Wenn dem Gläubiger Prozesskostenhilfe für die beantragte Pfändung eines Kontos bewilligt wird, ist ihm auch ein Rechtsanwalt beizuordnen. Angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten bei nahezu jedem Vollstreckungsvorgang stellt die Anwaltsbeiordnung die Regel dar. Lediglich bei einfachen Maßnahmen wie der Beauftragung eines Gerichtsvollziehers mit einer normalen Mobiliarvollstreckung ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich.
LG Zweibrücken, 4.3.2009 – 4 T 25/09
I. Der Fall
PKH ja – Beiordnung nein
Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner wegen eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich. Das AG hat der Gläubigerin Prozesskostenhilfe für die beantragte Pfändung eines Kontos bewilligt, die weiter begehrte Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten jedoch abgelehnt, da der Fall keine besonderen Schwierigkeiten aufweise, die Beiordnung eines Rechtsanwalts daher nicht im Sinne von § 121 Abs. 2, 1. Alternative ZPO erforderlich sei. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde.
II. Die Entscheidung
Zwangsvollstreckung keine Fortsetzung der Hauptsache
Die Begründetheit der Beschwerde ergibt sich nicht schon aus § 121 Abs. 2, 2. Alt. ZPO. Das vorliegende Zwangsvollstreckungsverfahren ist von dem vorangegangenen Arrestverfahren rechtlich getrennt. In vorliegendem Zwangsvollstreckungsverfahren ist der Schuldner noch nicht anwaltlich vertreten. Eine Prognose, ob der Schuldner einen Rechtsanwalt beauftragen wird oder nicht, ist vorliegend nicht möglich (vgl. dazu LG Koblenz FamRZ 2005, 529).
Aber Beiordnung ist erforderlich
Jedoch sind die Voraussetzungen für eine Anwaltsbeiordnung gemäß § 121 Abs. 2, 1. Hs ZPO gegeben. Ob eine derartige Vertretung erforderlich ist, hängt entscheidend davon ab, ob Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache Anlass zu der Befürchtung geben, der Hilfsbedürftige werde nach seinen persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sein, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen, um die notwendigen Maßnahmen in mündlicher oder schriftlicher Form zu veranlassen. Danach hängt die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwaltes einerseits von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie und andererseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen gerade des Antragstellers ab (vgl. dazu grundlegend BGH NJW 2003, 3136).
Vermutung für die Notwendigkeit der Beiordnung
Diese Grundsätze beachtend ist davon auszugehen, dass angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten bei nahezu jedem Vollstreckungsvorgang die Anwaltsbeiordnung die Regel darstellt (vgl. Zöller-Philippi, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 121 Rn 8; Musielak-Fischer, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 121 Rn 15, ebenso LG Koblenz a.a.O.). Lediglich bei einfachen Maßnahmen wie der Beauftragung eines Gerichtsvollziehers mit einer normalen Mobiliarvollstreckung, einem Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung oder einem "normalen" PfÜB oder einer Eintragung einer Zwangssicherungshypothek wird die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nicht für erforderlich angesehen.
Notwendigkeit bei der Kontopfändung
Anders stellt sich die Sachlage jedoch bei einer Kontenpfändung, insbesondere hinsichtlich eines künftigen Guthabens dar.
Der Praxistipp
Entscheidung verdient Zustimmung
Der Entscheidung des Landgerichtes ist uneingeschränkt zuzustimmen. Sie stimmt mit der ganz überwiegenden Rechtsprechung überein. Weitere Beispiele sind etwa
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die Beauftragung des Gerichtsvollziehers bei Bestehen eines Verwandtschaftsverhältnisses mit dem Schuldner, aufgrund der gesundheitlichen Situation des Schuldners sowie des Vorliegens eines komplexen Sachverhaltes (LG Erfurt v. 14.4.2009, 2 T 115/09), |
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die Veranlassung der Unterhaltsvollstreckung wegen rückständigen und laufenden Kindesunterhalts (LG Bückeburg AGS 2009, 76), |
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die Pfändung einer Unterhaltsrente (LG Mainz FamRZ 2008, 161), |
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die Vollstreckung nach dem Gewaltschutzgesetz (OLG Brandenburg FamRZ 2007, 57). |
Gegenauffassung nicht überzeugend
Allerdings gibt es auch Gegenstimmen. So hat das LG Verden (v. 10.2.2009, 6 T 15/09 = NdsRpfl 2009, 188) eine Beiordnung für eine Kontopfändung abgelehnt. Solche Auffassungen sind abzulehnen, da schon die Formulierung eines Antrages auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, der tatsächlich alle Belange des Gläubigers berücksichtigt, mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. Sie übersieht weiter, dass sich der Gläubiger im Rahmen der Kontopfändung häufig Manipulationsversuchen des Schuldners ausgesetzt sieht, der nach der Kontopfändung deren Aufhebung nach § 765a ZPO betreibt oder sie durch die Nutzung von Konten Dritter unterläuft. Allein mit Hilfe der Rechtsantragsstelle des Amtsgerichtes ist der Gläubiger kaum in der Lage, solchen Anträgen oder Verhaltensweisen entgegenzutreten und sachgerecht zu reagieren. Noch deutlicher wird dies, wenn es um die Kontrolle der Zahlungsströme geht, indem vom Schuldner die Herausgabe von Kontoauszügen und anderen Urkunden nach § 836 Abs. 3 ZPO verlangt wird. D...