Aufhebung der Beschränkung der Pfändung
§ 833a Abs. 2 ZPO erlaubt die gänzliche Aufhebung der Pfändung oder deren zeitliche Beschränkung für einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten. Damit wird eine Spezialvorschrift zu § 765a ZPO mit deutlicheren Voraussetzungen geschaffen.
Im Wortlaut: § 833a Abs. 2 ZPO n.F.
(2) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht anordnen, dass
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die Pfändung des Guthabens eines Kontos aufgehoben wird oder |
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das Guthaben des Kontos für die Dauer von bis zu zwölf Monaten der Pfändung nicht unterworfen ist, |
wenn der Schuldner nachweist, dass dem Konto in den letzten sechs Monaten vor Antragstellung ganz überwiegend nur unpfändbare Beträge gutgeschrieben worden sind, und er glaubhaft macht, dass auch innerhalb der nächsten zwölf Monate nur ganz überwiegend nicht pfändbare Beträge zu erwarten sind. Die Anordnung kann versagt werden, wenn überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen. Die Anordnung nach Satz 1 Nr. 2 ist auf Antrag eines Gläubigers aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder die Anordnung den überwiegenden Belangen dieses Gläubigers entgegensteht.
Für die Praxis muss beachtet werden, dass die Vorschrift sowohl von ihrem Wortlaut als auch von der systematischen Stellung die Kontopfändung nicht allein bezüglich eines gepfändeten Pfändungsschutzkontos beschränkt, sondern für alle Arten von Konten gilt. Die Regelung tritt also neben die Regelung über das Pfändungsschutzkonto nach § 850k ZPO n.F.
Sechs Monate nur unpfändbare Eingänge
Die Anordnung hat eine formelle und zwei materielle Voraussetzungen, die für beide Formen der Anordnung identisch sind. Der Schuldner hat in materieller Hinsicht die Tatsachen darzulegen und in formeller Hinsicht nachzuweisen, die belegen, dass dem Konto in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung ganz überwiegend nur unpfändbare Beträge gutgeschrieben wurden. Der Schuldner muss also nachweisen, welche Gutschriften auf seinem Konto in dem maßgeblichen Zeitraum von sechs Monaten, ab dem Eingang des Antrages bei dem Vollstreckungsgericht zurückgerechnet, überhaupt erfolgt sind. Unschädlich bleiben insoweit vor allem die Gutschriften unpfändbaren Arbeitseinkommens, von unpfändbaren Sozialleistungen oder Kindergeld.
Der Antrag des Schuldners nach § 833a Abs. 2 S. 1 ZPO kann und muss also zu Recht scheitern, wenn der Gläubiger bewusst oder aus Unkenntnis auf die Pfändung von Arbeitslohn verzichtet hat und insoweit das gesamte Nettoeinkommen des Schuldners mit seinen unpfändbaren und pfändbaren Anteilen auf dem Konto eingeht.
Nicht auf den Nachweis verzichten
Zum Nachweis wird der Schuldner die Kontoauszüge für diesen Zeitraum vorzulegen haben (so auch Schumacher, ZVI 2009, 313, 322). In einem zweiten Schritt wird der Schuldner darlegen müssen, aus welchen Vorschriften sich die Unpfändbarkeit der jeweiligen Gutschrift dem Grunde und der Höhe nach ergibt. Insoweit kommen § 850c ZPO, §§ 54, 55 SGB I oder § 76a EStG in Betracht. Dabei muss beachtet werden, dass sich möglicherweise aus der Zusammenrechnung mehrerer für sich genommen pfändungsgeschützter Einkommen nach § 850e im Zusammenhang mit § 850c ZPO sehr wohl ein pfändbarer Betrag ergeben kann – Aspekte, die insbesondere der Gläubiger im Rahmen seiner Anhörung wird zur Geltung bringen müssen.
Wichtig: Die Zukunftsprognose
Sodann hat der Schuldner glaubhaft zu machen, dass in den auf die Antragstellung folgenden zwölf Monaten seit Antragstellung nur ganz überwiegend nicht pfändbare Beträge zu erwarten sind. Vor dem Hintergrund, dass ein angemessener Ausgleich der Interessen von Gläubiger und Schuldner gefunden werden muss, weist schon die Gesetzesbegründung darauf hin, dass nicht zu geringe Anforderungen an die erforderliche Prognoseentscheidung zu stellen sind (BT-Drucks 16/7615, S. 17 – zu Nr. 3).
Schuldner berufsunfähig?
Eine solche Prognose kann nach der Gesetzesbegründung z. B. dann bejaht werden, wenn der Schuldner berufs- oder erwerbsunfähig ist und eine Besserung seiner gesundheitlichen Beschwerden kurz- und mittelfristig nicht zu erwarten ist. In diesen Fällen wird die Anordnung meist unstreitig sein. In Grenzfällen darf die Feststellung aber kein Freibrief für alle Zukunft sein und muss überprüft werden.
Strenge Anforderungen: Soziale Transferleistungen?
Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Pfändung oder die Anordnung des Ruhens können auch vorliegen, wenn der Schuldner sich als Empfänger sozialer Transferleistungen schon seit längerem nachweisbar erfolglos um einen Arbeitsplatz bemüht hat. Hier sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Schon nach den sozialrechtlichen Regelungen ist der Schuldner verpflichtet, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen, §§ 2, 10 SGB II. Der Schuldner wird deshalb im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen haben, auf welche Stellenangebote der Arbeitsagentur er wie reagiert hat, welche Stellangebote er selbst gesucht und bedient hat, in welchem Umfang er auf Zeitungsanzeigen Bewerbungen platz...