Die Bundesregierung nimmt Stellung
Zwischen dem 26.10.2022 und dem 31.12.2024 können Arbeitgeber ihren Arbeitsnehmern eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 EUR zahlen. Viele Arbeitgeber machen davon Gebrauch und den Medien lässt sich entnehmen, dass die Zahlung dieser Prämie in unterschiedlicher Höhe auch Gegenstand der Tarifverhandlungen ist. Der Zugriff auf dieses Einkommen des Schuldners ist deshalb für den Gläubiger von Interesse.
Für den Gläubiger stellt sich danach die Frage, ob er die Inflationsausgleichsprämie überhaupt gepfändet hat oder was er dafür tun muss, um diese zu pfänden. Danach stellt sich dann die Frage, ob und welchen Pfändungsschutz die Inflationsausgleichsprämie genießt.
Wurde die Inflationsausgleichsprämie überhaupt gepfändet?
Die Inflationsausgleichsprämie wird in § 850 ZPO nicht ausdrücklich als Teil des Arbeitseinkommens genannt. Dafür, dass es sich um Arbeitseinkommen handelt, spricht sicher der Umstand, dass diese vom Arbeitgeber "aus eigener Tasche" gezahlt wird, es sich also nicht um eine staatliche Transferleistung handelt. Andererseits kann nicht übersehen werden, dass diese nicht im eigentlichen Sinne die Arbeitsleistung abgilt, sondern eine Unterstützung angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten aufgrund der Energiekrise und der Inflation darstellt, mithin aus Gründen, die nicht vom Arbeitgeber zu verantworten sind. Auch ist zu sehen, dass die Prämie zumindest staatlich privilegiert wird, indem sie steuer- und sozialversicherungsfrei bleibt. Der Staat zahlt diese Prämie nicht, sorgt aber für eine höhere Werthaltigkeit. Beide Ansichten zur Frage, ob die Inflationsausgleichsprämie unter § 850 ZPO fällt, erscheinen deshalb vertretbar.
Praxistipp
Der Gläubiger sollte sich auf diese Streitfrage deshalb nicht einlassen und entsprechende Zahlungen explizit beim Arbeitgeber pfänden. Dies kann durch eine entsprechende Ergänzung des Moduls E der Anlage 5 nach der Zwangsvollstreckungsformularverordnung erfolgen:
Das BMJ äußert sich zum Pfändungsschutz
Auf der zweiten Ebene stellt sich dann die Frage, ob die gepfändete Zahlung einen Pfändungsschutz genießen kann oder nicht. Hierzu hat aktuell auf eine schriftliche Anfrage aus der Mitte des Bundestages das Bundesministerium der Justiz (BMJ) Stellung genommen (BT-Drucks 20/7148, S. 85).
Die Stellungnahme des BMJ zum Pfändungsschutz
Zitat
Unter die Inflationsausgleichsprämie fallen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3.000 EUR. Nach § 3 Nummer 11c des Einkommensteuergesetzes ist die Inflationsausgleichsprämie steuerfrei.
Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung über die Unpfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie existiert nicht. Eine Unpfändbarkeit dürfte sich auch nicht aus § 850a Nummer 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) ergeben, weil sie keine Erschwerniszulage im Sinne dieser Vorschrift darstellt. Denn sie erfüllt nicht den dafür von der Rechtsprechung geforderten Zweck, eine im Einzelfall tatsächlich gegebene Erschwernis bei der Arbeitsleistung zu kompensieren (vergleiche Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 25.8.2022 – 8 AZR 14/22). Die Inflationsausgleichsprämie verfolgt vielmehr das Ziel, die gestiegenen Verbraucherpreise allgemein abzumildern.
Es kommt aber eine Unpfändbarkeit nach anderen Pfändungsschutzvorschriften der ZPO in Betracht. Insbesondere gelten für die Inflationsausgleichsprämie die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen des § 850c ZPO.
Zusätzlich schafft § 850f ZPO unter anderem die Möglichkeit, dem Schuldner auf Antrag weitere Teile der Inflationsausgleichsprämie zu belassen, sofern er nachweist, dass der notwendige Lebensunterhalt für sich und für die Personen, denen er gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, nicht gedeckt ist oder besondere Bedürfnisse des Schuldners aus persönlichen oder beruflichen Gründen eine Unpfändbarkeit erfordern und zudem überwiegende Belange des Gläubigers nicht entgegenstehen.
Das Recht der Zwangsvollstreckung, zu dem das Pfändungsrecht gehört, verfolgt das Ziel, eine effektive Zwangsvollstreckung zu gewährleisten und gleichzeitig einen wirkungsvollen Pfändungsschutz sicherzustellen. So werden die jeweiligen Interessen von Gläubigern und Schuldnern in einen angemessenen Ausgleich gebracht. Deswegen sieht das Pfändungsrecht zu Recht vor, dass im Einzelfall regelmäßig die Gerichte über den Pfändungsschutz zu entscheiden haben.
Diese Pfändungsschutzvorschriften finden über § 36 der Insolvenzordnung auch im Insolvenzverfahren Anwendung.
Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen sieht das Bundesministerium der Justiz keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung eines besonderen Pfändungsschutzes für die Inflationsausgleichsprämie.
Prämie erhöht Einkommen im Leistungsmonat
In der Sache kann den Ausführungen des BMJ gefolgt werden. Vor dem Hintergrund der genannten Pfändungsschutzv...