I. Der Fall

Forderungseinziehung mit Titulierung und Vollstreckung

Der Gläubiger hat den Rechtsdienstleister mit der Forderungsdurchsetzung beauftragt. Die Forderung wurde dann auch tituliert, nachdem der Schuldner nicht reagiert hat. Nachdem die Informationsbeschaffung den Arbeitgeber des Schuldners zutage gefördert hat, wurden für den Auftraggeber die Ansprüche des Schuldners auf Zahlung von Arbeitslohn gegen dessen Arbeitgeber nach §§ 829, 835 ZPO gepfändet.

Drittschuldner antwortet nur unvollständig

Der Arbeitgeber teilte im Wege der Drittschuldnererklärung mit, dass der Schuldner ca. 2.300 EUR netto verdiene und keine Unterhaltsberechtigungen vorliegen. Angaben zu Vorpfändungen hat der Arbeitgeber nicht gemacht. In der Folge hat der Arbeitgeber keine Zahlungen an den Rechtsdienstleister oder auch unmittelbar an den Gläubiger veranlasst. Der Gläubiger teilt dem Rechtsdienstleister mit, dass er davon ausgeht, dass die Angabe über die Einkommenshöhe nicht korrekt ist.

Was ist jetzt zu tun?

Wie ist die Vollstreckungssituation zu beurteilen? Kann man den Arbeitgeber dazu verpflichten, die Lohnabrechnungen des Schuldners bei einer Pfändung auszuhändigen?

II. Die Lösung

Drei Dimensionen der Auskunft

Ist die Forderungspfändung erfolgt, so entfaltet sich ein Auskunftssystem, das in seinen unterschiedlichen Voraussetzungen gesehen und angewandt werden muss:

Der Drittschuldner ist nach § 840 ZPO gehalten, eine Drittschuldnerauskunft abzugeben.
Der Schuldner hat eine Auskunfts- und Herausgabepflicht nach § 836 Abs. 3 ZPO.
Letztlich können sich Auskunfts- und Herausgabeansprüche des Gläubigers aus mitgepfändeten Nebenrechten, d.h. aus dem materiellen Recht ergeben.

Möglichkeiten und Grenzen der Drittschuldnerauskunft

Die Drittschuldnerauskunft hat ihre Regelung in § 840 ZPO gefunden. Sie setzt nach § 840 Abs. 1 ZPO zunächst einmal ein entsprechendes Verlangen des Gläubigers voraus. Dies ist auf der Seite 1 des Formulars durch einfaches Ankreuzen auszusprechen.

Nach § 840 Abs. 1 ZPO hat der Drittschuldner bei allen Pfändungen, gleich welcher Art, anzugeben:

1. ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkennt und Zahlung zu leisten bereit sei;

 

Hinweis

Hier muss der Drittschuldner also erklären, ob das Vertragsverhältnis besteht, aus dem sich die gepfändete Forderung dem Grunde nach ergeben würde, d.h. beispielsweise ob der Schuldner als Arbeitnehmer beschäftigt ist. Weiter muss der Drittschuldner erklären, ob sich ein pfändbares Arbeitskommen ergibt und er bereit ist, dies an den Gläubiger auszuzahlen.

2. ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung geltend machen;

 

Hinweis

An dieser Stelle ist die Frage zu klären, ob es Dritte gibt, die ihrerseits aufgrund materiell-rechtlicher Sachverhalte Ansprüche geltend machen, etwa einer Abtretung (§§ 398 ff. BGB), eines Übergangs kraft Gesetzes (etwa § 86 VVG) oder einer Verpfändung (§§ 1204 ff. BGB). Der Dritte ist mit Namen, Anschrift und Anspruchsgrund zu benennen (Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 840 Rn 6)

3. ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei.

 

Hinweis

Anzugeben sind von dem Drittschuldner vor- oder gleichrangige Pfändungen im Wege der Zwangsvollstreckung. Dabei muss er auch noch aktive Vorpfändungen nach § 845 ZPO benennen, d.h. solche, bei denen die Monatsfrist seit der Zustellung noch nicht verstrichen ist. Zu bezeichnen sind der Gläubiger, die Art und die Höhe seines Anspruchs sowie der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (oder auch die Pfändungs- und Überweisungsverfügung bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern und Forderungen) mit Gericht/Behörde, Beschluss- und Zustellungsdatum sowie dem Aktenzeichen.

Bei der Kontopfändung kommen dann noch weitere Auskunftspflichten zum Charakter des Kontos als Pfändungsschutzkonto (P-Konto), zur Führung als Gemeinschaftskonto und zur Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen hinzu.

Auskunftsobliegenheit und der richtige Umgang damit

Insgesamt handelt es sich bei der Auskunftspflicht nach § 840 ZPO allerdings nur um eine Obliegenheit. Die Auskunftserteilung ist also rechtliche Pflicht, kann aber nicht als solche klageweise durchgesetzt werden. Erteilt der Drittschuldner die Auskunft nicht, kann er zwar erneut zur Abgabe aufgefordert werden, muss es aber nicht. Zu sehen ist in diesem Zusammenhang, dass die erneute Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnerauskunft keine weitergehenden Vergütungs- und Erstattungsansprüche auslöst (BGH NJW 2010, 1674).

Allerdings macht sich der Drittschuldner nach § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO schadensersatzpflichtig, wenn er die Drittschuldnerauskunft nicht, nicht vollständig, falsch oder nicht rechtzeitig abgibt (OLG Düsseldorf OLGR 1996, 35; LG Mönchengladbach JurBüro 2009, 273; Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 840 Rn 13).

 

Tipp

Statt den Drittschuldner erneut zur Abgabe der Drittschuldnerauskunft aufzufordern, sollte er direkt zur Zahlung aufgefordert werden. Erteilt der Drittschuldner nach Zugang der Aufforderung zur Erklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO dem Gläubiger nämlic...

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