Was begonnen ist, darf fortgeführt werden
Nicht immer stellt der Tod des Schuldners allerdings ein Hindernis für die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung dar. Nach § 779 ZPO kann eine Zwangsvollstreckung, die zur Zeit des Todes des Schuldners bereits begonnen hat, in den Nachlass fortgesetzt werden. Dabei verlangt § 779 ZPO nur, dass die Vollstreckung überhaupt einmal begonnen wurde, nicht dagegen, dass noch eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme andauert (AG Achim v. 4.8.2017 – 11 M 319/17; AG Bremerhaven DGVZ 1993, 60; MüKo-ZPO/Schmidt/Brinkmann, 6. Aufl. 2020, § 779 Rn 6; Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 779 Rn 3). Der Gläubiger bedarf also keines auf die Erben nach § 727 ZPO umgeschriebenen Titels. Damit bedarf es auch keiner Ermittlung der Erben.
Beispiel I
Der Gläubiger hat den Gerichtsvollzieher mit der Pfändung des Pkw des Schuldners beauftragt. Diese scheitert, weil der Pkw im Mitgewahrsam eines Dritten stand, der nicht herausgabebereit war (§ 809 ZPO). Nachfolgend stirbt der Schuldner. Das Vollstreckungsgericht darf nun die Vollstreckung in Form der Pfändung des Herausgabeanspruchs des Schuldners nicht mit der Begründung ablehnen, dass der Titel zunächst auf die Erben umgeschrieben werden müsse (LG Stuttgart DGVZ 1987, 12).
Beispiel II
Im vorausgehenden Beispiel zeigt sich bei der Pfändung durch den Gerichtsvollzieher, dass der zu pfändende Pkw offensichtlich einer Leasinggesellschaft gehört. War der Gerichtsvollzieher zugleich allgemein zur Mobiliarzwangsvollstreckung beauftragt, kann er jetzt die Pfändung in der Wohnung des Schuldners ohne Titelumschreibung fortsetzen. Findet er dabei zum Beispiel Sparbücher und Sparbriefe, so kann er diese im Wege der Hilfspfändung an sich nehmen. Der Gläubiger kann nun die Forderungspfändung einleiten.
Ausnahmen beachten: Räumungsvollstreckung
Etwas anderes kann sich allerdings bei der Räumungsvollstreckung ergeben. § 779 ZPO ist nach Ansicht des AG Heidelberg (22.3.2021 – 1 M 7/21) bei der Räumungsvollstreckung nicht anwendbar, denn der "Nachlassgegenstand", in den vollstreckt werden soll, nämlich die Sachherrschaft des Schuldners über die Wohnung, ist entfallen. Der Schuldner kann nicht mehr aus dem Besitz gesetzt werden. Auch die möglichen Erben haben keinen vollstreckungsrechtlich relevanten Besitz erlangt, aus dem sie zu setzen wären (Abgrenzung zu BGH v. 30.4.2020 – I ZB 61/19).
Auch kann die Zwangsvollstreckung nach § 779 ZPO nur so lange fortgesetzt werden, bis es einer Mitwirkungshandlung des Schuldners, d.h. nunmehr des Erben, bedarf.