Die Entscheidung überzeugt nicht
Die Entscheidung überzeugt in vielerlei Hinsicht nicht. Der Differenzierung zwischen Einzelanträgen und "Massenverfahren" fehlt schon jede sachliche Grundlage.
Viele einzelne Anträge, nicht viele gleiche Anträge
Ein Antrag wird jeweils in einem Einzelverfahren gestellt. Auch bei Gläubigern mit einer großen Zahl von Vollstreckungsfällen ist jeder Antrag auf den konkreten Schuldner mit dessen Namensänderung, der Wiedergabe des konkreten Vollstreckungstitels und der aktuellen Forderungshöhe individualisiert. Dies fordert schon § 750 ZPO. Insoweit kommt es nicht zu einer Vielzahl von identischen Anträgen.
Wann liegt ein Massenverfahren vor?
Auch der Begriff des Massenverfahrens ist völlig unscharf. Ab wann liegt ein Massenverfahren vor? Bei 10, 100 oder 1000 Fällen im Jahr? Auch der Rückgriff auf die "Automatisierung" hilft nicht, denn auch der Einzelanwalt bedient sich im Einzelfall heute der modernen Technik und darüber hinaus – gerade in der Vollstreckung – vorformulierter Anträge (vgl. etwa Goebel, Anwaltformulare Zwangsvollstreckung oder Beck´sches Formularbuch Zwangsvollstreckung.
Schutzzweck der Unterschrift wird verkannt
Die Gefahr des Missbrauches ist schon nur unzureichend begründet und kann jedenfalls durch das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift tatsächlich nicht beseitigt werden. Wenn AG und LG rügen, dass es in der Vergangenheit zur Geltendmachung unberechtigter Forderungspositionen gekommen ist, rechtfertigt dies nicht die Annahme des Missbrauches. Die Argumentation verkennt schon den Schutzzweck der Unterschrift. Die Schriftform soll gewährleisten, dass der Inhalt der Erklärung und die erklärende Person hinreichend zuverlässig festgestellt werden können. Des Weiteren soll das aus dem Schriftformerfordernis abgeleitete Gebot einer Unterschrift des Erklärenden sicherstellen, dass das Schriftstück keinen Entwurf betrifft, sondern mit Wissen und Wollen des Erklärenden an das Gericht gesandt wurde (vgl. ständige Rechtsprechung). Ein darüber hinausgehender Zweck kommt dem Schriftformerfordernis nicht zu (BFH v. 22.6.2010, VIII R 38/08 = NJW 2011, 478). Die Unterschrift sichert also nur den gewollten Postausgang, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit. Auch bei einem eigenhändig unterzeichneten Schriftsatz ist nicht gesichert, dass der Unterzeichner ihn auch gelesen, tatsächlich erfasst und den Inhalt anhand der Akten noch einmal überprüft hat. Der Schuldner wird dadurch hinreichend geschützt, dass einerseits das Gericht den PfÜB vor Erlass noch einmal prüft, andererseits der Schuldner durch die Zustellung des PfÜB, § 829 Abs. 2 ZPO, davon Kenntnis erlangt und gegen eine inhaltlich falsche Anordnung Rechtsmittel in verfahrensrechtlicher Hinsicht (§ 766 ZPO) wie mit materiell-rechtlichen Einwendungen einlegen kann.
Sicherzustellen ist allein der gewollte Postausgang
Entscheidend ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass mit der Unterschrift gesichert ist, dass und wann ein Schriftstück in den Rechtsverkehr gelangt. Hierfür ist aber nicht entscheidend, ob der Schriftsatz mit einer eigenhändigen oder einer eingescannten Unterschrift versehen ist. Auch bei einer nur eingescannten Unterschrift hat der Bevollmächtigte eine Vielzahl von Möglichkeiten, um sicherzustellen, dass Anträge nur in den von ihm gewollten Fällen in den Rechtsverkehr gelangen. Deshalb erachten Literatur und Rechtsprechung die eingescannte Unterschrift – anders als das Faksimile (LG Aurich Rpfleger 1984, 323; LG München DGVZ 1983, 57; AG Aachen DGVZ 1984, 61; LG Coburg DGVZ 1994, 62; LG Ingolstadt DGVZ 1994, 92) – für zulässig (Stöber Forderungspfändung, 15. Aufl. 2010, Rn 469; Riecke, DGVZ 2002, 49; AG Melsungen DGVZ 2002, 140). Stöber für eine andere Auffassung in Anspruch zu nehmen, überrascht doch (vgl. auch seine eindeutigen Ausführungen bei Zöller-Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 8129 Rn 3). Für die von AG und LG hier vorgenommene Differenzierung findet sich an der angegebenen Fundstelle kein Anhaltspunkt. Das Gegenteil ist der Fall. Bei nicht eigenhändiger Unterschrift ist nach Stöber (a.a.O.) frei zu würdigen, ob der Antrag vom Gläubiger ernstlich gewollt ist. Die Ernsthaftigkeit leitet Stöber etwa aus der Beifügung der Vollstreckungsunterlagen her. Kommt die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses noch hinzu, sind kaum mehr Zweifel angebracht. Der Entscheidung lässt sich dementsprechend nicht entnehmen, woraus AG oder LG Zweifel herleiten wollen. Spätestens die Beschwerde lässt erkennen, dass der Antrag ernstlich gewollt war, so dass ihr durch Abhilfe Rechnung zu tragen gewesen wäre.
Dass eine eingescannte Unterschrift genügt, ergibt sich aus dem mit dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13.7.2001 eingeführten § 130 Nr. 6 ZPO. Danach genügt nämlich auch die Übermittlung eines Telefaxes zur Erfüllung des Formerfordernisses. Auch hier trägt der Schriftsatz, der bei...