Leitsatz
Es bestehen keine Auskunftsrechte des Gläubigers nach Pfändung und Überweisung eines Kaufpreisanspruchs gegen den mit dem Vollzug des Kaufvertrags beauftragten Notar.
LG Bremen, Beschl. v. 19.5.2020 – 4 T 105/20
1 I. Der Fall kurz zusammengefasst
Der Gläubiger als Beschwerdeführer pfändete den Kaufpreisanspruch des Schuldners aus einem von dem Beschwerdegegner im Jahr 2012 notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag in Höhe von rd. 71.000 EUR. Der Käufer und Drittschuldner – zugleich Bruder des Schuldners –, dem der PfÜB am 5.3.2020 zugestellt wurde, teilte dem Gläubiger mit, dass ihm der Anspruch bereits am 9.3.2012 abgetreten worden sei. Der Vollzug der Urkunde ist aber in der Folge zum Ruhen gekommen.
Gläubiger will Auskunft von dem Notar
Der Gläubiger hat von dem Schuldner und dem Drittschuldner über den Stand der Durchführung des Kaufvertrages teilweise keine bzw. widersprüchliche Auskünfte erhalten. Da er somit über den Stand der Kaufvertragsdurchführung im Unklaren sei, begehre er wegen dieses Kaufpreisanspruchs, aber auch wegen des jetzt von ihm auch gepfändeten Rechts auf Rücktritt vom Kaufvertrag, den er unverzüglich erklären werde, von dem Notar als Beschwerdegegner Auskunft über den Stand der Dinge.
Nachdem der Notar die Auskunft unter Hinweis auf seine Amtsverschwiegenheit nach § 18 BnotO verweigert, verfolgt der Gläubiger sein Begehren mit der Beschwerde nach § 15 Abs. 2 BnotO weiter.
2 II. Aus der Entscheidung
Verweigerte Amtshandlung
Die Beschwerde ist gemäß § 15 Abs. 2 BNotO statthaft und auch ansonsten zulässig. Der Gläubiger begehrt vom Beschwerdegegner in dessen Eigenschaft als Notar eine Amtshandlung. Deren Vornahme verweigert dieser. Der Beschwerdeführer hat daher ein rechtliches Interesse an einer Entscheidung des angerufenen Landgerichts nach § 15 Abs. 2 BNotO.
Kein Auskunftsanspruch als Nebenrecht
Dem Beschwerdeführer steht ein Anspruch gegen den Beschwerdegegner auf Erteilung der begehrten Auskünfte nicht zu. Die Pfändung eines Rechts erstreckt sich zwar auch auf Nebenforderungen wie Zinsen und Auskunftsansprüche (usw.), die dem gepfändeten Recht inhärent sind, sowie auf Rechte, die mit dem gepfändeten Recht in einem Verhältnis der Akzessorietät stehen oder aufgrund Gesetzes durch die Forderungspfändung begründet werden (vgl. Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 929 Rn 20; Müko-ZPO, 5. Aufl., § 829 Rn 44; Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 829 Rn 21). Dem vom Beschwerdeführer seinem Vortrag zufolge gepfändeten Kaufpreisanspruch waren jedoch Auskunftsansprüche gegen den Beschwerdegegner im Hinblick auf den Vollzug des Kaufvertrages weder inhärent, noch war er mit solchen akzessorisch verbunden, noch hatte die Pfändung solche Rechte begründet.
Keine gesetzlichen Auskunftsrechte
Soweit der Beschwerdeführer Auskunftsrechte qua Pfändung erworben hat, richten diese sich nicht gegen den Beschwerdegegner, sondern entweder als Bestandteil des gepfändeten Anspruchs gegen den Schuldner … oder, kraft Forderungspfändung gemäß § 840 ZPO entstanden, gegen den Drittschuldner …
Kein Auskunftsanspruch aus Verkäufersicht
Etwaige Auskunftsansprüche des Verkäufers … gegenüber dem Beschwerdegegner hingehen wurden durch die Pfändung nicht erfasst. Diese haben ihre Grundlage allein in dem durch den Vollzugsauftrag der Gebrüder … und dessen Annahme durch den Beschwerdegegner gemäß § 24 BNotO begründeten Rechtsverhältnis. Diese Rechte sind demgemäß weder dem Kaufpreisanspruch inhärent noch aufgrund einer Akzessorietät mit dem Schicksal des gepfändeten Kaufpreisanspruchs verbunden. Und auch ist ein solches Recht nicht – anders als etwa das Recht auf Drittschuldnerauskunft nach § 840 ZPO – zugunsten des Beschwerdeführers durch die Pfändung begründet worden.
Kein Anspruch auf nachbeurkundliche Verfahrenshandlung
Auch steht dem Gläubiger kein Anspruch auf die begehrte Amtshandlung zu unter dem Gesichtspunkt einer nachbeurkundlichen Verfahrenshandlung als Teil einer Urkundstätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 BNotO (vgl. BeckOK-BNotO/Stand 1.4.2020, § 15 Rn 20 ff.), deren Verweigerung ohne sachlichen Gründe einem Notar verboten ist und auf deren Vornahme demgemäß ein Beurkundungsbeteiligter einen nach § 15 Abs. 2 BNotO gerichtlich erstreitbaren Anspruch hat. Denn zum einen stellt die vom Notar abgeforderte Auskunftshandlung schon keine nachbeurkundliche Verfahrenshandlung dar, weil es nicht der Notar war, der den Kaufvertrag beurkundet hat. Er ist vielmehr nur mit der Vollzugsdurchführung und -überwachung im Rahmen eines ihm angetragenen und von ihm angenommenen gesonderten Vollzugsauftrages nach § 24 BNotO betraut worden, eines Auftrages, der Handlungsansprüche der Beteiligten und -pflichten des Notars nur zwischen den an der freiwilligen Begründung eines solchen Rechtsverhältnisses Beteiligten entstehen lässt. Und auch war zum anderen der Gläubiger an der Beurkundung des Kaufvertrages weder tatsächlich noch formell beteiligt, so dass auch nicht unter diesem Gesichtspunkt dem Gläubiger Auskunftsrechte gegen den nunmehr mit der Durchführung des Kaufvertrages betrauten Beschwerdegegner in irgendeiner Form erwa...