BGH folgt der Schuldnerin
Die gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Begründung des LG hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Voraussetzungen für den Erlass des beantragten PfÜB liegen nicht vor, er war deshalb auf die Erinnerung der Schuldnerin aufzuheben.
BGH sieht keinen formwirksamen Vollstreckungsauftrag
Es mangelt an einem formwirksamen Vollstreckungsantrag, denn die Gläubigerin hat dem Antrag an das zuständige Amtsgericht – Vollstreckungsgericht (§§ 828, 764 ZPO) – keine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids beigefügt. Die Vorlage des Vollstreckungstitels war nicht nach § 829a Abs. 1 ZPO entbehrlich, weil die Voraussetzungen zur Nutzung des vereinfachten Vollstreckungsantragsverfahrens bei Vollstreckungsbescheiden nach § 829a Abs. 1 ZPO nicht vorlagen.
Weitere Voraussetzung: keine Vorlage von Urkunden notwendig
Nach § 829a Abs. 1 S. 1 ZPO ist im Falle eines elektronischen Antrags zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, der einer Vollstreckungsklausel nicht bedarf, bei Pfändung und Überweisung einer Geldforderung (§§ 829, 835 ZPO) die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 829a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO entbehrlich. Danach setzt der vereinfachte Vollstreckungsantrag bei Vollstreckungsbescheiden unter anderem voraus, dass die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids nicht vorgeschrieben ist, § 829a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO.
Hieran fehlt es, denn die Gläubigerin musste dem Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Urkunden beifügen, die ihre Parteiidentität mit der Titelgläubigerin belegen. Ist aber eine weitergehende gerichtliche Prüfung anhand von Urkunden veranlasst, scheidet die Anwendung des vereinfachten Vollstreckungsantragsverfahrens nach § 829a ZPO aus (vgl. BGH, Beschl. v. 29.9.2021 – VII ZB 25/20 Rn 22).
Identitätsprüfung ist ohne weitere Unterlagen gehindert
Gemäß § 750 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. §§ 794 Abs. 1 Nr. 4, 699 Abs. 1 S. 1, 795 S. 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Vollstreckungsbescheid namentlich bezeichnet sind. Das Vollstreckungsorgan hat eine formale Prüfung vorzunehmen, ob Gläubiger und Schuldner als Parteien des Zwangsvollstreckungsverfahrens mit den Personen identisch sind, für und gegen die der durch den Titel vollstreckbar gestellte Anspruch durchzusetzen ist (vgl. BGH, 26.11.2009 – VII ZB 42/08 Rn 10). Fehlt es an der Identität des die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubigers und des Titelgläubigers oder lässt sich diese nicht zweifelsfrei feststellen, darf die Vollstreckung nicht durchgeführt werden (MüKo-ZPO/Heßler, 6. Aufl., § 750 Rn 4; HK-ZV/Giers/Haas, 4. Aufl., § 750 Rn 12).
Umwandlung GbR in OHG ist keine Rechtsnachfolge
Besteht hingegen Parteiidentität, steht eine bloße Änderung des Namens oder der Firma des Gläubigers etwa aufgrund von Heirat, Umfirmierung etc. der Vollstreckung nicht entgegen. Zutreffend geht das LG davon aus, dass eine kraft Gesetzes eingetretene Umwandlung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) in eine offene Handelsgesellschaft (§§ 105 ff. HGB), auf die sich die Gläubigerin beruft, eine solche parteiidentitätswahrende Umwandlung darstellt.
Aber: notwendiger Identitätsnachweis
Die Parteiidentität muss dem für die beantragte Zwangsvollstreckung zuständigen Vollstreckungsorgan gegenüber nachgewiesen werden (Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl., § 3 Rn 2). Will eine mit der im Vollstreckungstitel bezeichneten Gläubigerin hinsichtlich der Rechtsform nicht namensgleiche offene Handelsgesellschaft die Zwangsvollstreckung aus dem Titel betreiben und macht sie geltend, es liege eine Änderung der Rechtsform und eine Änderung der Firma vor, hat sie die Personenidentität dem zuständigen Vollstreckungsorgan zweifelsfrei nachzuweisen (vgl. BGH, 17.5.2017 – VII ZB 64/16; BGH, 21.7.2011 – I ZB 93/10).
Die Parteiidentität kann der Gläubiger durch Vorlage entsprechender Urkunden nachweisen; in Betracht kommt auch eine Beischreibung (vgl. BGH, 17.5.2017 – VII ZB 64/16; Walker/Roderburg, in: Schuschke/Walker/Kessen/Thole, ZPO, 7. Aufl., § 750 Rn 15). Bei der Beischreibung handelt es sich um einen die Identität der betroffenen Partei klarstellenden Vermerk des Gerichts, welches den Titel erlassen hat, dass der Titelgläubiger nunmehr einen neuen Namen führt oder sich seine Rechtsform geändert hat (vgl. BGH, 13.1.2021 – VII ZB 30/18; BGH, 21.7.2011 – I ZB 93/10; MüKo-ZPO/Wolfsteiner, 6. Aufl., § 726 Rn 75). Die Beischreibung der geänderten Parteibezeichnung, auch klarstellender Zusatz genannt (HK-ZPO/Kindl, 9. Aufl., § 727 Rn 9; HK-ZV/Giers/Haas, 4. Aufl., § 727 Rn 40 ff.; Musielak/Voit/Lackmann, 20. Aufl., § 750 Rn 5, § 727 Rn 1a), wird dem Titel beigefügt.
Pflicht zum Nachweis schließt § 829a ZPO aus
Die die Parteiidentität belegenden Urkunde...