Leitsatz
Die Aufnahme des notariellen Nachlassverzeichnisses ist eine eigene Verbindlichkeit des Schuldners. Beschränkt sich der Schuldner auf die Beantwortung von Fragen des Notars, ohne diesem von sich aus Auskünfte zu erteilen, tut er regelmäßig nicht alles in seiner Macht Stehende, um das notarielle Nachlassverzeichnis aufzunehmen, sodass grundsätzlich die Verhängung eines Zwangsgeldes in Betracht kommt.
OLG München, Beschl. v. 10.11.2022 – 33 W 775/22
1 Die Ausgangslage
Verurteilung zur Auskunft über den Nachlass
Der Beklagte war zur Auskunftserteilung im Hinblick auf einen Nachlass verurteilt. Er beauftragte mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses ein Notariat. Er übersandte dem Notar angeforderte Unterlagen und beantwortete dessen Anfragen. Ein Termin zur Aufnahme des Nachlassverzeichnisses wurde abgesagt, nachdem der Bevollmächtigte des Gläubigers gegen den Inhalt des Entwurfes Bedenken geäußert hatte.
Zwangsgeld beantragt
Der Gläubiger beantragte zeitgleich die Verhängung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO, was vom LG abgelehnt wurde. Das OLG sah dies aber anders.
2 II. Die Entscheidung kurz skizziert
Der Schuldner muss alles getan haben
Für die Frage, ob Zwangsmaßnahmen gemäß § 888 Abs. 1 ZPO zu verhängen sind, ist darauf abzustellen, ob dem Schuldner zum Zeitpunkt der Entscheidung Maßnahmen oder Handlungen möglich sind, die zur Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs – Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses – führen können. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war vorliegend ein Zwangsgeld zu verhängen, weil der Schuldner bislang nicht hinreichend auf die zügige Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses hingewirkt hat.
Aktives Verhalten ist zu erwarten
Wird der Entwurf des Nachlassverzeichnisses angegriffen, so hat der Schuldner nur dann alles Erforderliche getan, wenn er aktiv auf den Notar zugeht und sich zu den kritisierten Punkten erklärt. Es genügt dagegen nicht, wenn er auf dessen Fragen wartet.
In der Konsequenz hat das OLG ein Zwangsgeld von 2.500 EUR für den Fall festgesetzt, dass nicht binnen Monatsfrist ein notarielles Nachlassverzeichnis vorgelegt wird.
Hinweis
Das einzelne Zwangsgeld kann nach § 888 ZPO bis zu 25.000 EUR betragen. Die Zwangsgeldfestsetzung kann auf wiederholte Anträge damit eskaliert werden. Erscheint ein Zwangsgeld nicht ausreichend, um den Schuldner zur Vornahme der Handlung anzuhalten, kann auch alternativ Zwangshaft verhängt werden.
FoVo 5/2023, S. 98 - 99