I. Das Praxisproblem
Die Aufgaben des GV als Zustellungs- und Vollstreckungsorgan werden häufig nur isoliert betrachtet. Nur bei der Zustellung des Drittschuldnerauskunftsverlangens nach § 840 ZPO oder einem vorläufigen Zahlungsverbot nach § 845 ZPO verbindet sich beides. Selten genutzt wird die Möglichkeit, den Gerichtsvollzieher für außergerichtliche Zustellungen einzusetzen.
II. Welche Vorteile ergeben sich aus dieser Möglichkeit?
Auch außergerichtliche Wirkung nutzen
Es gibt immer wieder spezielle Situationen, in denen man eine besondere Wirkung beim Schuldner erzielen möchte, insbesondere auch im außergerichtlichen Bereich (s.u.). Durch die Zustellung von Schriftstücken durch den Gerichtsvollzieher kann dies umgesetzt werden.
Der Briefkopf des GV erweckt Aufmerksamkeit
Die Schuldner erhalten viele Briefe von (Inkasso-)Unternehmen, Rechtsanwälten oder Gerichten. Die Folge ist in vielen Fällen, dass diese Briefe gar nicht erst geöffnet werden. Anders ist es sicherlich, wenn sich im Briefkasten ein Schreiben befindet, auf dem der Briefkopf eines Gerichtsvollziehers zu sehen ist. Der Schuldner wird schon aus psychologischen Gründen dieses Schreiben eher beachten und die Wahrscheinlichkeit, dass es auch geöffnet wird, ist recht groß.
In der Praxis wird teilweise das Versenden von Briefen mit Einschreiben gegen Rückschein genutzt. Hier wird aber nur nachgewiesen, dass ein Brief zugestellt wurde, jedoch kein Nachweis über den Inhalt des Schreibens geführt. Anders ist es bei einer Zustellung durch den Gerichtsvollzieher. Bevor dieser die Zustellung durch die Post veranlasst oder sie persönlich durchführt, wird das Schreiben von ihm inhaltlich geprüft. Wäre der Inhalt des Schreibens nicht korrekt (z. B. weil es Beleidigungen enthält), kann er die Zustellung des Schreibens auf der einen Seite ablehnen. Wenn er aber zustellt, ist auf der anderen Seite dadurch der sichere Nachweis des tatsächlich zugestellten Schreibens geführt.
Um den Schuldner zur Zahlung zu motivieren oder die Bedeutung einer Vereinbarung zu dokumentieren, kann eine Zustellung von folgenden Schriftstücken durch den Gerichtsvollzieher Sinn machen:
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bereits die Rechnung, auch ohne Verzug, |
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letztes Mahnschreiben vom (Inkasso-)Unternehmen oder Rechtsanwalt, |
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Ratenzahlungsvereinbarung. |
Verzugssicherheit
Über die Zustellung wird eine Zustellungsurkunde erstellt, so dass ein beurkundeter Nachweis über die Zustellung vorhanden ist, was insbesondere für den Eintritt des Verzuges zur Rechtssicherheit führt.
Sollte es für den Gläubiger oder Vertreter von Bedeutung sein, so kann auch die Zustellung mit Angabe der Uhrzeit beantragt werden.
III. Zustellungsform und Zuständigkeit
Die persönliche Zustellung als besondere Motivation
Liegt kein besonderer Antrag des Gläubigers oder des Bevollmächtigten vor, so entscheidet der Gerichtsvollzieher, ob er die Zustellung durch die Post veranlasst oder eine persönliche Zustellung vornimmt. Um das psychologische Moment gegenüber dem Schuldner noch intensiver zu nutzen, sollte der Gerichtsvollzieher mit der persönlichen Zustellung beauftragt werden. Der Gerichtsvollzieher erscheint vor Ort beim Schuldner und übergibt ihm das Schreiben "Auge in Auge".
Für die bundesweite Amtszustellung reicht ein Gerichtsvollzieher
Ist es für den Gläubiger oder seinen Bevollmächtigten ausreichend, dass die Schreiben über den Gerichtsvollzieher, aber durch die Post zugestellt werden, so kann für diese Form ein (bekannter) Gerichtsvollzieher damit beauftragt werden. Bei dieser Zustellungsart kann jeder Gerichtsvollzieher in ganz Deutschland die Zustellung veranlassen. Wird die persönliche Zustellung gewünscht, so gilt wieder die jeweilige örtliche Zuständigkeit der Gerichtsvollzieher.
Muster 1: Zustellungsauftrag
An den Gerichtsvollzieher … /Gerichtsvollzieherverteilerstelle in …
Zustellungsauftrag
Sehr geehrter Herr Gerichtsvollzieher,
anliegend überreichen wir Ihnen die Rechnung [das Mahnschreiben, die Ratenzahlungsvereinbarung usw.] vom … mit dem Auftrag,
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die persönliche Zustellung an die Firma/Herrn/Frau … zu bewirken. |
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die Zustellung durch die Post an die Firma/Herrn/Frau … zu veranlassen. |
Wir bitten die Zustellung mit Angabe der Uhrzeit durchzuführen.
Die entsprechenden notwendigen Abschriften fügen wir ebenfalls bei.
IV. Die Kosten
Für die Zustellung durch die Post erhält der Gerichtsvollzieher eine Gebühr in Höhe von 2,50 EUR nach Nr. 101 KVGvKostG sowie die Auslagen für die Postzustellung nach Nr. 701 KVGvKostG in voller Höhe und für eine persönliche Zustellung eine Gebühr in Höhe von 7,50 EUR nach Nr. 100 KVGvKostG zuzüglich Wegegelder oder Abschriften. Die Zustellung mit Angabe der Uhrzeit löst keine weiteren Kosten aus.
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Persönliche Zustellung |
Amtszustellung durch Aufgabe zur Post |
1. Zustellungs-Kosten |
7,50 EUR |
2,50 EUR |
KV 100,101 |
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2. Auslagen der Post |
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3,45 EUR |
KV 701–707 |
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3. Wegegeld |
2,50 EUR |
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KV 711 |
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4. Auslagen-Pauschale |
3,00 EUR |
3,00 EUR |
KV 713 |
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Gesamt |
13,00 EUR |
8,95 EUR |
Erfolgt die persönliche Zustellung, so kann sich das Wegegeld auf 5,00 EUR (Kilometerentfernung 10–20), 7,50 EUR (Kilometerentfernu...