LG sieht den Kostenansatz als berechtigt an
Die Beschwerde ist zulässig nach § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG, § 66 Abs. 2 S. 2 GKG. Das AG hat die Beschwerde gegen den Beschluss zugelassen. In der Sache bleibt der Beschwerde ein Erfolg verwehrt. Der GV hat die Dokumentenpauschale in Höhe von 5,50 EUR für die Fertigung der erforderlichen Kopien zu Recht nach KV Nr. 700 Nr. 1 lit. b) Anlage zum GvKostG in der Kostenrechnung vom 16.6.2022 angesetzt.
Nur der PfÜB wird allein elektronisch bearbeitet
Die von der Bezirksrevisorin vertretene Auffassung, dass gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 ZPO bei der Übersendung eines Antrags in Form eines Schriftsatzes oder Dokumentes an den GV per beA vom Antragsteller keine Abschriften von digitalen Dokumenten vorzulegen bzw. zu fertigen sind, trifft zwar zu. Dies betrifft jedoch lediglich – wie das AG zutreffend herausgearbeitet hat – den Antrag der Gläubigerin auf Erlass eines PfÜB, nicht die für die weitere Erledigung des Auftrags – nach Erlass des beantragten PfÜB – erforderlichen Abschriften (vgl. AG Dortmund, 27.9.2021 – 234 M 290/21; AG Düsseldorf, 25.8.2021 – 660 M 854/21; AG Essen, 15.9.2021 – 30 M 1267/21; AG Recklinghausen, 5.8.2021 – 20 M 1084/21; AG Gießen, 13.7.2021 – 41 M 108131/21; AG München, 25.8.2021 – 1513 M 4871/21).
Für die Weiterverarbeitung gilt das nicht
§ 133 Abs. 1 S. 2 ZPO kommt nicht deshalb zur Anwendung, weil die internen Abläufe beim AG noch nicht auf eine rein elektronische Verarbeitung des gesamten Rechtsverkehrs umgestellt sind und es vom AG möglicherweise entgegen einem Erlass bzw. einer Organisationsempfehlung des MJ vom 15.12.2017 – 2344 – 204.297 und vom 31.1.2022 – 2344 – 204.297 bei der Vermittlung des Zustellauftrags an den GV unterlassen wurde, die erforderlichen Mehrfertigungen des erlassenen PfÜB beizufügen. Es gibt keine gesetzliche Grundlage oder allgemein anerkannten Rechtssatz, dass sämtliche gesetzlichen Bestimmungen, wie etwa die Kostenbestimmungen des GvKostG, nach Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) dem Sinn und Zweck des ERV entsprechend auszulegen und anzuwenden sind. Auch Erlasse bzw. Organisationsempfehlungen des zuständigen Ministeriums vermögen dies nicht zu begründen.
Widerspruch zum elektronischen Rechtsverkehr müsse der Gesetzgeber auflösen
Sofern der Sinn und Zweck des ERV mit einzelnen gesetzlichen Vorgaben im Widerspruch steht oder zu stehen scheint, obliegen entsprechende Gesetzesänderungen dem Gesetzgeber. Solange eine gesetzliche Grundlage für die Abrechnung der Dokumentenpauschale vorhanden ist, ist deren Ansatz im Falle der Erfüllung der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen rechtsfehlerfrei.
Für die weitere Erledigung des Auftrags, nämlich die Zustellungen gemäß § 829 Abs. 2 ZPO durch den GV, die von den Gläubigern gemäß § 192 ZPO ebenfalls beantragt war, mussten Abschriften des PfÜB hergestellt werden. An sich waren dem GV gemäß § 193 Abs. 1 ZPO von den Gläubigern die erforderlichen Abschriften für die Zustellung, die nach § 829 Abs. 2 ZPO im Parteibetrieb erfolgte, zu übergeben. Da der GV diese nicht erhalten hatte, konnte er sie gemäß § 193 Abs. 1 S. 3 ZPO selbst herstellen. Insbesondere rechtfertigte die Eilbedürftigkeit die Selbstherstellung (vgl. BeckOK- ZPO/Dörndorfer, 47. Ed. 1.12.2022, ZPO § 193 Rn 2 unter Verweis auf § 16 Abs. 2 GVGA; Tenner, DGVZ 2019, 224 (228)), da eine Anforderung von Abschriften zu einer Verzögerung hätte führen können. Dass der Auftrag zur Zustellung unter Vermittlung der Geschäftsstelle des AG gemäß § 192 S. 2 ZPO erfolgt ist, ändert daran nichts (vgl. AG Tostedt, Beschl. v. 13.1.2012 – 9 M 4175/11).
Gesetzgeber gibt keine Hinweise
Schließlich weist das AG zutreffend darauf hin, dass sich auch aus der Gesetzesbegründung zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs nichts anderes ergibt. Denn dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei elektronisch eingereichten Schriftstücken der Auslagentatbestand KV 9000 Nr. 1 GNotKG nicht erfüllt sein soll (BT-Drucks 15/4067, S. 31), hat keinen Einfluss auf den Auslagentatbestand des Gerichtsvollzieherkostengesetzes (BeckOK-Kostenrecht/Herrfurth, 39. Ed. 1.10.2022, GvKostG KV 700 Rn 29).