BGH hebt auf und verweist zurück
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht im vollstreckungsrechtlichen Rechtszug nach § 567 Abs. 1, § 793 ZPO, § 36 Abs. 4 S. 1 InsO die Rechtsbeschwerde zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO) und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
LG verneint eigenständige Einkünfte
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Voraussetzungen des Pfändungsschutzes gemäß § 850i ZPO lägen für die Kaufpreisrentenansprüche nicht vor, weil diese keine eigenständig erwirtschafteten Einkünfte seien. Es handele sich nicht um Einkommen aus dem Kapital, sondern dessen Verwertung. Ein gezahlter Kaufpreis wäre in die Masse gefallen und nichts anderes könne gelten, wenn dem Käufer die ratierliche Zahlung gestattet sei.
Das sieht der BGH anders
Mit dieser Begründung kann die vom Schuldner beantragte Pfandfreistellung der Kaufpreisrentenansprüche nicht verweigert werden.
Wie der BGH bereits entschieden hat, erfasst der Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte nach § 850i Abs. 1 S. 1 Fall 2 ZPO alle eigenständig erwirtschafteten Einkünfte (BGH, Beschl. v. 26.6.2014 – IX ZB 88/13, WM 2014, 1485 Rn 9 ff.; v. 23.4.2015 – VII ZB 65/12, WM 2015, 1291 Rn 9; v. 27.9.2018 – IX ZB 19/18, WM 2018, 2098 Rn 10). Unter die Vorschrift fallen auch Einkünfte aus kapitalistischer Tätigkeit, etwa
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Einkünfte aus Kapitalvermögen, |
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Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, |
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Werklohnansprüche und |
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Einkünfte aus der Verwertung von Eigentum des Schuldners resultierenden Forderungen, |
unabhängig davon, ob das zur Entstehung der Forderung verwertete Kapital erarbeitet wurde, solange die Einkünfte nur selbst erzielt sind (vgl. BGH, Beschl. v. 27.9.2018, a.a.O. m.w.N.).
Kriterium: selbst erzielte Einkünfte
Dies folgt aus dem Wortlaut der Regelung und ihrer systematischen Auslegung in Verbindung mit dem Willen des Gesetzgebers. Im Insolvenzverfahren wie im Verfahren der Einzelzwangsvollstreckung soll gewährleistet werden, dass der Schuldner seinen Lebensunterhalt in angemessenem Umfang mit eigenen Mitteln bestreiten kann und hierfür nicht auf staatliche Leistungen angewiesen ist (BT-Drucks 16/7615, S. 12, 18).
Auch der einmalige Kaufpreisanspruch wäre von § 850i ZPO erfasst
Nach diesen Grundsätzen unterfallen die verfahrensgegenständlichen Kaufpreisrentenansprüche, die der Schuldner durch vertragliche Vereinbarung begründet und damit selbst erwirtschaftet hat, dem § 850i Abs. 1 S. 1 Fall 2 ZPO. Soweit das LG anführt, die Kaufpreisrente nicht anders behandeln zu können als einen Kaufpreisanspruch, kann dies eine Versagung des Pfändungsschutzes nicht begründen, weil auch ein Kaufpreisanspruch in den Anwendungsbereich des § 850i Abs. 1 S. 1 Fall 2 ZPO fällt. Dass hingegen dem Schuldner bei Zahlung des gesamten Kaufpreises für daraus bei Verfahrenseröffnung etwa noch vorhandene Geldmittel kein Pfändungsschutz nach § 850i ZPO zugestanden hätte, folgt aus dem Erlöschen der Forderung durch Erfüllung und besagt nichts darüber, ob der Anspruch vor seiner Erfüllung dem § 850i Abs. 1 S. 1 Fall 2 ZPO unterfiel.
Jetzt muss das LG noch einmal rechnen
Die Entscheidung des LG ist aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen worden sind. Das Beschwerdegericht wird zu prüfen haben, in welcher Höhe dem Schuldner nach §§ 850i, 850c Abs. 1, 2a ZPO Pfändungsschutz für die Kaufpreisrentenansprüche zu gewähren ist.
Beschränkte Abwägung der Belange des Einzelfalles
Der Pfändungsschutz des § 850i Abs. 1 ZPO greift nicht stets in vollem Umfang durch. Zwar spielen in der Gesamtvollstreckung die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners und seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten (§ 850i Abs. 1 S. 2 ZPO) grundsätzlich keine Rolle, weil in der Insolvenz sämtliche pfändbaren Vermögensgegenstände (§ 36 Abs. 1 InsO) in die Masse fallen und deswegen zugunsten der Gläubiger verwertet werden. Auch ist § 850i Abs. 1 S. 3 ZPO im Insolvenzverfahren nicht unmittelbar anwendbar, weil durch diese Regelung sichergestellt werden soll, dass die individuellen Belange des vollstreckenden Gläubigers – etwa seine über die allgemeinen Verhältnisse hinausgehende Schutzbedürftigkeit – Berücksichtigung finden. Im Insolvenzverfahren ist eine solche Abwägung zugunsten einzelner Gläubiger ausgeschlossen (vgl. Ahrens, ZInsO 2010, 2357, 2362). Gleichwohl bedarf es nach § 36 Abs. 1 S. 2 InsO, § 850i Abs. 1 ZPO einer wertenden Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, ob und wie die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO unter Abwägung der Belange von Schuldner und Gläubiger zur Anwendung kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.6.2014 – IX ZB 87/13, WM 2014, 1432 Rn 14; v. 6.4.2017 – IX ZB 40/16, WM 2017, 913 Rn 18).
Kein über § 850c ZPO hinausgehender Schutz
Die Sache ist daher zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 und 5 ZPO). Das B...