Leitsatz
1. Wenn der Schuldner Gelder auf das Konto eines Dritten überweisen lässt und ein Gläubiger den Rückzahlungsanspruch des Schuldners gegen diesen Dritten pfändet, dann sind alle für den Schuldner auf dem Konto nach Zustellung der Pfändung eingehenden Zahlungen bis zur Tilgung der Forderung an den Gläubiger abzuführen. Der Schuldner kann sich insofern nicht auf Schuldnerschutzvorschriften berufen.
2. Ist das Arbeitseinkommen eines Schuldners auf einem Konto eines Dritten eingegangen, kann der Gläubiger den Auszahlungsanspruch des Schuldners gegen den Dritten pfänden.
AG Wilhelmshaven, Beschl. v. 2.9.2020 – 6 C 665/19
1 Der Fall
Schuldner nutzt die Konten seiner Ehefrau und von deren Unternehmen
Die Klägerin nimmt als Gläubigerin die Beklagte aus der Pfändung eines Auszahlungsanspruchs des Schuldners in Anspruch. Die Beklagte ist die Ehefrau des Schuldners. Sie ist gewerblich tätig und unterhält unter der Firma … geschäftliche Konten. Ferner unterhält die Beklagte ein privates Konto.
Der Schuldner ist bei der Beklagten angestellt und nutzt ausweislich eines Vermögensverzeichnisses das Konto der Beklagten für die Auszahlung seines Lohns und seiner Geldgeschäfte. Er erhält Gehaltszahlungen, die von dem Geschäftskonto auf das private Konto der Beklagten eingezahlt werden.
Gläubigerin greift auf den Auszahlungsanspruch zu
Der Klägerin steht gegen den Schuldner eine titulierte Forderung in Höhe von 1.011,16 EUR nebst Zinsen und Kosten zu, insgesamt inzwischen 3.240,49 EUR. Die Klägerin erwirkte auf Grundlage dieses Titels einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Beklagte als Drittschuldnerin, durch den eine Pfändung gemäß § 667 BGB auf Auszahlung aller dem Drittschuldner zugegangenen und künftig zugehenden Geldleistungen, die ein Dritter erbringt, erfolgte. Die Beklagte leistete nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses keine Zahlung an die Klägerin.
Drittschuldnerklage soll zum Ziel führen
Die Klägerin ist der Auffassung, der Schuldner habe einen schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte; dieser Anspruch gegen den Kontoinhaber auf Rückgabe der vom Schuldner auf "fremdem Konto" angelegten oder für ihn eingezahlten Gelder sei pfändbar. Auf Schuldnerschutzvorschriften könne sich die Beklagte als Drittschuldnerin nicht berufen.
Ehefrau sieht die Zahlung als Beitrag zum gemeinsamen Lebensunterhalt
Die Beklagte trägt vor, der Schuldner beteilige sich mit den auf das Privatkonto der Beklagten geleisteten Zahlungen an den gemeinsamen Kosten der Lebensführung. Sie ist der Auffassung, der Arbeitslohn unterliege dem Vollstreckungsschutz und sei nicht pfändbar. Ferner seien die Zinsen weitgehend verjährt, da über 15 Jahre keine verjährungsunterbrechenden Maßnahmen erfolgt seien.
Schuldner erhebt widerklagend Vollstreckungsgegenklage
Dem Schuldner wurde der Streit verkündet (vgl. § 841 ZPO), worauf dieser dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist und widerklagend die Feststellung begehrt, dass wegen der vermeintlich verjährten Zinsen die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung festgestellt wird.
2 II. Die Entscheidung
AG sieht einen gepfändeten Auszahlungsanspruch
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht im Wege der Einziehungsklage aus § 667 BGB i.V.m. dem zugrunde liegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Beklagte ein Anspruch in Höhe von 3.368,45 EUR zu.
Nach § 667 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Vorliegend bestand bzw. besteht ein Auftragsverhältnis zwischen dem Schuldner und der Beklagten, denn die Beklagte hat nach der gemeinsamen Absprache dem Schuldner ihr Bankkonto zu dem Zweck zur Verfügung gestellt, ihm den Bezug seines Arbeitslohns zu ermöglichen. Aus dem Vortrag der Parteien ist mangels erheblichen Gegenvortrags zu schließen, dass jedenfalls ein Auszahlungsanspruch des Schuldners in Höhe der gepfändeten Forderung bestand bzw. besteht.
Kein Schuldnerschutz
Auf die Schuldnerschutzvorschriften kann sich die Beklagte nicht berufen. Ist das Arbeitseinkommen eines Schuldners auf einem Konto eines Dritten eingegangen, kann der Gläubiger den Auszahlungsanspruch des Schuldners gegen den Dritten pfänden (vgl. LG Lüneburg v. 4.5.2017 – 4 O 180/16). Die Schuldnerschutzvorschriften des § 850k Abs. 1 ZPO greifen mithin gegenüber der Beklagten nicht ein, da der Nebenintervenient sein Einkommen auf das Konto der Beklagten überweisen ließ und es unterlassen hat, ein (eigenes) Pfändungsschutzkonto zu unterhalten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.5.2015 – 1 BvR 163/15). Somit ist es – unabhängig davon, dass vorliegend ohnehin keine Lohnpfändung erfolgte – auch irrelevant, ob ein pfändungsfreies Einkommen des Schuldners betroffen ist.
Eine Vernehmung des Schuldners als Zeuge für die ohnehin unsubstantiierte Behauptung der Beklagten, er habe sich mit den Zahlungen an den Kosten der gemeinsamen Lebensführung beteiligt, ist nicht angezeigt. Denn es kommt nicht darauf an, wofür das Geld verwendet wurde. Im Übrigen beleg...