LG sieht das ganz anders
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat es das AG abgelehnt, auch das Recht zur Kündigung des Versicherungsvertrages in den PfÜB mitaufzunehmen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 17.2.1966 (II ZR 286/63, BGHZ 45, 162–168) – damals für den Fall einer Lebensversicherung – zur Pfändbarkeit des Rechts zur Kündigung ausgeführt:
Zitat
"Das ausgeübte Kündigungsrecht beendet aber nicht nur die Prämienzahlungspflicht durch Aufhebung des Versicherungsvertrages, sondern bringt auch den Anspruch auf den Rückkaufswert zur Entstehung. Dieser Rechtsinhalt erfährt bei einer Übertragung des Kündigungsrechts keine Änderung. Das Kündigungsrecht ist deshalb nach heute herrschender Ansicht kein höchstpersönliches Recht (Prölss, a.a.O., § 165 Anm 5; Bruck/Dörstling, a.a.O., 2. Aufl., S. 103 m.w.N.; Niewisch, Die Zwangsvollstreckung in die Rechte aus einem Lebensversicherungsvertrag, 1939, S. 34 ff.). Es besitzt aber für sich allein keinen Vermögenswert, sondern erhält seine wirtschaftliche Bedeutung erst im Zusammenhang mit dem Recht auf den Rückkaufswert; es kann deshalb nicht selbstständig, sondern nur zusammen mit diesem Recht übertragen und gepfändet werden (Bruck/Dörstling, a.a.O., 2. Aufl., § 15 Nr. 56; Niewisch, a.a.O., S. 36). Hierbei kann dahinstehen, ob es überhaupt einer besonderen Pfändung bedarf oder das Kündigungsrecht als unselbstständiges, akzessorisches Gestaltungsrecht nicht ohne weiteres mit dem Anspruch auf den Rückkaufswert übergeht, wenn dieser zu Recht gepfändet und zur Einziehung überwiesen wird (so Gilbert, DR 1941, 2356, 2360/61; Niewisch, a.a.O., S. 37)."
Grundsatz: Kündigungsrecht ist pfändbar
Auch im weiteren Verlauf hat der BGH entschieden, dass im Rahmen der Zwangsvollstreckung eine Versicherung gekündigt werden darf. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Versicherung nach der Art des Vertrages besonderen Pfändungsschutzvorschriften unterfällt (BGH, 1.12.2011 – IX ZR 79/11). Zusammengefasst kommt es für die Frage, ob der Gläubiger sich das Kündigungsrecht überweisen lassen kann, darauf an, ob die Rechte des Schuldners aus dem Versicherungsvertrag diesem wirtschaftlich zustehen und ob ein Pfändungsverbot greift.
Kein Pfändungsschutz in der Kfz-Versicherung
Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall einer Kfz-Versicherung an, ist eine Pfändbarkeit gegeben. Da im Fall der Kündigung des Versicherungsvertrages der Schuldnerin ein Recht auf Rückzahlung bereits gezahlter Versicherungsprämien zustehen würde und ein solcher Anspruch seiner Art nach unstreitig pfändbar ist, muss auch das Recht zur Kündigung des Vertrages der Gläubigerin mitüberwiesen werden können. Denn wie der BGH betont hat, ist das Kündigungsrecht akzessorisch zu dem nach Kündigung entstehenden Rückgewähranspruch. Folgerichtig hat die Gläubigerin auch nicht isoliert die Überweisung des Kündigungsrechts beantragt, sondern gerade in Verbindung mit dem in Zukunft möglicherweise entstehenden Anspruch auf Beitragsrückerstattung.
Unerheblich: Pflichtversicherung
Der Pfändung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass es sich bei der Kfz-Versicherung um eine Pflichtversicherung handelt. Denn durch die Kfz-Haftpflichtversicherung sollen Unfallgeschädigte geschützt werden. Dagegen ist nicht der Schutz des Kraftfahrzeughalters vor eventuellen Gläubigern bezweckt.
Kündigung führt zur Nutzungsuntersagung
Kündigt ein Gläubiger den Versicherungsvertrag aufgrund eines PfÜB, wozu er berechtigt ist, da die Überweisung einer Forderung gem. § 836I ZPO beinhaltet, dass der Gläubiger zur Kündigung des der Forderung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses im eigenen Namen berechtigt ist, so ist es Sache des Schuldners, das nunmehr nicht versicherte Fahrzeug nicht mehr zu benutzen oder eine neue Versicherung abzuschließen. Dieses Ergebnis ist auch deshalb überzeugend, weil Kraftfahrzeuge, so sie denn im Eigentum des Schuldners stehen, ebenfalls grundsätzlich pfändbar sind. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn ein Gläubiger zwar das komplette Fahrzeug im Wege der Sachpfändung verwerten könnte, ihm die Geltendmachung vermögenswerter Rechte aus dem Kfz-Versicherungsvertrag aber vorenthalten bleiben würde.
Pfändungsschutz nur über § 765a ZPO
Die Kammer hat von der ihr in § 572 Abs. 3 ZPO eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, die Sache an das AG zurückzuverweisen, das eine erneute Entscheidung zu treffen haben wird. Diese Verfahrensweise erscheint auch deshalb sachgerecht, weil der Schuldner im Verfahren vor Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gem. § 834 ZPO nicht gehört wird. Für den Fall, dass die Schuldnerin zwingend auf den Pkw angewiesen sein sollte und der mit der Kündigung der Haftpflichtversicherung verbundene Entzug der Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs eine unzumutbare Härte darstellen sollte, bleibt es ihr unbenommen, beim AG einen Vollstreckungsschutzantrag gem. § 765a ZPO zu stellen.