Leitsatz
1. Der Gläubiger kann Nachbesserung einer eidesstattlichen Versicherung hinsichtlich einer Forderung verlangen, sofern deren Pfändbarkeit nicht völlig ausgeschlossen und das Nachbesserungsverlangen damit nicht als mutwillig oder schikanös anzusehen ist.
2. Der Herausgabeanspruch des S gegen einen Dritten, auf dessen Konto Einnahmen des S eingehen, die von dem Dritten treuhänderisch verwaltet werden, ist pfändbar. Ein die Pfändung ausschließender Pfändungsschutz existiert nicht.
3. Der Gläubiger kann Nachbesserung verlangen, wenn der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt hat.
BGH, 20.11.2008 – I ZB 20/06
1 I. Der Fall
Schuldnerin muss eV abgeben
Die Gläubigerin (G) betreibt aus einem Vollstreckungsbescheid die Vollstreckung gegen die Schuldnerin (S), die die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. In ihrem Vermögensverzeichnis hat sie unter anderem angegeben, sie gewähre zwei – 1990 und 1991 geborenen – Kindern Naturalunterhalt. Weiterhin hat sie angegeben, sie beziehe wöchentliches Arbeitslosengeld in Höhe von 201,53 EUR sowie Kindergeld in Höhe von monatlich 308 EUR. Die Frage nach Konten hat sie verneint und angegeben, dass das Arbeitslosengeld auf das Konto ihres Sohnes eingezahlt werde.
Schuldnerin verschweigt genutztes Konto eines Dritten
Die G hat geltend gemacht, dass die S ihr Vermögensverzeichnis dahingehend zu ergänzen habe, dass sie das Konto ihres Sohnes, die Anschrift des Sohnes sowie den Vertretungsberechtigten mitteilen müsse. Der GV hat es abgelehnt, die Schuldnerin zur Nachbesserung zu laden. AG und LG haben die Erinnerung und die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde ändert der BGH die Entscheidungen.
2 II. Die Entscheidung
Gläubiger hat grundsätzlich Rechtsschutzbedürfnis für eV
Dem Auftrag der G zur Einholung einer Nachbesserungserklärung fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, welches für Maßnahmen im Verfahren der eidesstattlichen Versicherung nur in Ausnahmefällen fehlt, wenn die Vermögenslosigkeit des S von vornherein feststeht (BGH NJW 2004, 2905; BVerfGE 61, 126, 134).
Beurteilung der Unpfändbarkeit liegt allein beim Gläubiger
Die Pflicht des S zur Vermögensoffenbarung erfasst nach ihrem Zweck nicht nur Forderungen, deren Pfändbarkeit von vornherein zweifelsfrei feststeht. Hiergegen spricht schon, dass nach § 807 Abs. 2 Satz 2 ZPO von der Offenbarungspflicht nur offensichtlich unpfändbare Sachen ausgenommen sind. Eine vergleichbare Regelung für unpfändbare Forderungen besteht nicht. Grundsätzlich sind auch unpfändbare Gegenstände anzugeben; denn die Beurteilung der Unpfändbarkeit liegt nicht beim S. Es reicht deshalb aus, dass die Pfändbarkeit jedenfalls nicht völlig ausgeschlossen erscheint und das Nachbesserungsverlangen damit nicht als mutwillig oder schikanös anzusehen ist.
Herausgabeanspruch gegen Kontoinhaber ist pfändbar
Die S hat gegen ihren Sohn, dem ihr Arbeitslosengeld als Treuhänder überwiesen wird, einen Anspruch auf Auszahlung. Diese Forderung ist grundsätzlich pfändbar (vgl. Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 829 ZPO Rn 15). Es greift weder der Pfändungsschutz für Sozialleistungen noch der Kontopfändungsschutz ein.
Es greift kein spezieller Pfändungsschutz
Arbeitslosengeld ist gemäß § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen pfändbar (NJW-RR 2004, 1439, 1440; Musielak/Becker, ZPO, 6. Aufl., § 850i Rn 23). Es gelten daher die Regelungen zu den Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO und zum notwendigen Lebensunterhalt nach § 850f Abs. 1 lit. a ZPO. Allerdings geht der Pfändungsschutz mit der Überweisung auf das von der Schuldnerin angegebene Konto unter. Denn damit erlischt der Anspruch der Schuldnerin auf die Sozialleistungen durch Erfüllung (BGH NJW 2005, 1863 zum Arbeitseinkommen; OLG Frankfurt OLGR 2000, 39, 40).
Der Kontopfändungsschutz nach § 55 Abs. 1 und 4 SGB I greift nicht ein. Danach ist jegliche Sozialgeldleistung, die auf ein Giro- oder Sparkonto des Berechtigten bei einem Geldinstitut überwiesen wird, für die Dauer von sieben Tagen unpfändbar. Im Streitfall geht es jedoch nicht um die Pfändung des Kontos des Sohnes der Schuldnerin, sondern nur um die Pfändung des Anspruchs der Schuldnerin gegen ihren Sohn auf Auszahlung. Der Kontopfändungsschutz gilt außerdem nur für Konten des Schuldners. Wird die Leistung auf ein Drittkonto überwiesen, greift der Schutz nicht ein, selbst wenn der Berechtigte Bankvollmacht hat (vgl. Musielak/Becker a.a.O. § 850i Rn 28; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 850i Rn 49; Kessal-Wulf, in: Schuschke/Walker a.a.O. § 850k Rn 3). Anhaltspunkte dafür, dass das Konto des Sohnes in Wahrheit als echtes Fremdkonto der Schuldnerin anzusehen ist, bestehen nicht (BGH NJW 1988, 709). Auch eine entsprechende Anwendung des § 850k ZPO kommt nicht in Betracht (BGH NJW 2007, 2703).
§ 765a ZPO ist allerdings zu beachten
Allerdings kann Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO gewährt werden, wenn ein Gläubiger den dem Schuldner zustehenden Auszahlungsans...