Gesetzesänderung hat Anwendungsbereich erweitert
Mit Wirkung zum 1.7.2010 wurde § 850i ZPO u.a. dahingehend geändert, dass er auch für sonstige (wiederkehrende) Einkünfte gilt, die kein Arbeitseinkommen sind (BGBl 2009 I, S. 1707). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/7615, S. 11) sollen damit auch die Einkommen derjenigen selbstständig tätigen Schuldner geschützt werden, die die entsprechenden Arbeiten und Dienste nicht selbst erbringen, sondern durch ihre Arbeitnehmer erbringen lassen (BeckOK-ZPO/Riedel, 36. Ed. 1.3.2020, ZPO § 850i Rn 4b.1). Am Ende wollte sich der Staat dahin entlasten, dass Selbstständige nicht automatisch in die staatliche Fürsorge fallen, wenn Gläubiger auf sonstige Einkünfte zugreifen.
Rechtsprechung des BGH sieht viele Fälle
Wie schon die Entscheidungsgründe des BGH zeigen, wird der Anwendungsbereich der Norm im Hinblick auf ihren Schutzzweck immer mehr erweitert. Am Ende bleibt unerheblich, woher ein Schuldner einmalige oder mehrmalige Leistungen bezieht. In jedem Fall soll ihm so viel verbleiben, wie er für seinen Unterhalt im Sinne der Pfändungsfreibeträge nach § 850c ZPO benötigt.
Der Schuldner muss handeln
Der Pfändungsschutz nach § 850i ZPO setzt in jedem Fall einen Antrag des Schuldners voraus, der insoweit aktiv werden muss. Neben dem Schuldner werden auch die gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen als antragsberechtigt angesehen (BeckOK-ZPO/Riedel, 36. Ed. 1.3.2020, ZPO § 850i Rn 14). Die Antragspflicht ist vor dem Hintergrund von besonderem Interesse, dass das Antragsrecht entfällt, wenn der Drittschuldner bereits geleistet hat. Zwar wird die Leistung nach § 835 Abs. 5 ZPO um vier Wochen nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses aufgeschoben. Das sieht aber nicht jeder Schuldner zeitgerecht. Es besteht im Übrigen kein Rückgewähranspruch.
Vereinbarungen helfen
Diese Ausgangssituation gibt Raum für gütliche Einigungen zwischen Gläubiger und Schuldner zum Umfang der dem Schuldner zu belassenden Beträge. Dort, wo eine Vereinbarung getroffen wird, ist kein Raum für eine gerichtliche Entscheidung. Das erlaubt angesichts der nicht unerheblichen Pfändungsfreibeträge auch Beiträge aus dem eigentlich unpfändbaren Einkommen. In der Praxis zahlen auch Schuldner, die kein pfändbares Einkommen haben, Raten ab, um ihre Verbindlichkeiten nicht noch wachsen zu lassen.
FoVo 4/2020, S. 78 - 80