden Rechtsweges sowie der nicht immer vorhandenen Spezialisierung des Gerichtes gewinnen Schiedsverfahren in der Praxis eine immer größere Bedeutung. Die Parteien können eine Streitfrage in "einer Instanz" zeitnah klären, indem sie sich auf ein Schiedsverfahren nach den §§ 1042 ff. ZPO einigen und/oder eine eigene Schiedsordnung vereinbaren. Indem das Gericht neben einem Juristen auch mit Sachverständigen besetzt wird, kann einerseits die besondere Fachkompetenz des Gerichtes hergestellt werden, andererseits eine langwierige externe Begutachtung vermieden werden.
Das Schiedsverfahren schließt dann mit einem streitigen Schiedsspruch, vergleichbar einem Urteil, oder einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, vergleichbar einem Vergleich, ab. In beiden Fällen kann sich hieraus ein Vollstreckungstitel nach §§ 794 Abs. 1 Nr. 4a, 1060 Abs. 1 ZPO ergeben, sofern der Schiedsspruch nach §§ 1060, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO für vollstreckbar erklärt wird. Zuständig für die Vollstreckbarkeitserklärung ist nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO regelmäßig das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das schiedsgerichtliche Verfahren stattgefunden hat, wenn nicht in der Schiedsvereinbarung ein anders Oberlandesgericht bezeichnet wurde. In diesem Verfahren ist zunächst zu prüfen, ob Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO vorliegen, d.h. wesentliche rechtsstaatliche Mängel vorliegen. Insoweit kann das Verfahren zur Vollstreckbarkeitserklärung mittelbar auch dazu dienen festzustellen, dass solche Mängel nicht vorliegen.
Besser, Sie regeln alles direkt!
Das OLG Stuttgart umschreibt, unter welchen Voraussetzungen der Schuldner dann die Kosten des Verfahrens auf Vollstreckbarkeitserklärung zu tragen hat. Für die Praxis ist es besser, wenn die Parteien zumindest bei einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut auch vereinbaren, dass der Schuldner einem Antrag nach §§ 1060, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht entgegentritt und auch diese Kosten trägt. Dies ist ohne weiteres vermittelbar, weil das Schiedsverfahren zwar einer schnelleren und in ...