Ziel der Neuregelung
Die in Teilen stark veraltete Norm des § 811 ZPO möchte der Gesetzgeber an die veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten sowie gewandelte gesellschaftliche Realitäten anpassen. Im Wesentlichen werden
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die bisherigen Bestimmungen sehr viel stringenter gefasst, |
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neben Sachen auch Tiere in den Schutzbereich einbezogen und die bisherige Sonderregelung in § 811c ZPO aufgehoben, |
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in den Schutzbereich der Norm nicht nur Sachen und Tiere des Schuldners einbezogen, sondern auch solche, die eine Person benötigt, mit der der Schuldner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, |
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die Regelungen über den Schutz des Hausrats von § 812 ZPO in § 811 ZPO überführt. |
§ 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO: der Schutz des Haushaltes, der Arbeit, der Gesundheit und der Weltanschauung
In § 811 Abs. 1 S. 1 lit. a)– d) ZPO werden die Sachen von der Pfändung des Gerichtsvollziehers nach § 808 ZPO geschützt, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt lebt, für die Haushaltsführung, die Ausübung seiner Erwerbstätigkeit, aus gesundheitlichen Gründen oder aus Gründen der Religion oder Weltanschauung, bei Kultgegenständen nur soweit der Wert 500 EUR nicht übersteigt, benötigt. Insoweit werden die bisherigen Nrn. 1, 2, 4–7, 9, 10, 10a, 11 und 12 in § 811 ZPO sehr knapp zusammengefasst, soweit sie unter den heutigen wirtschaftlichen Begebenheiten überhaupt noch Relevanz entfalten.
Mehr Interpretationsspielraum
Gegenüber der heutigen Regelung entfällt die Aufzählung einzelner Sachen. Das wird dem Gerichtsvollzieher mehr Interpretationsspielraum geben, der allerdings keine praktische Relevanz entfaltet, da in diesem Kontext ohnehin kaum Pfändungen stattfinden. Umso wichtiger wird es allerdings, im Vollstreckungsantrag die Pfändung bekannter Gegenstände zu verlangen, um eine hierauf bezogene Protokollierung zu erreichen, § 86 Abs. 6 S. 2 GVGA i.V.m. § 762 ZPO.
Von Bedeutung: die Erwerbstätigkeit
Bei dem Schutz von Sachen, die der Erwerbstätigkeit dienen, ist ein besonderes Augenmerk des Gläubigers erforderlich. Die Neuregelung unterscheidet nicht mehr wie bisher nach der Art der Erwerbstätigkeit. Auch können grundsätzlich besonders hochwertige Sachen Gegenstand des Pfändungsschutzes sein (etwa Computer; Fahrzeuge etc.). Werden diese allerdings in der Hochwertigkeit nicht benötigt, ist auf die Möglichkeiten der Austauschpfändung zurückzugreifen.
Das Intervall, in dem der Gesetzgeber seine eigenen Regelungen ändert, wird offenbar immer kürzer. Die noch nicht in Kraft getretenen Regelungen des § 811 Abs. 1 Nr. 10 und 11 ZPO in der Fassung des Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetzes erfahren hier schon eine Neuregelung. Der Schutz von Aus- und Fortbildung wird nicht auf bestimmte Lernmedien wie Bücher beschränkt, sondern erfasst Lernmittel aller Art, etwa auch digitale Medien. Auch ist unerheblich, in welchem Kontext die Aus- oder Fortbildung stattfindet.
Im Wortlaut: § 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
(1) Nicht der Pfändung unterliegen
1. Sachen, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, benötigt a) für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung b) für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine damit in Zusammenhang stehende Aus- oder Fortbildung c) aus gesundheitlichen Gründen d) zur Ausübung von Religion oder Weltanschauung oder als Gegenstand religiöser oder weltanschaulicher Verehrung, wenn ihr Wert 500 EUR nicht übersteigt
Schutz der ständigen Unterkunft
Wohnt der Schuldner in Wohnverhältnissen wie Gartenhäusern, Wohnlauben oder ähnlichen Einrichtungen, die nicht der Immobilienzwangsvollstreckung unterliegen, sollen diese künftig nach § 811 Abs. 1 Nr. 2 ZPO geschützt sein. Maßgeblich ist, dass die Unterkunft der ständigen Unterbringung dient. Die neue Regelung entspricht dem bisherigen § 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Im Wortlaut: § 811 Abs. 1 Nr. 2 ZPO
(1) Nicht der Pfändung unterliegen … 2. Gartenhäuser, Wohnlauben und ähnliche Einrichtungen, die der Schuldner oder dessen Familie als ständige Unterkunft nutzt und die der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen unterliegen
Bargeld: das nie gefundene Zugriffsobjekt
Der Autor hat noch keinen Gläubiger oder Gläubigervertreter getroffen, der davon berichten konnte, dass für ihn Bargeld gepfändet wurde. Da eine entsprechende Pfändung in der Praxis also ausbleibt, kommt der diesbezüglichen Pfändungsschutzvorschrift, die von der bisherigen Regelung in § 811 Abs. 1 Nrn. 2, 3 und 8 ZPO übernommen wurde und nun zentral in Nr. 3 geregelt ist, kaum praktische Bedeutung zu.
Der Gerichtsvollzieher ist – eine Pfändung vorausgesetzt – gehalten, aus dem konkreten Pfändungsfreibetrag nach § 850c ZPO einen täglichen Pfändungsfreibetrag zur ermitteln, wovon 1/5 für die verbleibende Zeit des Monats pfändungsfrei ist. Das Ganze wird dann auch noch mit einer Ermessensausübung des Gerichtsvollziehers gepaart. Es wird kaum zu erwarten sein, dass durch diese Regelung die Wirklichkeit der Nichtpfändung von Bargeld geändert wi...