Leitsatz
1. Die zur Verfügung gestellte Privatnutzung eines Pkws ist eine Sachleistung, die vom PfÜB umfasst ist. Der Wert der Sachleistung ergibt sich aus der von der Finanzverwaltung vorgegebenen Ein-Prozent-Regelung.
2. Weihnachtsvergütungen sind bei der Pfändung mit dem 500 EUR übersteigenden Betrag pfändbar. Bei der privilegierten Unterhaltsvollstreckung ist lediglich der hälftige Betrag (250,00 EUR) pfändungsfrei.
3. Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung im Rahmen einer Direktversicherung sind dann unpfändbar, wenn sie im Wege der Gehaltsumwandlung geleistet werden.
LAG Rheinland-Pfalz, 17.7.2008 – 2 Sa 129/08
1 I. Der Fall
Streit um Pfändbarkeit von Nutzungsvorteilen
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten (Drittschuldnerin), gepfändete und zur Einziehung überwiesene Teile des Arbeitseinkommens des bei der Beklagten beschäftigten Nebenintervenienten (Schuldner) an die Klägerin (Gläubigerin) abzuführen. Der Streit der Parteien geht im Wesentlichen um die Frage, wie ein dem Schuldner zur Verfügung gestelltes Firmenfahrzeug im Rahmen der Pfändungsberechnung zu behandeln ist, wie Weihnachtsgeld zu behandeln ist und Beiträge zu einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung. Unstreitig stand dem Schuldner ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, das er auch für private Fahrten nutzen durfte. In den Entgeltabrechnungen wurde nach der Ein-Prozent-Regelung dem Bruttoeinkommen ein Betrag von 278,78 EUR zugeschlagen, welcher dem Nettoverdienst in gleicher Höhe wieder abgezogen wurde. In einer Ergänzung zum Arbeitsvertrag haben der Schuldner und die Beklage vereinbart, dass die monatlich abzuführende Kostenpauschale der Beklagten erstrangig zusteht, sie dürfe weder gepfändet werden noch in ein Insolvenzverfahren einfließen.
2 II. Die Entscheidung
Privatnutzung Pkw wird angerechnet
Die Beklagte war nicht berechtigt, aus dem sich ergebenden Nettobetrag noch die für die Sachleistung Pkw in gleicher Höhe wie die in der Bruttovergütung eingesetzte monatliche Pauschale, die sich nach der Ein-Prozent-Regelung ergibt, nicht bei der dem Arbeitnehmer letztlich zustehenden Nettosumme in Abzug zu bringen. Vielmehr ist dieser Betrag dem vom Schuldner durch den PfÜB verbleibenden Freibetrag zu entnehmen. Dies folgt allein schon aus der Überlegung, dass der PfÜB genau vorgibt, welche Forderungen gepfändet und zur Einziehung überwiesen sind. Hierbei handelt es sich um die Bruttobezüge einschließlich des Geldwertes für Sachleistungen. Die zur Verfügung gestellte Privatnutzung eines Pkws ist eine Sachleistung, die vom PfÜB umfasst ist. Der Wert der Sachleistung ergibt sich aus der von der Finanzverwaltung vorgegebenen Ein-Prozent-Regelung und ist mit 278,78 EUR monatlich zutreffend angegeben. Der Einwand des Schuldners, von dieser Sachleistung habe er nichts, verfängt nicht, immerhin ist er berechtigt, das ihm zur Verfügung gestellte Fahrzeug auch privat zu nutzen. Ob er dies tut, ist für die Bewertung als Sachleistung genauso unerheblich wie es etwa der Vortrag wäre, zur Verfügung gestellte Löhne würden nicht verbraucht.
Auch Weihnachtsvergütung ist zugriffsfähig
Nach § 850a ZPO sind grundsätzlich Weihnachtsvergütungen bis zur Höhe des monatlichen Bruttobetrages, jedoch maximal 500,00 EUR nicht pfändbar. Diese Pfändungsfreigrenze wird herabgesetzt für Unterhaltsansprüche nach § 850d ZPO auf die Hälfte. Mithin waren von den 700,00 EUR 250,00 EUR unpfändbar. Die Steuern sind dem übrigen Einkommen zu entnehmen (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 850a Rn 11).
Pech bei betrieblicher Altersvorsorge
Die Klägerin hat des Weiteren nicht noch einen Anspruch auf Zahlung weiterer 88,60 EUR. Es handelt sich hierbei um Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung. Der Schuldner hat in Höhe von 48,60 EUR auf ein Gehalt verzichtet, es handelt sich hierbei um eine Gehaltsumwandlung. Der Arbeitgeber hat einen Arbeitgeberanteil zur betrieblichen Altersversorgung von 40,00 EUR eingestellt und wiederum in Höhe des Gehaltsverzichts 48,60 EUR brutto der Abrechnung zugeschlagen. Die betriebliche Altersversorgung (Direktversicherung) in Höhe von 88,60 EUR stellt aber keinen Lohnbestandteil dar, der ausweislich des PfÜB gepfändet und zur Einziehung überwiesen wurde. Beiträge zur Direktversicherung sind nicht Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 850 Rn 8b).
3 III. Der Praxistipp
Die Entscheidung des LAG zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, dass der Gläubiger bei der Zwangsvollstreckung "nachhakt". Die Praxis zeigt, dass der Gläubiger sich nicht auf die Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO verlassen darf, insbesondere dann nicht, wenn der Drittschuldner mitteilt, dass keine pfändbaren Ansprüche bestehen.
Der Gläubiger muss seine Informationsrechte vielmehr konsequent nutzen, insbesondere die Auskunfts- und Vorlagerechte gegenüber dem Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO:
Unterlagen im PfÜB nennen
In einem ersten Schritt muss der Gläubiger die Verpflichtungen nach § 836 Abs. 3 ZPO in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit aufnehmen. Hierzu gehört es, die he...