Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung. Folgen einer unterbliebenen Benachrichtigung des Gläubigers vom Offenbarungstermin
Leitsatz (amtlich)
Wird einem Gläubiger durch eine (versehentlich) unterbliebene Benachrichtigung durch den Gerichtsvollzieher die Teilnahme an dem Offenbarungstermin und damit die Ausübung seines Anwesenheits- und Fragerechts genommen, so ist ihm jedenfalls dann Gelegenheit zur - umfassenden - Nachholung seines Fragerechts zu geben, wenn der Schuldner aus einem anderen Grunde zur Ergänzung des Vermögensverzeichnisses verpflichtet ist.
Normenkette
ZPO §§ 807, § 899 ff.
Verfahrensgang
AG Detmold (Aktenzeichen 9 M 3260/10) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Der zuständige Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die Schuldnerin zur Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses vom 8. Oktober 2010 erneut zu laden und sie ihre Angaben in folgenden Punkten ergänzen zu lassen:
Die Schuldnerin hat anzugeben, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreitet. Sofern sie ihren Lebensunterhalt (teilweise) durch Zuwendungen Dritter bestreitet oder von Dritten unterstützt wird, so sind Namen und Anschrift dieser Personen sowie Art, Umfang und Rechtsgrund der Unterstützungen/Zuwendungen anzugeben. In diesem Zusammenhang hat die Schuldnerin auch zu ihren Wohnverhältnissen Stellung (z.B. Wohnen zur Miete/Untermiete) zu nehmen und sich dazu zu erklären, wie sie ihre Wohnkosten (z.B. durch Wohngeld/durch Leistungen Dritter) bestreitet.
In Nachholung ihres Fragerechts ist der Gläubigerin in diesem Termin die Gelegenheit zur umfassenden Befragung der Schuldnerin zu geben.
Gerichtskosten fallen nicht an; die Schuldnerin trägt nur die notwendigen Kosten.
Der Beschwerdewert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin das Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. In ihrem Zwangsvollstreckungsauftrag vom 2. März 2010 hat sie der sofortigen Abnahme der eidesstattlichen Versicherung widersprochen und angekündigt, ihr Fragerecht in dem zur Abgabe des Offenbarungseides anzuberaumenden Termin auszuüben. Der zunächst auf den 14. Oktober 2010 bestimmte und dem Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin mitgeteilte Termin wurde durch den zuständigen Gerichtsvollzieher auf den 8. Oktober 2010 vorverlegt. Bezüglich der Gründe der Terminsverlegung wird auf den Vermerk des Gerichtsvollziehers vom 6. Oktober 2010 (Bl. 13 des Vollstreckungshefts) Bezug genommen. Eine Benachrichtigung des Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin von der Terminsverlegung ist unterblieben. In Abwesenheit des Gläubigervertreters hat der Gerichtsvollzieher der Schuldnerin am 8. Oktober 2010 die eidesstattliche Versicherung abgenommen.
Mit Antrag vom 15. Oktober 2010, wegen dessen Begründung auf Bl. 19 f. des Vollstreckungshefts verwiesen wird, hat der Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin die Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung beantragt.
Diesen Antrag hat der Gerichtsvollzieher unter Hinweis auf das seiner Ansicht nach vollständige Vermögensverzeichnis abgelehnt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die dagegen gerichtete Erinnerung der Gläubigerin verworfen. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass die Schuldnerin nach der umfassenden Abgabe der eidesstattlichen Versicherung keine weitergehenden Fragen der Gläubigerin mehr zu beantworten habe. Auch wenn die Gläubigerin durch die unterlassene Terminsnachricht nicht bei der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung habe anwesend seien können, begründe dies keine Rechtsverletzung.
Dagegen wendet sich die Gläubigerin - unter näheren Ausführungen - mit ihrer sofortigen Beschwerde.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde des Schuldners mit Beschluss vom 10. Februar 2011 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß § 793 ZPO statthafte und zulässig angebrachte sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Anweisung des Gerichtsvollziehers, die Schuldnerin zur Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung erneut zu laden und der Gläubigerin in diesem Termin die Nachholung ihres umfassenden Fragerechts zu gestatten.
Der Gerichtsvollzieher hat der Schuldnerin unstreitig unter Verstoß gegen das Fragerecht der Gläubigerin die eidesstattliche Versicherung am 8. Oktober 2010 abgenommen. Obgleich die Gläubigerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten ausdrücklich einer sofortigen Abnahme der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 900 Abs. 2 S. 1 ZPO widersprochen und die Ausübung ihres Fragerechts angekündigt hatte, ist ihr durch die unterbliebene Nachricht von der Vorverlegung des Termins die Möglichkeit der Teilnahme genommen worden. Für die Wahrung der Belange eines Gläubigers sind jedoch dessen Anwesenheits- und Fragerecht von erheblicher Bedeutung. Insoweit hat das Amtsgericht zu vergegenwärtigen, dass das Fragerecht eines Glä...