Vollstreckung in Europa
In FoVo 2010, 224 und 2011, 23 haben wir bereits über die Rahmenbedingungen einer Vollstreckung im europäischen Ausland berichtet. Dabei darf natürlich der Blick auf die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 vom 21.4.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen nicht fehlen, die am 21.1.2005 in Kraft getreten ist. Dem Gläubiger steht es danach frei, für Titel über unbestrittene Forderungen eine Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel zu beantragen oder sich für das Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren (und somit für das Zwischenverfahren bzw. Exequaturverfahren) nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 zu entscheiden.
Das sind Ihre Vorteile
Wesentlicher Vorteil bei Anwendung dieser Verordnung ist, dass sich kein weiteres ausländisches Gericht mit der Vollstreckbarerklärung befassen muss, sondern dass der Antrag am Ursprungsgericht direkt gestellt werden kann und somit erheblich Zeit und Kosten gespart werden. Ein aufwändiges Exequaturverfahren in einem anderen Land ist nicht mehr notwendig. Weiterer Vorteil ist, dass das Verfahren nach der EuVTVO kostengünstiger ist, da in Deutschland bspw. hierfür nur eine Gerichtsgebühr in Höhe von 15,00 EUR gem. KV Nr. 1513 GKG zu entrichten ist, während beim Exequaturverfahren erst eine Bescheinigung nach EuGVO für 10,00 EUR (gem. KV Nr. 1512 GKG) beim inländischen Gericht einzuholen ist und dann für das Exequaturverfahren im Ausland gesondert Gerichts- und Anwaltskosten entstehen.
Der örtliche Anwendungsbereich der Verordnung
Die EuVTVO ist für alle EU-Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Dänemarks (Art. 2 Abs. 3 EuVTVO), der aufgrund des Art. 299 EGV ausgeschlossenen Hoheitsgebiete und derjenigen Teile Zyperns, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt und in denen die Anwendung des gemeinschaftlichen Besitzstandes ausgesetzt ist ("Nordzypern"), anzuwenden.
Der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung
Die Verordnung gilt für Entscheidungen, gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden über unbestrittene Forderungen. Zur Umsetzung dieser Richtlinie mussten ergänzende Regelungen in die ZPO aufgenommen werden, so z.B. die Einfügung der §§ 1079 bis 1081 ZPO über die Bestätigung deutscher Titel als Europäische Vollstreckungstitel, §§ 1082 bis 1086 ZPO zur Zwangsvollstreckung in Deutschland aus Titeln, die in anderen Mitgliedstaaten bestätigt worden sind.
Verordnung betrifft nur unstreitige Forderungen
Die zu bestätigende Forderung muss "unbestritten" sein. Eine Forderung gilt als "unbestritten", wenn die in Art. 3 EuVTVO bezeichneten Merkmale auf diese zutreffen. Unbestrittene Forderungen sind daher aus deutscher Sicht vor allem
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Anerkenntnisurteile, |
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Versäumnisurteile, |
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selbständige Kostenfestsetzungsbeschlüsse; hier ist jedoch besonders darauf zu achten, dass eine ordnungsgemäße Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags erfolgte (siehe dazu auch: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.3.2010 – 24 W 17/10; Leitsatz des Gerichts: "Wird dem Schuldner der Kostenfestsetzungsantrag erst mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss übermittelt, fehlt es an der in Art. 17 EuVTVO vorgeschriebenen Unterrichtung; dieser Verfahrensmangel ist nur geheilt, wenn dem Kostenfestsetzungsbeschluss eine – nach geltendem Recht nicht vorgeschriebene – Rechtsmittelbelehrung beigefügt war."). Des Weiteren wird der Kostenfestsetzungsbeschluss als europäischer Vollstreckungstitel bestätigt, wenn im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren der Kostengrundentscheidung und im Kostenfestsetzungsverfahren dem Kostenersatz nicht widersprochen wurde (somit auch der Kostenfestsetzungsbeschluss "unbestritten" erging). |
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Vollstreckungsbescheide. |
Voraussetzung der Erteilung des Europäischen Vollstreckungstitels ist, dass die Mindeststandards der Art. 12 ff. EuVTVO erfüllt sind (OLG Düsseldorf AGS 2010, 415). Forderung im Sinne des Art. 4 Nr. 2 EuVTVO sind nur Forderungen auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme, die fällig sind oder deren Fälligkeitsdatum in der Entscheidung, dem gerichtlichen Vergleich oder der öffentlichen Urkunde angegeben ist.
Besonderheiten bei Verbrauchern
Bei Verbrauchern sind nach Art. 6 Abs. 1d) EuVTVO Besonderheiten zu beachten. Danach wird eine in einem Mitgliedstaat über eine unbestrittene Forderung ergangene Entscheidung nur dann nach der der EuVTVO als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt, wenn die Entscheidung in dem Mitgliedstaat ergangen ist, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz im Sinne von Art. 59 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 hat.
Hier sind Sie am Zug
Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel erfolgt nur auf Antrag, der gemäß Art. 6 Abs. 1 EuVTVO jederzeit, also auch schon mit Einreichung der Klageschrift gestellt werden kann. Der Antrag ist an das Ausgangsgericht der gerichtlichen Entscheidung zu richten. Diese Zuständigkeitsregelung entspricht der in § 1079 ZPO getroffenen Anordnung, wonach die Gerichte zuständig sind, denen die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigungen obliegt. ...