Leitsatz

Versäumt der Schuldner die fristgerechte Umstellung seines gepfändeten Girokontos in ein P-Konto im Sinne des § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO, kann er zwar gemäß § 850k Abs. 7 S. 2 ZPO jederzeit noch die Umstellung beantragen. Diese hat dann aber gemäß § 850k Abs. 7 S. 3 ZPO keine rückwirkende Wirkung mehr.

Vollstreckungsschutz ist dem Schuldner in solchen Fällen nicht mehr zu gewähren, da er die Konsequenzen seines Versäumnisses zu tragen hat.

AG Hannover, 9.3.2011 – 705 M 56075/10

1 I. Der Fall

Pfändung des Kontos

Das Vollstreckungsgericht erließ am 24.8.2010 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) gegen den Schuldner. Mit diesem PfÜB wurde u. a. das Girokonto des Schuldners gepfändet. Nach Aktenlage ist das Gericht davon ausgegangen, dass der PfÜB der Drittschuldnerin Ende August bzw. spätestens Anfang September 2010 zugestellt wurde, weil Vermittlung der Zustellung durch die Geschäftsstelle beantragt wurde. Mit Erklärung vom 16.2.2011 hat der Schuldner die Umstellung seines gepfändeten Girokontos auf ein P-Konto gemäß § 850k Abs. 7 ZPO beantragt. Der Schuldner beantragt rückwirkenden Vollstreckungsschutz zum 1.2.2011, da ihm die Auszahlung seines Arbeitseinkommens, das dem gepfändeten Konto am 15.2.2011 gutgeschrieben wurde, verweigert wurde.

2 II. Die Entscheidung

Nur begrenzte Rückwirkung des ­Pfändungsschutzes

Der Antrag des Schuldners ist ohne Erfolgsaussicht. Rückwirkender Vollstreckungsschutz bei dem gepfändeten Girokonto nach § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO würde nach dem Gesetzeswortlaut nur gewährt, wenn der Schuldner innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des PfÜB die Umstellung seines Girokontos auf ein P-Konto vereinbart hätte (vgl. Hk-ZV/Meller-Hannich, 1. Aufl., § 850k ZPO Rn 9 und 36). Versäumt der Schuldner wie hier die fristgerechte Umstellung, so kann er nach § 850k Abs. 7 S. 2 ZPO zwar noch jederzeit von seinem Kreditinstitut die Umstellung verlangen, kommt aber gerade nicht mehr in den Genuss des rückwirkenden Schutzes nach § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO, weil die Drittschuldnerin in solchen Fällen nämlich eine Umstellung erst zum vierten auf die Erklärung des Schuldners folgenden Werktag vornehmen müsste (BT-Drucks 16/12714, S. 21; Ahrens, Das neue Pfändungsschutzkonto, NJW 2010, 2001). Rückwirkender Vollstreckungsschutz ist in derartigen Fällen ausgeschlossen; der Schuldner muss mit den Folgen seines Versäumnisses leben und auch für ihn nachteilige Konsequenzen tragen.

3 Der Praxistipp

Schuldner ist für Pfändungsschutz verantwortlich …

Die Entscheidung entspricht dem Gesetzeswortlaut und ist auch in der Sache zu begrüßen. Sie zwingt den Schuldner, sich unmittelbar nach der Einleitung der Zwangsvollstreckung mit seiner Situation auseinanderzusetzen und seinen Pfändungsschutz zu aktivieren. Unterlässt er dies, kann das nicht dem Gläubiger oder dem Kreditinstitut als Drittschuldner angelastet werden.

… was die Praxis nicht immer berücksichtigt

In der Praxis ist allerdings festzustellen, dass die Kreditinstitute die vom AG Hannover dargelegten Grundsätze nicht immer beachten, sondern nach einer Umstellung eines Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto unabhängig von der Frage, wann der PfÜB ursprünglich zugestellt wurde, die Pfändungsfreibeträge nach § 850k Abs. 1, 2 und 4 ZPO für den gesamten Monat und nicht erst ab dem Tage der Zustellung gewähren. Der Gläubiger wird dies nur erkennen, wenn er ein konsequentes Informationsmanagement betreibt und von dem Schuldner konsequent über § 836 Abs. 3 ZPO die Kontoauszüge herausverlangt. Stellt sich danach heraus, dass der Schuldner sein Konto erst nach Ablauf von vier Wochen nach der Zustellung des PfÜB an den Drittschuldner in ein Pfändungsschutzkonto umgestellt hat, muss geprüft werden, ob es zuvor zu Gutschriften gekommen ist. Diese stehen dem Gläubiger zu, soweit es sich nicht um Leistungen im Sinne des § 55 SGB I bzw. 76a EStG innerhalb der 14-tägigen Schutzfrist handelt bzw. kein nach § 850k ZPO a.F. = § 850l ZPO n.F. kraft gerichtlicher Anordnung geschütztes Arbeitseinkommen vorliegt. Wurde gegen diese Regeln verstoßen, wird das Kreditinstitut durch die Leistung an den Schuldner im Verhältnis zum Gläubiger nicht frei und muss erneut leisten.

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