Die Voraussetzungen der Durchsuchungsanordnung
Der Erlass einer Durchsuchungsordnung richtet sich nach § 758a ZPO. Voraussetzung ist danach allein, dass der Schuldner die Durchsuchung seiner Wohnung nicht freiwillig gestattet und im Übrigen die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, §§ 750, 574, 808 ZPO, vorliegen. Weitere Voraussetzungen normiert das Gesetz nicht.
Zweifaches Nichtantreffen ersetzt mangelnde Einwilligung
Die Voraussetzungen sind einerseits gegeben, wenn der Schuldner die Durchsuchung ausdrücklich verweigert. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer Durchsuchungsanordnung besteht nach einer Entscheidung des LG Mönchengladbach (DGVZ 2008, 65) aber auch dann, wenn der Gerichtsvollzieher bei zwei Vollstreckungsversuchen innerhalb einer Woche, einmal um 8.04 Uhr und einmal um 20.59 Uhr, in der Wohnung des Schuldners niemand angetroffen hat. Insbesondere gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keinen vorherigen erfolglosen Vollstreckungsversuch zur Nachtzeit oder an einem Sonn- oder Feiertag. Ähnlich hatte das LG Hanau für den Fall entschieden, dass der Gerichtsvollzieher sich angekündigt hatte und der Schuldner gleichwohl keinen Kontakt mit ihm aufgenommen hat (DGVZ 2006, 76).
Regeln des Offenbarungsverfahrens sind nicht übertragbar
Mit einem Fall wie eingangs geschildert hatte sich im Jahre 2008 bereits das LG Schwerin (v. 6.10.2008, 5 T 288/08 n.v.) auseinanderzusetzen. Nach dessen Auffassung entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Durchsuchungsanordnung nicht, wenn der Schuldner bereits eine eidesstattliche Versicherung gemäß § 807 ZPO abgelegt hat und die Frist, innerhalb derer der Schuldner zur Abgabe einer erneuten eidesstattlichen Versicherung nicht verpflichtet ist (§ 903 ZPO), noch nicht abgelaufen ist. Voraussetzung für eine richterliche Durchsuchungsanordnung gemäß § 758a ZPO sei lediglich, dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, aber nicht, dass die Voraussetzungen einer erneuten eidesstattlichen Versicherung gemäß § 903 ZPO vorliegen. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 ZPO diene dazu, den Schuldner – unter Strafbarkeitsdrohung bei der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung – zu veranlassen, über sein Vermögen im Einzelnen wahrheitsgemäß Auskunft zu geben. Auch wenn meist von der Richtigkeit einer abgegebenen eidesstattlichen Versicherung ausgegangen werde und daher an die Verpflichtung zu wiederholter Abgabe bestimmte Voraussetzungen geknüpft seien, schließe die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung aber die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung nicht aus. Anderenfalls hätte ein Schuldner die Möglichkeit, Vermögenswerte oder Hinweise auf sie vor dem Gläubiger zu verbergen.
Schuldnerschutz durch Richtervorbehalt
Die richterliche Durchsuchungsanordnung gewährleistet Prüfung in richterlicher Unabhängigkeit, dass die in Art. 13 Abs. 2 GG vorbehaltene Einschränkung des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit der Wohnung nur für verfassungsrechtlich gebotene wirkungsvolle Durchsetzung des Vollstreckungsanspruchs des Gläubigers erfolgt. Weitere Voraussetzungen für Erteilung der Durchsuchungsanordnung ergeben sich weder aus der Verfassung noch aus dem Vollstreckungsrecht (vgl. Zöller/Stöber, 28. Aufl., § 758a ZPO Rn 15 unter Hinweis auf BVerfG 57, 346).
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz = Wohnungsschutz vs. Vermögensschutz (Art. 14 GG)
Aufgrund des starken verfassungsrechtlich relevanten Eingriffs (Art. 13 GG) muss allerdings dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in besonderer Weise Rechnung getragen werden. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu berücksichtigen, dass die Vollstreckungsorgane im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht nur Art. 13 GG, sondern auch die verfassungsrechtlich geschützten Rechte des Gläubigers aus Art. 14 GG zu beachten haben. Hierbei spielt insbesondere auch der verfassungsmäßig garantierte Anspruch des Gläubigers auf effektiven Rechtsschutz im Wege der Vollstreckung eine Rolle. Zudem dient die Vollstreckung der Bewährung der Privatrechtsordnung im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Bei der Abwägung der kollidierenden Grundrechte aus Art. 13 GG und Art. 14 GG kommt der Rechtsposition des Gläubigers in der Regel ein größeres Gewicht zu (LG Schwerin v. 6.10.2008, 5 T 288/08 n.v.). Deshalb darf die Durchsuchung bei Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen nur ausnahmsweise abgelehnt werden, wenn besondere Gründe bei voller Würdigung der verfassungsmäßig geschützten Gläubigerposition die Durchsetzung zu einem unverhältnismäßig schweren Eingriff in den Schutzbereich des Art. 13 GG machen würden (vgl. LG Mönchengladbach JurBüro 2006, 493).