Die Zuständigkeit in der Forderungspfändung
Die Frage nach der Zuständigkeit hat drei Aspekte. Es ist nach der sachlichen, der örtlichen und der funktionellen Zuständigkeit zu fragen:
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SachlichDie sachliche Zuständigkeit, d.h. die Antwort auf die Frage, welches Vollstreckungsorgan zuständig ist, ist für den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in § 828 Abs. 1 ZPO geregelt. Danach ist das Vollstreckungsgericht zuständig. Sowohl aus § 828 Abs. 2 ZPO wie auch aus der allgemeinen Vorschrift des § 764 Abs. 1 ZPO ergibt sich, dass die Aufgaben des Vollstreckungsgerichts von den AG wahrgenommen werden. |
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ÖrtlichDie örtliche Zuständigkeit bei der Forderungspfändung ist in § 828 Abs. 2 ZPO geregelt und bestimmt, welches sachlich zuständige Gericht an welchem konkreten Ort angerufen werden muss. Als Vollstreckungsgericht ist danach das AG, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, zuständig. Dies ist nach § 13 ZPO der Wohnsitz bei einer natürlichen Person und nach § 17 ZPO der Sitz bei Gesellschaften. Fehlt es an einem solchen allgemeinen Gerichtsstand, ist das AG zuständig, bei dem nach § 23 ZPO gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann, d.h. dort, wo sich das Vermögen befindet. Das wäre – mangels inländischen Wohnortes – der Sitz des Drittschuldners, bei dem gepfändet wird. |
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FunktionellDie funktionelle Zuständigkeit fragt danach, welche konkrete Person die Tätigkeit ausübt. Im Rahmen der Vollstreckung kommen als konkret handelnde Personen der Richter, der Rechtspfleger, der Gerichtsvollzieher oder der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in Betracht. Tatsächlich weist § 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG die Aufgaben des Vollstreckungsgerichts weitgehend dem Rechtspfleger zu. Vorbehalten sind dem Richter nur die Rechtsmittelverfahren nach § 766 ZPO und nach § 11 Abs. 2 RPflG sowie Zuständigkeiten nach der EU-Verordnung über die grenzüberschreitende Kontopfändung. |
Auf welchen Zeitpunkt kommt es an?
Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit in der Forderungspfändung kommt es weder auf den Antrag noch auf die Zustellung, sondern allein auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das Vollstreckungsgericht an (OLG München v. 23.6.2010 – 31 AR 34/10 Rn 4, juris; OLG Hamm v. 4.6.2019 – 32 SA 38/19 Rn 19, juris = FoVo 2019, 212). Maßgeblich ist also der Erlasszeitpunkt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
Zuständigkeit verfestigt sich dann
Der Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als Blankettbeschluss und alle nachfolgenden Anträge zur Ergänzung und Klarstellung bilden ein einheitliches Verfahren. Wie bei einer Klage, wo Wohnsitzänderungen einer Partei nach Klageerhebung die Zuständigkeit unberührt lassen, ist dies auch im Pfändungsverfahren der Fall. Mit dem Erlass des PfÜB ist die Zuständigkeit verfestigt. Der BGH hat dies bereits 1990 entschieden. Für die Anpassung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an veränderte Verhältnisse für die Bemessung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ist nach dem BGH das Vollstreckungsgericht zuständig, von dem der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen worden ist (BGH v. 8.3.1990 – I ARZ 152/90, Rpfleger 1990, 308).
Das erste AG bleibt also zuständig
Ist der PfÜB also einmal wirksam vom zuständigen Vollstreckungsgericht am Wohnsitz/Sitz des Schuldners erlassen worden, so sind nachfolgende Wohnsitz- oder Sitzwechsel für die Zuständigkeit von Anträgen zum PfÜB unerheblich.
Hinweis
Das Risiko liegt also für den Gläubiger darin, dass zu dem von ihm nicht zu beeinflussenden Zeitpunkt des Erlasses des PfÜB der Schuldner tatsächlich im Bezirk des Erlassgerichtes wohnt. Ist dies nicht der Fall, ist der PfÜB rechtswidrig und unbefristet mit der Erinnerung anfechtbar. Das kann zu einem späteren – ertragreicheren – Zeitpunkt dann zu schmerzlichen Rangverlusten führen. Insoweit kann es sinnvoll sein, die Zustellung des PfÜB an den Schuldner (§ 829 Abs. 2 ZPO) zu prüfen, d.h. festzustellen, ob diese am Antragsort erfolgte.
Über den Antrag auf Nichtberücksichtigung des Sohnes als gesetzlich unterhaltsberechtigte Person hat in dem eingangs geschilderten Fall also das Vollstreckungsgericht A weiter zu entscheiden.
Autor: VRiOLG Frank-Michael Goebel
FoVo 5/2022, S. 85 - 87