Leitsatz

Ansprüche eines GmbH-Geschäftsführers und Mehrheitsgesellschafters auf fortlaufende Ruhegeldzahlungen aus einem mit der GmbH geschlossenen Pensionsvertrag sind nach § 850 Abs. 2 ZPO als Arbeitseinkommen anzusehen und nach Maßgabe der Tabelle als Anlage zu § 850c Abs. 3 ZPO pfändbar.

BGH, Beschl. v. 16.11.2016 – VII ZB 52/15

1 I. Der Fall

Pfändung in Pensionszusage

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung in Höhe von ca. 2.000.000 EUR. Der Schuldner war alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der jetzt in Liquidation befindlichen Drittschuldnerin und ist ihr Liquidator. 1993 hatte der Schuldner mit der Drittschuldnerin einen Pensionsvertrag geschlossen, mit dem er gegenüber der Drittschuldnerin einen Anspruch auf Altersrente erwarb. Die Drittschuldnerin schloss daraufhin mehrere Lebensversicherungen zugunsten des Schuldners als versicherter Person als Rückdeckungsversicherungen ab. Dem Schuldner wurden jeweils erstrangige Pfandrechte eingeräumt.

Nach Ablauf der Rückdeckungsversicherungen wurden die Versicherungssummen an die Drittschuldnerin ausgezahlt. Das Empfängerkonto ist an den Schuldner bzw. dessen Ehefrau verpfändet. Die Drittschuldnerin ist nur gemeinsam mit dem Schuldner und dessen Ehefrau verfügungsbefugt.

Ab Oktober 2008 leistete die Drittschuldnerin an den Schuldner die vereinbarte Altersrente von 50 % des vor dem Ausscheiden zuletzt bezogenen monatlichen Gehalts, dies entspricht 8.300 EUR brutto. Die Gläubigerin erwirkte vor dem LG eine einstweilige Verfügung, mit der dem Schuldner untersagt wurde, die Beträge von der Drittschuldnerin einzuziehen. Auf Antrag der Gläubigerin hat das AG einen Pfändungsbeschluss erlassen, mit dem Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin aus dem Pensionsvertrag gerichtet auf Auszahlung von Pensionsleistungen oder anderen Altersbezügen in Höhe von 8.300 EUR je Monat und/oder auf Auszahlung von Guthaben auf Konten der Drittschuldnerin, insbesondere bei der C. Bank, Filiale H., Konto Nr. … , einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge aus dem gleichen Rechtsgrund, gepfändet worden sind.

AG gewährte Pfändungsschutz nach § 851c ZPO

Hiergegen hat der Schuldner Erinnerung eingelegt und beantragt, den Pfändungsbeschluss dahin abzuändern, dass die Leistungen der Drittschuldnerin aus Pensionszusagen nur nach Maßgabe von § 851c ZPO i.V.m. der Tabelle zu § 850c Abs. 3 ZPO in der jeweils gültigen Fassung gepfändet werden könnten. Das AG ist dem gefolgt. Das LG hat die Entscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass Pfändungsschutz nach § 850 Abs. 2 ZPO i.V.m. der Tabelle zu § 850c Abs. 3 ZPO besteht.

2 II. Die Entscheidung

BGH klärt Pfändungsgegenstand

Das LG hat angenommen, Gegenstand der Pfändung der Gläubigerin seien nur Ansprüche aus dem zwischen dem Schuldner und der Drittschuldnerin geschlossenen Pensionsvertrag sowie den diesen betreffenden Nachtragsvereinbarungen und den damit im Zusammenhang stehenden Gesellschafterbeschlüssen und nicht die dem Schuldner verpfändeten Ansprüche aus den von der Drittschuldnerin zu seinen Gunsten geschlossenen Rückdeckungslebensversicherungen. Hiergegen erinnert die Gläubigerin nichts. Diese Erwägungen begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

Pensionszusagen sind Arbeitseinkommen

Zutreffend geht das LG weiter davon aus, dass die Ansprüche des Schuldners aus dem mit der Drittschuldnerin geschlossenen Pensionsvertrag und den diesen betreffenden Nachtragsvereinbarungen nach § 850 Abs. 2 ZPO als Arbeitseinkommen anzusehen und nur nach Maßgabe der Tabelle als Anlage zu § 850c Abs. 3 ZPO pfändbar sind.

Was alles zum Arbeitseinkommen zählt

Gemäß § 850 Abs. 2 ZPO sind Arbeitseinkommen im Sinne dieser Vorschrift die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten, Arbeits- und Dienstlöhne, Ruhegelder und ähnliche nach dem einstweiligen oder dauernden Ausscheiden aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis gewährte fortlaufende Einkünfte, ferner Hinterbliebenenbezüge sowie sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen. Als Arbeitseinkommen gelten auch sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen. Vergütungen für Dienstleistungen werden dabei unabhängig davon erfasst, ob die Entgelte aufgrund eines freien oder abhängigen Dienstvertrags gewährt werden. Wesentlich ist vielmehr, dass es sich um wiederkehrend zahlbare Vergütungen für selbstständige oder unselbstständige Dienste handelt, die die Existenzgrundlage des Dienstpflichtigen bilden (vgl. BGH NJW-RR 2004, 644; BGH NJW-RR 1989, 286, 287; BGHZ 96, 324, 327; BGH NJW 1978, 756; BAG NJW 1962, 1221; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 850 Rn 9; MüKoZPO/Smid, 5. Aufl., § 850 Rn 21; Musielak/Voit/Becker, ZPO, 13. Aufl., § 850 Rn 4; Schuschke/Walker/Kessal-Wulf/Lorenz, ZPO, 6. Aufl., § 850 Rn 9). Zum Arbeitseinkommen gehören auch Ruhegelder, die nach Ausscheiden aus dem Dien...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?