Ein Rechtsanwalt ist gemäß § 807 ZPO verpflichtet, Namen und Anschriften seiner Mandanten sowie die Höhe der ihm gegen sie zustehenden Forderungen in der eidesstattlichen Versicherung anzugeben. Weder § 203 StGB noch § 49b Abs. 4 BRAO stehen dieser Verpflichtung entgegen.
BGH, 2.12.2009 – I ZB 65/09
I. Der Fall
Schweigepflicht des RA im Offenbarungsverfahren?
Der Schuldner war Rechtsanwalt. Gegen ihn besteht ein von der Gläubigerin erwirktes rechtskräftiges Urteil des LG. Im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist der Schuldner ohne Entschuldigung nicht erschienen. Auf Antrag der Gläubigerin hat das Vollstreckungsgericht gegen ihn deshalb Haftbefehl erlassen. Der Schuldner hat daraufhin gegenüber dem Gerichtsvollzieher mündlich erklärt, wegen seiner anwaltlichen Schweigepflicht im amtlichen Vermögensverzeichnis hinsichtlich seiner Mandate keine Angaben zu Namen, Anschrift, Forderungsgrund und Forderungshöhe machen zu müssen.
Widerspruch gegen die Abgabe der e.V.
Das Vollstreckungsgericht hat die Erklärung des Schuldners als Widerspruch gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 900 Abs. 4 ZPO behandelt und zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben, so dass der Schuldner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde sein Rechtsschutzziel weiter verfolgt.
II. Die Entscheidung
Widerspruch muss Verfahrensvoraussetzungen in Frage stellen
Der Schuldner kann schon einen gegen die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung insgesamt gerichteten Widerspruch nicht damit begründen, zu bestimmten Positionen des amtlichen Vermögensverzeichnisses keine Angaben machen zu müssen. Denn mit dieser Begründung wird die Pflicht zur Abgabe der Versicherung als solche nicht in Frage gestellt.
Unzulässiger Widerspruch, weil nach dem Haftbefehl erhoben
Dahin stehen kann, ob die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen bereits deswegen erfolgen musste, weil der Schuldner seine auf die anwaltliche Schweigepflicht gestützten Einwendungen erst nach Erlass des Haftbefehls erhoben hat. Außerhalb des Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung kann nur das Fehlen der von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung oder des Offenbarungsverfahrens gerügt werden (BGH NJW-RR 2006, 645). Zwar sind Pfändungsbeschränkungen nach § 851 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH NJW-RR 2009, 411).
Honorarforderungen sind pfändbar…
Honorarforderungen von Rechtsanwälten sind indes ungeachtet des Abtretungsverbots in § 49b BRAO grundsätzlich pfändbar (BGHZ 141, 173).
… woraus die Offenbarungspflicht folgt
Unabhängig von den bereits gegen die Zulässigkeit des Widerspruchs des Schuldners sprechenden Bedenken ist er jedenfalls gemäß § 807 ZPO verpflichtet, Namen und Anschriften seiner Mandanten sowie die Höhe der ihm gegen sie zustehenden Forderungen in der eidesstattlichen Versicherung anzugeben. Weder § 203 StGB noch § 49b Abs. 4 BRAO stehen dieser Verpflichtung entgegen.
Keine Verletzung der Schweigepflicht
Da Honorarforderungen von Rechtsanwälten trotz der in § 43a Abs. 2 BRAO, § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB geregelten Verschwiegenheitspflichten grundsätzlich pfändbar sind, hat der Schuldner über sie die nach § 807 ZPO erforderlichen Angaben zu machen. Der Umstand allein, dass Mandanten Dienstleistungen von Rechtsanwälten in Anspruch nehmen, ist keine überragend geheimhaltungsbedürftige Tatsache. Die in § 807 ZPO vorgesehenen Angaben sind für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung des Gläubigers unverzichtbar, mit der er sein durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Befriedigungsrecht durchsetzt (BGHZ 141, 173; BGH NJW-RR 2004, 54; BGH NJW 2005, 1505; BGHSt 37, 340). Auch soweit die genannten Entscheidungen nicht unmittelbar Rechtsanwälte betreffen oder sich auf Insolvenzverfahren beziehen, hat der BGH wiederholt ausdrücklich die Verpflichtung von Rechtsanwälten bestätigt, als Schuldner in der Einzelvollstreckung Forderungen gegen Mandanten mit Namen und Anschrift anzugeben (vgl. BGHSt 37, 340; BGH NJW-RR 2004, 54; NJW 2005, 1505).
Richtige Abwägung von Grundrechten
Die Rechtsbeschwerde meint, im Rahmen der Offenbarungspflicht des § 807 ZPO sei die in § 49b Abs. 4 BRAO i.V.m. § 851 Abs. 1 ZPO enthaltene Wertung des Gesetzgebers zu beachten. Die dann erforderliche Abwägung der widerstreitenden Grundrechte der Gläubiger mit denen der Mandanten des Schuldners habe das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mit diesem Vorbringen hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg.
Keine Beschränkung der bisherigen Rspr. auf das Insolvenzverfahren
Nach der Rechtsprechung des BGH steht § 49b Abs. 4 BRAO auch i.V.m. § 851 Abs. 1 ZPO der Offenbarungspflicht nach § 807 ZPO nicht entgegen. Der Schuldner versucht vergeblich, diese Rechtsprechung auf Fälle zu begrenzen, in denen es um den Insolvenzbeschlag einer Honorarforderung geht und der Insolvenzverwalter zur vertraulichen Behandlung der bekanntgewordenen oder bekanntwerdenden Informationen verpflichtet ist. Eine sol...