LG folgt der Argumentation des Inkassodienstleisters
Die gemäß § 793 i.V.m. §§ 567 S. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des AG, der das AG nicht abgeholfen hat, hat in der Sache vorläufigen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das AG, das unter Beachtung der nachfolgenden Rechtsauffassung der Kammer inhaltlich nochmals über die Erinnerung der Gläubigerin zu befinden hat. Hierzu im Einzelnen:
GV muss Auftrag mit Vollstreckungskosten ausführen
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des AG ist begründet, da der GV die Vollstreckung in ihrem beantragten Umfang durchzuführen hat. Die Vertretungsgebühr für das Zwangsvollstreckungsverfahren in Höhe von 18 EUR (analog Nr. 3309 VV RVG) ist entgegen der Auffassung des GV sowie des AG gemäß § 4 Abs. 4 RDGEG, § 13d RDG, §§ 788, 91 ZPO grundsätzlich erstattungsfähig.
Gesetz gibt die Antwort
Die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs nach § 4 Abs. 4 RDGEG liegen hier vor. Bei der Gläubigerin handelt es sich um ein Inkassounternehmen und damit um eine registrierte Person i.S.d. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG. Sie ist daher gemäß § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO zur Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren grundsätzlich berechtigt.
Eigenvertretung schließt Erstattungsanspruch nicht aus
Der unstreitige Umstand, dass die Gläubigerin selbst Inhaberin der beigetriebenen Forderung geworden ist, schließt den Erstattungsanspruch nach § 4 Abs. 4 RDGEG entgegen der Ansicht des AG nicht aus. Denn von dem Begriff der "Vertretung" i.S.d. § 4 Abs. 4 RDGEG sind sowohl Fälle der Fremd- als auch der Eigenvertretung umfasst. Der Wortlaut der Vorschrift lässt eine Beschränkung auf die Fremdvertretung schon nicht zu.
Auch der Gesetzgeber hat von einer solchen Differenzierung abgesehen, obschon ihm ausweislich des § 2 Abs. 2 RDG beide Konstellationen bekannt waren (vgl. schon LG Darmstadt DGVZ 2017, 93). Schließlich ist mit dem am 1.10.2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht (vgl. zu den Einzelheiten BT-Drucks 19/290348) bezweckt worden, die teilweise noch immer vorhandene, aber nicht sachgerechte Ungleichbehandlung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten einerseits sowie Inkassodienstleistern andererseits abzuschaffen. Hiermit wäre es aber nicht zu vereinbaren, wenn der hiesigen Gläubigerin als Inkassodienstleisterin die Geltendmachung der Verfahrensgebühr versagt würde.
Gebühr ist bei Eigenvertretung dem Grunde und der Höhe nach notwendig
§ 4 Abs. 4 S. 1 RDGEG bestimmt, dass sich die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen, für die Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 788 i.V.m. § 91 ZPO richtet. Die vorliegend geltend gemachte Vergütung ist danach erstattungsfähig, soweit sie notwendig war. Dies ist hier gegeben. Die Obergrenze des Erstattungsanspruchs, welche sich nach der Höhe einer einem Rechtsanwalt nach dem RVG geschuldeten Vergütung beschränkt (vgl. Deckenbrock/Henssler/Seichter, RDG, 5. Aufl. 2021, § 4 Rn 37), wurde nicht überschritten. Ferner ist die Vertretungsgebühr auch in Fällen der Eigenvertretung notwendig i.S.v. § 788 ZPO und damit erstattungsfähig.
Die Vorschrift verweist für die Bestimmung der Notwendigkeit auf § 91 ZPO. Gemäß § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sind dem Rechtsanwalt, der in eigener Sache tätig wird, die Gebühren und Auslagen ebenso wie einem bevollmächtigten Rechtsanwalt zu erstatten. Der Verweisungskette der § 4 Abs. 4 RDGEG, §§ 788, 91 ZPO folgend ist diese Regelung entsprechend auf Inkassodienstleister anzuwenden. Anhaltspunkte dafür, dass insbesondere § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO von dem umfänglichen Verweis ausgenommen werden sollte, liegen nicht vor. Vielmehr war es gerade die Absicht des Gesetzgebers, durch die Einführung des RDG bzw. des RDGEG die Inkassodienstleister in den definierten Tätigkeitsfeldern Rechtsanwälten möglichst gleichzustellen, auch um eine Entlastung Letzterer herbeizuführen. Dem würde es jedoch gerade zuwiderlaufen, wenn Inkassodienstleistern die Kostenerstattung bei Eigenvertretungen verwehrt bliebe, da hierdurch die Rentabilität eines wesentlichen Teils ihres Geschäftsmodells – insbesondere treuhänderische Abtretungen und Forderungskäufe – nicht unerheblich gemindert würde (vgl. hierzu auch LG Darmstadt DGVZ 2017, 93).
Schuldner wird nicht benachteiligt
Letztlich tritt hierdurch auch aus Sicht des Schuldners keine Verschlechterung seiner rechtlichen Stellung ein. Ob der Gläubiger seine Forderung an einen Rechtsanwalt oder einen Inkassodienstleister abtritt, ist für ihn grundsätzlich ohne Belang. Höhere Vergütungskosten durch Beitreibung eines Inkassodienstleisters hat er jedenfalls nicht zu befürchten.
Zurückverweisung wegen Verfahrensmängeln
Da das AG schon die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Vertretungsgebühr verneint hat, war der Beschluss aufzuheben.
Die Sache war zudem zur erneuten En...