LG folgt der Argumentation des Gläubigers
Die gemäß § 793 ZPO statthafte und zulässig angebrachte sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Anweisung des GV, die Schuldnerin zur Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung erneut zu laden und der Gläubigerin in diesem Termin die Nachholung ihres umfassenden Fragerechts zu gestatten.
Frage- und Anwesenheitsrecht kommt hohe Bedeutung zu
Der GV hat der Schuldnerin unstreitig unter Verstoß gegen das Fragerecht der Gläubigerin die eidesstattliche Versicherung am 8.10.2010 abgenommen. Obgleich die Gläubigerin ausdrücklich einer sofortigen Abnahme der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 900 Abs. 2 S. 1 ZPO widersprochen und die Ausübung ihres Fragerechts angekündigt hatte, ist ihr durch die unterbliebene Nachricht von der Vorverlegung des Termins die Möglichkeit der Teilnahme genommen worden. Für die Wahrung der Belange eines Gläubigers sind jedoch dessen Anwesenheits- und Fragerecht von erheblicher Bedeutung.
Vermögensverzeichnis ist nicht abschließend
Insoweit hat das AG zu vergegenwärtigen, dass das Fragerecht eines Gläubigers durch den amtlichen Vordruck des Vermögensverzeichnisses weder inhaltlich bestimmt noch gar vom Umfang her eingeschränkt wird. Dem vom GV verwendeten Vordruck kommt keine rechtliche Bindungswirkung zu; dieser ist lediglich Aufklärungshilfe und enthält keinen abschließenden Katalog zulässiger Fragen (vgl. Eickmann, in: MüKo-ZPO, § 900 Rn 17 m.w.N.). Über den amtlichen Fragebogen hinaus sind daher weitere Fragen des Gläubigers zulässig, soweit sie auf die konkrete Schuldnersituation abstellen. Gerade mit Blick darauf, dass eine wiederholte Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 903 ZPO an enge Voraussetzungen geknüpft ist, hat der GV daher genauestens auf die Wahrung des Anwesenheits- und Fragerechts eines Gläubigers zu achten. Die Frage, ob die eidesstattliche Versicherung noch einmal abgenommen werden muss, wenn einem Gläubiger die Möglichkeit der Teilnahme an dem Termin durch einen Fehler des Vollstreckungsorgans genommen wird, bedarf vorliegend indes keiner Entscheidung (vgl. beispielhaft dagegen: Voit, in: Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 900 Rn 12; dafür: AG Bochum DGVZ 2006, 120 ff.). Denn dem Gläubiger ist jedenfalls dann Gelegenheit zur Nachholung seines Fragerechts zu geben, wenn der Schuldner aus einem anderen Grunde zur Ergänzung des Vermögensverzeichnisses verpflichtet ist, weil einzelne Angaben unvollständig oder unklar sind (zu vgl. KG v. 18.11.1981, 1 W 3345/80).
Nachbesserungsanspruch: Vermögensverzeichnis ist nicht stimmig
So liegt es hier. Das Vermögensverzeichnis der Schuldnerin vom 8.10.2010 ist evident unvollständig und aus sich heraus bereits nicht stimmig. Als monatliche Einkünfte hat die Schuldnerin darin einzig eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 420,00 EUR angegeben. Den Empfang von Leistungen nach dem SGB II oder XII hat sie ebenso wie den Bezug von Wohngeld oder Unterhaltszahlungen durch ihren getrennt lebenden Ehemann verneint. Ihren eigenen Angaben zufolge verfügt die Schuldnerin auch im Übrigen über keinerlei Vermögenswerte oder sonstige Einnahmen; ihr Kontoguthaben beträgt ganze 3,00 EUR. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist jedoch schlechterdings nicht vorstellbar, dass die Schuldnerin ihren gesamten Lebensunterhalt von 420,00 EUR im Monat bestreitet. Das gilt umso mehr, als die Schuldnerin zur Miete wohnt. Wie die Schuldnerin ihren täglichen Lebensbedarf und die Wohnkosten von einer Rente sicherstellt, die deutlich unter dem Sozialleistungsniveau liegt (Regelsatz zzgl. Kosten der Unterkunft), erschließt sich aus dem Vermögensverzeichnis nicht. Das abgegebene Vermögensverzeichnis ist daher aller Wahrscheinlichkeit nach unvollständig, so dass Anlass zu dessen Nachbesserung besteht. Wird ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt, ist der Schuldner zur Nachbesserung verpflichtet, die in Fortsetzung des bisherigen Verfahrens zu erfolgen hat (zu vgl. BGH NJW 2004, 2979 ff.). Dem darauf gerichteten Antrag der Gläubigerin ist damit zu entsprechen.
Folge: Neuer Termin mit Gläubigerin und vielen Fragen
In dem anzuberaumenden Termin wird die Schuldnerin sich ergänzend darüber zu erklären haben, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreitet. Sofern sie Zuwendungen Dritter empfängt, hat sie diese Personen durch Namen und Anschrift zu bezeichnen. Darüber hinaus hat sie Art, Umfang und Rechtsgrund der Unterstützungsleistungen anzugeben. Die Schuldnerin mag sich ergänzend auch über ihre Wohnverhältnisse (Wohnen zur Miete/Untermiete) sowie dazu erklären, wie sie ihre Wohnkosten bestreitet. Nachdem der Gläubigerin durch die unterlassene Benachrichtigung von der Terminsvorverlegung das Fragerecht abgeschnitten worden ist, hat ihr der GV in dem neuen Termin die nachträgliche – umfassende, nicht lediglich auf die nachbesserungsbedürftigen Punkte beschränkte – Befragung der Schuldnerin z...