AG stimmt dem GV zu

Die gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 GvKostG zulässige Erinnerung gegen den Kostenansatz des GV hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat der GV für die elektronische Zustellung des PfÜB an die Drittschuldnerin die Kosten gem. KV 100 GvKostG angesetzt.

Es wird bisher unterschiedlich beurteilt, wie die elektronische Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kostenrechtlich zu behandeln ist.

Teilweise wird hierin eine sonstige Zustellung i.S.d. KV 101 GvKostG gesehen (AG Lüneburg DGVZ 2022, 202), nach anderer Auffassung stellt sie eine persönliche Zustellung i.S.d. KV 100 GvKostG dar (AG Kempen, Beschl. v. 14.8.2023 – 16 M 232/23). Das Gericht schließt sich der letztgenannten Auffassung an.

GV bewirke die Zustellung in eigener Person

Maßgeblich für die Frage, ob die Gebühr gem. KV 100 GvKostG anfällt, ist, dass der GV die Zustellung in eigener Person bewirkt und nicht wie im Falle des KV 101 GvKostG eine dritte Person hiermit beauftragt. So liegt es bei der elektronischen Zustellung in das Postfach eines Zustellungsempfängers genauso wie bei der papierenen Zustellung in den Briefkasten eines Zustellungsempfängers.

In beiden Fällen bewirkt der GV persönlich, dass das zuzustellende Dokument in den Machtbereich des Empfängers gelangt, und übernimmt hierfür auch persönlich die Verantwortung. Der GV persönlich stellt die zuzustellenden Dokumente in elektronischer Form zusammen. Er prüft die Möglichkeit und Zulässigkeit der elektronischen Zustellung an den Empfänger. Er wählt das Postfach des Empfängers, in das zugestellt werden soll. Er nimmt dann die eigentliche Zustellung durch Absenden aus dem eigenen und übersenden in das Postfach des Empfängers vor und übernimmt schließlich auch die Gewähr durch Überprüfen der Eingangsbestätigung dafür, dass die Zustellung erfolgreich war. Bei keinem dieser Schritte bedient sich der Gerichtsvollzieher der Mitwirkung eines Dritten. Insofern unterscheidet sich die elektronische Zustellung von der (früheren) Zustellung in Papierform in einen Briefkasten des Empfängers lediglich dadurch, dass der GV keine Wege zwischen seinem Dienstort und dem Ort der Zustellung mehr zurücklegt. Das Zurücklegen eines Weges ist jedoch nicht maßgeblich für die persönliche Zustellung i.S.d. KV 100 GvKostG, hierfür greift der Auslagentatbestand des KV 711 GvKostG.

AG sieht Notwendigkeit von Mehrausfertigungen

Der GV hat ebenfalls zu Recht die streitige Gebühr gem. KV 700 GvKostG in Höhe von 6,50 EUR angesetzt. Die Erhebung der Gebühr findet gemäß folgender Bestimmung statt: "Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten: 1. Kopien und Ausdrucke, (b) die angefertigt werden, weil der Auftraggeber es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen".

So liegt der Fall hier. Die Gläubigerin hat die für die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses im Parteibetrieb an den Schuldner bzw. den Drittschuldner erforderlichen Mehrfertigungen nicht dem Gerichtsvollzieher zur Verfügung gestellt.

Das Gericht schließt sich insoweit den bereits zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen des AG Moers (26.6.2023 – 502 M 47/23) und des AG Kleve (11.8.2023 – 7 M 1967/23) an. Nach vielfach vertretener Auffassung (vgl. auch LG Arnsberg DGVZ 2012, 186; AG Trier, 31.8.2021 – 22 M 417/21; AG Villingen-Schwenningen, 9.11.2021 – 11 M 1610/21; AG Hildburghausen, 21.9.2021 – 3 M 729/21; AG Wertheim 24.8.2021 – M 287/21; AG Aichach, 28.9.2021 – 727/21; AG Gießen 13.7.2021 – 41 M 10813/21; AG Balingen 12.1.2022 – M 380/21,; AG Dortmund 27.9.2021 – 234 M 290/21; AG Oldenburg, 16.9.2021 – 20 M 232/21; AG Essen, 15.9.2021 – 30 M 1267/21; AG Wermelskirchen 26.8.2021 – 70 M 115/21; AG München 25.8.2021 – 1513 M 4871/21; AG Recklinghausen 5.8.2021 – 20 M 1084/21; a. A. LG Karlsruhe, Beschl. v. 21.9.2022 – 3 T 31/22) kommt es für den Anfall der Dokumentenpauschale nicht darauf an, ob der Antrag des Gläubigers auf Erlass eines PfÜB, verbunden mit dem Antrag, die Zustellung desselben durch die Geschäftsstelle zu vermitteln, elektronisch bei dem Vollstreckungsgericht einging.

Nicht der (elektronische) Antrag, sondern der perpetuierte Beschluss sei zuzustellen

Denn zuzustellendes Schriftstück ist nicht der Antrag der Gläubigerin oder des Gläubigers, sondern der – erst noch zu erlassende – PfÜB des Gerichts. Hierauf findet § 133 Abs. 1 S. 2 ZPO keine Anwendung. Bezüglich dieses zuzustellenden PfÜB hat die Gläubigerin die Vorgehensweise gewählt, den GV mit der im Parteiwege erfolgenden Zustellung gemäß § 192 S. 2 und 3 ZPO unter Vermittlung der Geschäftsstelle des Gerichts zu beauftragen. Es ist dann jedoch der GV, der die für die Zustellung erforderlichen Mehrausfertigungen selbst fertigt und beglaubigt. Insoweit handelt es sich nicht um Mehrkosten wegen gerichtsinterner Strukturen, sondern um einen Aufwand, der bei dem GV entsteht und die Gebühr gem. KV 700 GvKostG auslöst.

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