Was ist mit allen laufenden Pfändungen?
Zum 1.7.2010 ist die Reform der Kontopfändung in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt ist eine Vielzahl von Girokonten gepfändet worden. Die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, die bis zum 30.6.2010 erlassen wurden, gelten über das Inkrafttreten fort. Es fragt sich nun, ob der Schuldner auch bei laufenden Pfändungen seinen Pfändungsschutz auf das P-Konto umstellen kann bzw. ob der Schuldner abwarten darf, bis ein Konto gepfändet ist, um sich dann noch den Pfändungsschutz zu beschaffen.
P-Konto auch noch nach der Pfändung
§ 850k Abs. 1 S. 3 ZPO regelt den Fall, dass der Gläubiger die Kontopfändung ausbringt und es sich bei dem gepfändeten Konto noch nicht um ein Pfändungsschutzkonto handelt. Dies hat zunächst zur Folge, dass bis zum 31.12.2011 der Schuldner den bisherigen Pfändungsschutz in Anspruch nehmen kann, soweit er nicht noch ein weiteres Konto hat, welches bereits als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Nach diesem Zeitpunkt besteht kein Pfändungsschutz mehr. Allerdings gibt § 850k Abs. 7 S. 3 ZPO das Recht, auch noch nach der Pfändung des Kontos dessen Umwandlung in ein Pfändungsschutzkonto binnen vier Geschäftstagen zu verlangen. Insbesondere nach dem Wegfall des bisherigen Pfändungsschutzsystems zum 31.12.2011 wird vermehrt mit solchen Anträgen zu rechnen sein.
Die Schuldnerfrist: Vier Wochen
§ 850k Abs. 1 S. 3 ZPO n.F. hat also zur Folge, dass der Schuldner auch noch nachträglich den Pfändungsschutz des P-Kontos erlangen kann. Voraussetzung ist, dass das Verlangen und die Umwandlung binnen vier Wochen seit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfolgen. Dies muss der Gläubiger ggf. kontrollieren. Soweit der Schuldner passiv bleibt und die Fristen versäumt, kann er also keinen Pfändungsschutz genießen.
Besondere Härtefälle wird die Rechtsprechung auch hier über § 765a ZPO lösen können. Dies darf aber nicht dazu führen, dass die gesetzliche Regelung unterlaufen wird. Der Gläubiger wird bei entsprechenden Anträgen darauf zu achten haben, dass der Schuldner zwingend nachweist, dass er ohne Verschulden gehindert war, die Fristen einzuhalten. Allein die Fristversäumung reicht also nicht, um einen Schutzantrag nach § 765a ZPO zu rechtfertigen. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 765a ZPO sind selbstverständlich zu prüfen.
Keine verfrühte Freude
Hat der Schuldner in dieser Weise sein Pfändungsschutzkonto umgewandelt, so gelten die vorstehenden Ausführungen zum Pfändungsschutz uneingeschränkt auch für dieses Konto.
Allein der Umstand, dass der Gläubiger ein Konto gepfändet hat, ist also noch kein Anlass anzunehmen, dass auch eine erfolgreiche Pfändung gelungen ist. Dies wird nur dann der Fall sein, wenn der Schuldner bereits über ein Pfändungsschutzkonto verfügt und ihm damit nach § 850k Abs. 8 ZPO n.F. der Weg versperrt ist, um ein weiteres Pfändungsschutzkonto zu eröffnen.
Für Schuldner, deren Verhalten auf Manipulation angelegt ist, wird allerdings auch dies kein Hindernis sein. Sie können nämlich dann ihr bisheriges P-Konto abräumen und auflösen, um das weiter gepfändete Girokonto dann in ein P-Konto umzuwandeln, § 850k Abs. 7 S. 2, Abs. 1 S. 3 ZPO. Kommt es dann nicht einmal zu einer Anrechnung der Vorausverfügungen nach § 850k Abs. 4 i.V.m. § 850e ZPO analog (siehe oben), ist die Manipulation perfekt.
Die dem Schuldner zur Verfügung stehende Frist von vier Wochen entspricht der Frist des § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO n.F., d.h. der Frist, in der ohnehin keine Auszahlung an den pfändenden Gläubiger erfolgen darf.
Voller Schutz ohne Gläubigerinformation
Ein weiteres Problem hat der Gesetzgeber übersehen: Der Schuldner kann ein P-Konto noch einrichten, ohne dass der Gläubiger davon eine Information erhält.
Der Gläubiger pfändet am 2.8.2010 das Girokonto des Schuldners. Es handelt sich nicht um ein P-Konto. Das Guthaben beträgt 800 EUR. Dies teilt der Drittschuldner dem Gläubiger auch mit der nach § 840 ZPO erforderlichen Drittschuldnererklärung in der dort normierten Frist von zwei Wochen am 16.8.2010 mit. Der Gläubiger erwartet nun also die Auszahlung der 800 EUR nach Ablauf der Wartefrist von vier Wochen nach § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO, d.h. am 31.8.2010. Am 19.8.2010 hat der Schuldner jedoch bei seinem Kreditinstitut die Umwandlung seines Girokontos in ein P-Konto verlangt, was bis zum 24.8.2010 auch erfolgt, so dass der Drittschuldner an den Gläubiger keine Zahlungen leistet (§ 850k Abs. 1 ZPO n.F., 800 EUR liegt unter dem Freibetrag von 985,15 EUR). Auf Nachfrage des Gläubigers reagiert das Kreditinstitut nicht.
Gläubiger wird vom Gesetzgeber allein gelassen
Der Fall zeigt, dass der Gläubiger hier vom Gesetzgeber allein gelassen wird. Die Drittschuldnerauskunft war zum maßgeblichen Zeitpunkt richtig, vollständig und fristgerecht. Eine erneute Mitteilung sieht das Gesetz nicht vor. Anlass, bei dem Schuldner Informationen einzuziehen (§ 836 Abs. 3 ZPO), hat der Gläubiger nicht. Insbesondere kann es nicht seine Aufgabe sein, den Schul...