Einführung
Es gibt Neues an der Front der Pfändungsfreigrenzen. Das wird die Pfändung von Arbeitslohn und auch von Kontoguthaben ab der Jahresmitte schwieriger machen.
I. Gesetzliche Regelung wurde zweimal geändert
§ 850c ZPO seit dem 8.5.2021 in neuer Fassung
Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG), veröffentlicht im BGBl I 2020, S. 2466, wurde § 850c ZPO völlig neu gefasst und dabei
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die Dynamisierung der Pfändungsfreigrenzen aus § 850c Abs. 2a in § 850c ZPO verschoben, |
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von einem zweijährlichen Rhythmus auf einen jährlichen Rhythmus umgestellt, |
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der Anknüpfungspunkt mit dem wirtschaftlichen Existenzminimum zum 1.1. des jeweiligen Jahres geregelt und |
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zugleich eine andere Systematik der Anlage zu § 850c ZPO beschlossen. |
Im Wortlaut: § 850c Abs. 4 ZPO n.F.
(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz macht im Bundesgesetzblatt Folgendes bekannt (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung):1. die Höhe des unpfändbaren Arbeitseinkommens nach Absatz 1,2. die Höhe der Erhöhungsbeträge nach Absatz 2,3. die Höhe der in Absatz 3 Satz 3 genannten Höchstbeträge.Die Beträge werden jeweils zum 1. Juli eines Jahres entsprechend der im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum sich ergebenden prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes angepasst; der Berechnung ist die am 1. Januar des jeweiligen Jahres geltende Fassung des § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes zugrunde zu legen.
Gesetzgeber korrigiert sich selbst
Nach dem Gesetz sollte diese Änderung zum 1.8.2021 in Kraft treten, d.h. nachdem die Pfändungsfreigrenzen entsprechend dem bisherigen System zum 1.7.2021 noch einmal angepasst wurden. Dieses Inkrafttreten hat der Gesetzgeber aber mit dem Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (hierzu ausführlich FoVo 2021, 81–89) auf den 8.5.2021 vorgezogen. Der Gesetzgeber hat damit einen Fehler korrigiert. Wären die Pfändungsfreigrenzen durch die übliche Verordnung zum 1.7.2021 angepasst worden, wären sie durch die am 1.8. in Kraft getretene Änderung von § 850c ZPO wieder auf die alte Rechtslage, mithin die Pfändungsfreigrenzen ab dem 1.7.2019, zurückgeführt worden.
II. § 850c ZPO systematisch neu aufgebaut
Hier finden Sie die Quelle: BGBl I 2021, S. 1099
Im Bundesgesetzblatt vom 21.5.2021 (BGBl I 2021, S. 1099) wurde die "Bekanntmachung zu den Pfändungsfreigrenzen 2021 nach § 850c der Zivilprozessordnung (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2021) vom 10.5.2021" veröffentlicht. Danach steigen die Pfändungsfreigrenzen im Verhältnis zum 1.7.2021 um satte 6,28 % (!).
Neue Fundorte für die Pfändungsfreibeträge
Der Freibetrag des Schuldners ist nach dem früheren Inkrafttreten der Änderungen zu § 850c ZPO nunmehr in dessen Abs. 1 geregelt. Dabei muss beachtet werden, dass die im Gesetz genannten Beträge noch diejenigen aus der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachungsverordnung 2019 sind, die noch bis zum 30.6.2021 fortgelten.
Im Wortlaut: § 850c Abs. 1 ZPO n.F.
(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als 1. 1.178,59 EUR monatlich, 2. 271,24 EUR wöchentlich oder3. 54,25 EUR täglichbeträgt.
Demgegenüber ist die bisherige Regelung zu den gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen von § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO in § 850c Abs. 2 ZPO überführt worden. Das bedeutet, dass das Formularwesen und Musterschreiben, welche auf die Erhöhungsbeträge abzielen, angepasst werden müssen.
Im Wortlaut: § 850c Abs. 2 ZPO n.F.
(2) Gewährt der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner, einem Verwandten oder nach den §§ 1615l und 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil Unterhalt, so erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und zwar um 1. 443,57 EUR monatlich, 2. 102,08 EUR wöchentlich oder 3. 20,42 EUR täglich. Für die zweite bis fünfte Person, der Unterhalt gewährt wird, erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 um je 1. 247,12 EUR monatlich, 2. 56,87 EUR wöchentlich oder 3. 11,37 EUR täglich.
Überschießende Beträge sind teilweise geschützt
Was immer wieder übersehen wird, ist der Umstand, dass das die Pfändungsfreibeträge übersteigende Einkommen nicht vollständig pfändbar ist. Vielmehr bleiben auch hiervon bis zu einem Höchstbetrag und in Abhängigkeit von der Zahl der unterhaltsberechtigten Personen noch einmal 30–90 % pfändungsfrei.
Im Wortlaut: § 850c Abs. 3 ZPO n.F.
(3) 1Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag nach Absatz 1, so ist es hinsichtlich des überschießenden Teils in Höhe von drei Zehnteln unpfändbar. 2Gewährt der Schuldner nach Absatz 2 Unterhalt, so sind für die erste Person weitere zwei Zehntel und für die zweite bis fünfte Person jeweils ein weiter...