Der Gesetzgeber senkt die Umsatzsteuer
Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 1.7. und befristet bis zum 31.12.2020 die Umsatzsteuer nach § 12 UStG abgesenkt (BGBl I 2020, S. 1512). Soweit für Rechtsdienstleister, d.h. Rechtsanwälte und Inkassounternehmen, relevant, wurde der Regelsteuersatz in § 12 Abs. 1 UStG für den genannten Zeitraum von 19 auf 16 Prozent abgesenkt. Das ist aus Sicht des Forderungsmanagements nicht einfach umzusetzen, weil es sich meist um Dauerleistungen handelt, die vor dem Absenkungszeitraum begonnen, aber auch darüber hinweg erbracht und erst nach dessen Ablauf beendet werden. Nachfolgend soll ein Überblick für den Standardfall gegeben werden. Es können daneben aber viele spezielle Konstellationen zu beachten sein. Hier sind die Steuerberater gefordert.
Zwei Sachverhalte sind zu prüfen
Aus Sicht des Rechtsdienstleisters ist einerseits das Vergütungsverhältnis mit dem Mandanten zu betrachten. Hier muss beurteilt werden, welcher Umsatzsteuersatz dem Mandanten in Rechnung zu stellen ist. Dies ist sicher einfach mit 16 % zu berechnen, wenn das Mandat ab dem 1.7.2020 angenommen und vor dem 31.12.2020 erledigt wurde. Alle anderen Konstellationen sind nicht so einfach zu berechnen und können zu mehreren Umsatzsteuersätzen führen.
Neben dem Vergütungsverhältnis ist aber andererseits insbesondere auch das Erstattungsverhältnis zu betrachten. In der Regel wird der Auftrag nämlich dahin lauten, dass nicht nur die Hauptforderung nebst Zinsen und Mahnspesen beim Schuldner eingezogen werden soll, sondern auch die weiteren Rechtsverfolgungskosten. Der Schuldner hat dann aber nur den Schaden zu tragen, der dem Gläubiger auch tatsächlich entstanden ist.
Hinweis
Die Praxis kann das Problem also über den 31.12.2020 hinaus sehr viel länger beschäftigen, weil sich die Fragestellungen in länger dauernden Mandaten nicht zwingend durch Festsetzung abschließend lösen lassen, etwa in der außergerichtlichen Langzeitüberwachung ohne Titel oder in der Zwangsvollstreckung.
Beispiel
Der Auftrag wurde ab dem 1.7.2020 erteilt und in der Folge ist vor dem 31.12.2020 die Geschäftsgebühr entstanden. Hierauf entfällt die Umsatzsteuer von 16 %, auch wenn die Geschäftsgebühr erst 2022 gegenüber dem Schuldner und dem Mandanten abgerechnet wird.
Vorsteuerabzugsberechtigung oder nicht?
Die erste Frage, die sich der Rechtsdienstleister in Bezug auf das Erstattungsverhältnis stellen muss, ist, ob der eigene Mandant im Hinblick auf die beauftragte Angelegenheit vorsteuerabzugsberechtigt ist. Ist dies der Fall, ist nur das Vergütungsverhältnis zu betrachten. Da der Mandant die auf die Vergütung des Rechtsdienstleisters anfallende Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen kann, ist ihm insoweit kein Schaden entstanden. Der Schuldner hat keine Umsatzsteuer zu ersetzen.
Hinweis
In diesem Fall muss auch keine Informationspflicht nach § 11a Abs. 1 S. 1 Nr. 6 RDG erfüllt werden, weil diese nur greift, wenn Umsatzsteuer geltend gemacht wird.
Anders verhält es sich dagegen, wenn keine Vorsteuerabzugsberechtigung vorliegt. In diesem Fall ist ein Schaden in Höhe der vom Mandanten an den Rechtsdienstleister zu erstattenden Umsatzsteuer entstanden, der geltend zu machen ist, wenn ein entsprechender materiell-rechtlicher oder prozessualer Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten besteht.
Hinweis
Ein solcher Anspruch kann sich materiell-rechtlich aus Verzug (§§ 280, 286 BGB), aus unerlaubter Handlung (§§ 823, 826 BGB) oder auch aus Vertrag ergeben. In prozessualer Hinsicht können sich Erstattungsansprüche aus den §§ 91 ff., 788 ZPO, § 4 Abs. 4 RDGEG ergeben. Während die materiell-rechtlichen Erstattungsansprüche in der Regel schon vor der Beauftragung gegeben sind, entstehen die prozessualen Kostenerstattungsansprüche meist erst während der Forderungseinziehung.
Wann entsteht die Umsatzsteuer?
Wann die Umsatzsteuer entsteht und abzuführen ist, ist grundsätzlich in § 13 UStG geregelt. Dabei ist im wirtschaftlichen Ergebnis nach der Sollbesteuerung (§ 16 Abs. 1 UStG) und der Ist-Besteuerung (§ 20 UStG) zu unterscheiden. Der Rechtsanwalt unterliegt als Freiberufler in der Regel der Ist-Besteuerung. In beiden Fällen entsteht die Umsatzsteuer in dem Voranmeldungszeitraum, in dem die steuerpflichtige Leistung erbracht wurde.
Entstehen oder Fälligkeit?
Handelt es sich nicht um eine Tätigkeitsgebühr – wie etwa bei Nr. 3308 VV RVG für die Beantragung des Vollstreckungsbescheides oder die Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV RVG mit dem Abschluss der Einigung –, ist der Zeitpunkt der Erbringung der Leistung nicht schwer zu bestimmen. Für die weiteren Gebühren ist dies schwerer zu entscheiden. Es kann auf das Entstehen oder aber die Fälligkeit abgestellt werden. Die Verfahrensgebühren und die Geschäftsgebühr entstehen mit der ersten auf die Auftragserledigung gerichteten Tätigkeit, in der Regel also mit der Informationsbeschaffung im Kontext der Beauftragung. Dagegen wird die Vergütung nach § 8 RVG erst fällig mit der Beendigung der Angelegen...