Die Vollstreckungserinnerung nach § 766 statt § 765a ZPO ist einschlägig
Die Vollstreckungserinnerung ist nach § 766 Abs. 1 ZPO statthaft. Der Schuldner begehrt bei verständiger Würdigung seines Vorbringens nicht lediglich die Feststellung der Rechtswidrigkeit in der Vergangenheit liegender Pfändungsmaßnahmen. Er moniert die Rechtmäßigkeit der Pfändung seines Eigengeldes unter Behauptung der Verletzung der Pfändungsfreigrenzen der ZPO seit September 2021 bis heute und für die Zukunft und erstrebt mit dieser Begründung die Aufhebung der von der Gläubigerin erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse.
Er macht auch nicht geltend, die JVA beachte die von ihm insoweit als richtig akzeptierten Grenzen des PfÜB nicht, sondern er moniert die Rechtmäßigkeit der Pfändung selbst. Dieser Einwand ist im Rahmen der Vollstreckungserinnerung und nicht etwa im Verfahren nach § 109 StVollzG zu überprüfen (vgl. BGH, Beschl. v. 11.9.1990 – 5 AR Vollz 27/90).
Auf die Vollstreckungsabwehrklage kann der Schuldner schon deswegen nicht verwiesen werden, weil er keine materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend macht, den er nach Grund und Höhe ausdrücklich als korrekt hinnimmt. Die Feststellungsklage wird dem Begehr des Schuldners nicht gerecht, die Aufhebung der Pfändungsmaßnahmen zu erreichen.
Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen sind unbeachtlich
Die Vollstreckungserinnerung ist unbegründet. Die Pfändung des Eigengeldes des Schuldners verstößt nicht gegen Pfändungsschutzvorschriften. Die Voraussetzungen für die analoge Anwendung der Pfändungsschutzvorschriften liegen nicht vor. Auch das Abstandsgebot zwischen Strafgefangenen und in der Maßregel der Sicherungsverwahrung Untergebrachten gebietet aus verfassungsrechtlichen Gründen keine analoge Anwendung.
Eigengeld (auch) des Untergebrachten unterliegt der Pfändung
Das Eigengeld des Untergebrachten (§ 49 Abs. 3, 2. Hs. JVollzGB V BW) unterliegt nach Maßgabe der Pfändungsschutzvorschrift des § 48 Abs. 4 S. 2 JVollzGB V BW der Pfändung. Das Eigengeld des Untergebrachten wird gebildet aus den Bezügen des Untergebrachten, die nicht nach § 49 Abs. 2 S. 1 JVollzGB V BW Hausgeld sind oder nicht als Überbrückungsgeld nach § 48 JVollzGB V BW in Anspruch genommen werden. Im Übrigen enthält das JVollzGB V BW zwar keine weiteren Regelungen zum Eigengeld. Es sind aber keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Begriff insoweit abweichend vom JVollzGB III BW für Strafgefangene gebraucht werden sollte und dem Untergebrachten weniger (oder mehr) Rechte daran zustehen sollten als dem Strafgefangenen. Daher hat auch der Untergebrachte wie der Strafgefangene Anspruch auf Auszahlung eines etwaigen die Höhe des Überbrückungsgeldes übersteigenden Eigengeldguthabens.
Spezielle Pfändungsschutzregelung
§ 48 Abs. 4 S. 2 JVollzGB V BW bestimmt, dass der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes nur insoweit in Höhe des Unterschiedsbetrages zum Überbrückungsgeld unpfändbar ist, wie der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes die in § 48 Abs. 1 JVollzGB V BW bestimmte Höhe nicht erreicht. Im Umkehrschluss heißt das: Wird diese Höhe erreicht, ist der diese Höhe überschreitende Betrag des Eigengeldes grundsätzlich nach § 829 ZPO ohne weitere Einschränkungen pfändbar. § 851 ZPO steht der Pfändung nicht entgegen, weil der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes übertragbar ist. All dies ist höchstrichterlich geklärt (vgl. BGH v. 16.7.2004 – IXa ZB 287/03; BGH NJW 2013, 3312).
Der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unterliegt den Pfändungsschutzvorschriften der ZPO nicht. § 850c ZPO ist nicht anwendbar.
Die Pfändungsfreigrenzen gelten nur für die Pfändung des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens selbst, § 850 Abs. 1 ZPO. Bezogen auf das Arbeitsentgelt des Untergebrachten erfasst der Pfändungsschutz damit nur die Pfändung des Anspruchs des Schuldners nach § 45 Abs. 1 JVollzGB V BW auf Auszahlung seines in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens. Dieser Anspruch ist vorliegend aber nicht Gegenstand der PfÜB der Gläubigerin. Gepfändet ist stattdessen der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung seines Eigengeldes. Dieser Anspruch auf Auszahlung des Arbeitseinkommens in Geld ist analog § 362 Abs. 1 BGB mit der Gutschrift auf dem Eigengeldkonto des Schuldners bewirkt und bereits erloschen. Mit der Bewirkung dieser Leistung ist deswegen auch der für den Anspruch nach § 45 Abs. 1 JVollzGB V BW geltende Pfändungsschutz nach § 850c ZPO erloschen.
Auch § 850k – nunmehr § 899 ff. ZPO – und § 811 ZPO sind nicht anwendbar
Der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unterliegt auch nicht dem Pfändungsschutz nach § 850k Abs. 1 S. 1 ZPO. Das Konto des Untergebrachten ist kein sog. P-Konto und er hat hierauf auch keinen Anspruch, weil die JVA als kontoführende Stelle kein Kreditinstitut im Sinne der Norm ist. Zudem nimmt § 850k ZPO die Pfändungsfreigrenzen von § 850c ZPO in Bezug, der aber gerade unanwendbar ist (vgl. BGH NJW 2013, 3312 Rn 17).
Da es sich bei dem...