Leitsatz
Ein Schuldner, der sich in einer notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterworfen hat, kann sich im Klauselerinnerungsverfahren nicht darauf berufen, die Unterwerfungserklärung sei wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam.
BGH, 16.4.2009 – VII ZB 62/08
1 I. Der Fall
"Angriff gegen Rechtsnachfolgeklausel"
Der Schuldner wendet sich gegen die Erteilung einer Vollstreckungsklausel für eine notarielle Urkunde, aus der die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung aus übertragenem Recht betreibt. Die Gläubigerin ist eine GmbH, die als Treuhänderin eines amerikanischen Finanzinvestors eingesetzt ist. Zur Sicherung einer Darlehensschuld bestellte der Schuldner zugunsten der C. Bank AG als Darlehensgeberin eine Sicherungsbuchgrundschuld über 100.000 DM an seinem Grundstück. In der Grundschuldbestellungsurkunde, in der die C. Bank AG als "nachstehend: Bank" bezeichnet wird, unterwarf sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Die C. Bank AG trat die Darlehensforderung und Grundschuld an die N. Hypotheken- und Wechselbank ab, die mit der D. Hypothekenbank verschmolzen wurde und sodann unter dem Namen E. AG firmierte. Letztere trat die Darlehensforderung und die Grundschuld unter Bewilligung der Eintragung der Abtretung der Grundschuld an die Gläubigerin ab. Diese wurde ins Grundbuch eingetragen.
Die Gläubigerin beantragte beim zuständigen Notar die Erteilung einer auf sie lautenden Vollstreckungsklausel als Rechtsnachfolgerin. Diese wurde ihr erteilt. Auf Betreiben der Gläubigerin ordnete das AG die Zwangsversteigerung der Wohnungseigentumsrechte des Schuldners an. Die Zwangsversteigerung erfolgt u. a. aus der vollstreckbaren Urkunde. Der Schuldner hat gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel Erinnerung eingelegt, in der er sich insbesondere darauf berufen hat, dass die Abtretung an die Gläubigerin unwirksam sei, weil sie keine "Bank" im Sinne von § 19 KWG sei.
Das AG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das LG Hamburg (FoVo 2008, 123) die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde für unzulässig erklärt.
2 II. Die Entscheidung
Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hatte sich der BGH mit dem Fall zu befassen und stellt die amtsgerichtliche Entscheidung wieder her.
Nur formelle Einwendungen im Erinnerungsverfahren
Der angegriffene Beschluss ist bereits deswegen rechtsfehlerhaft, weil das Beschwerdegericht aus materiellrechtlichen Erwägungen der Klauselerinnerung stattgegeben hat. Denn im Verfahren nach § 732 ZPO kann der Schuldner in begründeter Weise grundsätzlich nur Einwendungen gegen eine dem Gläubiger erteilte Klausel erheben, die Fehler formeller Art zum Gegenstand hat (st. Rspr., vgl. BGH NJW-RR 2004, 1718; BGH InVo 2006, 23; BGH NJW-RR 2006, 567). Der Hinweis, die Unterwerfungserklärung sei nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, ist keine derartige Einwendung.
Das hat der Notar zu prüfen …
Der Notar hat nach allgemeinen Regeln zu prüfen, ob ein formell wirksamer Titel mit vollstreckungsfähigem Inhalt vorliegt, und im Falle der Rechtsnachfolge, ob diese, soweit sie nicht offenkundig ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen ist (§ 727 Abs. 1 ZPO). Das ist der Fall. Die Grundschuldbestellung und die Unterwerfungserklärung sind durch Urkunde des Notars festgestellt, die Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite durch weitere Urkunde des Notars.
… und das nicht!
Eine weitergehende Prüfungsbefugnis steht dem Notar, dessen Funktion nach § 797 Abs. 2 ZPO hierbei der eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 724 Abs. 2 ZPO) entspricht, nicht zu. Die Prüfung eines Verstoßes der Unterwerfungserklärung gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt eine umfassende materiellrechtliche Würdigung voraus, zu der der Notar (§ 797 ZPO) ebenso wenig wie der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (§ 724 ZPO) berufen ist (so auch Binder/Piekenbrock, WM 2008, 1816, 1817).
Konkret: Auch keine evidente Unwirksamkeit
Offen bleiben kann weiterhin, ob von dem Grundsatz, dass materiellrechtliche Einwendungen unberücksichtigt bleiben, eine Ausnahme zu machen ist, wenn die die Einwendung begründenden Voraussetzungen – wie etwa die einer Nichtigkeit gemäß § 134 BGB oder die einer Unwirksamkeit gemäß § 307 BGB – evident sind. Dies bedarf hier keiner Entscheidung. Denn sowohl die Frage, ob eine AGB vorliegt, als auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Klausel in AGB gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstößt, erfordern eine eingehende materiellrechtliche Beurteilung, die sich einer Evidenzkontrolle des Notars oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle verschließt.
3 III. Der Praxistipp
Abgrenzung der Rechtsmittel hat Bestand
Der BGH bestätigt die formale Abgrenzung der Rechtsmittel untereinander und tritt Bestrebungen entgegen, diese Grenzen aufzuweichen. Materiellrechtliche Einwendungen sind grundsätzlich mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen. Diesen Weg wird der Schuldner nun zu bestreiten haben. Erst in diesem Verfahren wird dann die eigentliche Frage geklärt werd...