Vorlageverlangen des GV ist rechtswidrig
Die gemäß §§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2, 575 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen. Der GV war anzuweisen, die Auskehrung des von der Schuldnerin gezahlten Betrags an die Inkassodienstleisterin nicht aus den bisherigen Gründen abzulehnen.
Zu Recht beanstandet die Gläubigerin, dass das LG entgegen § 753a S. 1 ZPO die Ablieferung des von der Schuldnerin an den GV gezahlten Geldbetrags an die von der Gläubigerin beauftragte Inkassodienstleisterin von dem Nachweis der Geldempfangsvollmacht durch Vorlage einer entsprechenden Vollmachtsurkunde abhängig gemacht hat.
Frage des Umfangs der Versicherung ist bisher streitig
Nach § 753a S. 1 ZPO haben bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen Bevollmächtigte nach § 79 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 3 und 4 ZPO ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung zu versichern; des Nachweises einer Vollmacht bedarf es in diesen Fällen nicht.
Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob sich § 753a S. 1 ZPO auch auf die Geldempfangsvollmacht der Bevollmächtigten nach § 79 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 3 und 4 ZPO bezieht. Nach einer Meinung betrifft § 753a S. 1 ZPO nur die Verfahrensvollmacht, sodass die Bevollmächtigung zum Geldempfang stets durch Vorlage einer entsprechenden Vollmachtsurkunde nachzuweisen ist (vgl. LG Stuttgart DGVZ 2022, 198; AG Brake, 29.12.2022 – 6 M 865/22; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 20. Aufl., § 815 Rn 2; Mroß, DGVZ 2021, 73; Mock, VE 2021, 55). Nach anderer Auffassung erfasst § 753a S. 1 ZPO auch die Geldempfangsvollmacht mit der Folge, dass im sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich dieser Vorschrift die Versicherung einer entsprechenden Bevollmächtigung genügt (vgl. AG Mettmann, 12.10.2022 – 6 M 511/22; AG Burg DGVZ 2022, 198; BeckOK-ZPO/Ulrici, Stand: 1.3.2023, § 753a Rn 2; Vogt-Beheim, in: Anders/Gehle, ZPO, 81. Aufl., § 753a Rn 4).
BGH entscheidet: keine Pflicht zur Vorlage der Geldempfangsvollmacht
Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend. § 753a S. 1 ZPO ist dahin auszulegen, dass Bevollmächtigte i.S.d. § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO (in das Rechtsdienstleistungsregister eingetragene Inkassodienstleister) bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung zum Empfang des vom GV gepfändeten oder seitens des Schuldners an den GV freiwillig gezahlten Geldbetrags (sog. Geldempfangsvollmacht) versichern können; des Nachweises einer Geldempfangsvollmacht durch Vorlage einer entsprechenden Vollmachtsurkunde bedarf es in diesen Fällen nicht.
Klares Argument: Wortlaut und systematische Stellung
Hierfür sprechen bereits der Wortlaut der Vorschrift und die Gesetzessystematik. § 753a S. 1 ZPO bezieht sich ausdrücklich auf die Durchführung der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen. Damit wird grundsätzlich das gesamte Zwangsvollstreckungsverfahren – von dessen Einleitung bis zu dessen Abschluss – erfasst (vgl. AG Mettmann, 12.10.2022 – 6 M 511/22; AG Burg DGVZ 2022, 198; BeckOK-ZPO/Ulrici, a.a.O., § 753a Rn 2). Dazu gehört gemäß § 815 Abs. 1 ZPO die Ablieferung gepfändeten Geldes, also die hoheitliche Übertragung des Eigentums an dem Geld durch den GV auf den Gläubiger beziehungsweise dessen Bevollmächtigten. Nichts anderes gilt, wenn es um die Ablieferung freiwillig an den GV gezahlten Geldes geht. Denn auch in diesem Fall wird der Gerichtsvollzieher hoheitlich tätig (vgl. BGHZ 179, 298). Die Ablieferung des Geldes an den Gläubiger beziehungsweise dessen Bevollmächtigten ist daher in beiden Konstellationen gleichermaßen Teil der Durchführung des Zwangsvollstreckungsverfahrens, das hierdurch beendet wird (vgl. Vogt-Beheim, in: Anders/Gehle, ZPO, 81. Aufl., § 815 Rn 14). Bereits dies legt es nahe, die gemäß § 753a S. 1 ZPO vorgesehene Versicherung der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung nicht nur auf die Bevollmächtigung zur Vornahme von die Zwangsvollstreckung betreffenden Verfahrenshandlungen, sondern auch auf die Bevollmächtigung zum Geldempfang (Geldempfangsvollmacht) im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu beziehen.
Demgegenüber bietet der Wortlaut der Vorschrift keinen Anhalt dafür, dass sich die vorgesehene Versicherung der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung nur auf den Umfang der – eine Geldempfangsvollmacht nicht umfassenden – Prozessvollmacht gemäß § 81 ZPO beziehen soll (vgl. zum Umfang der Prozessvollmacht BGHZ 177, 178). Vielmehr ist der Wortlaut in Bezug auf die Bevollmächtigung allgemein gefasst und lässt keine solche Beschränkung erkennen.
Die Gesetzessystematik erfordert ein solches einschränkendes Verständnis der Vorschrift ebenfalls nicht. Vielmehr handelt es sich bei § 753a S. 1 ZPO um eine spezialgesetzliche Regelung, die nur für einen begrenzten Anwendungsbereich, nämlich für die Durchführung der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen, gilt. Di...