Die erste Hürde: Infos über den Pkw
Viele Leser werden an dieser Stelle schon die Überlegung haben: "Bei mir kommt es erst gar nicht so weit, weil der Gerichtsvollzieher keinen Pkw pfändet." Dies kann verschiedene Gründe haben. Zum einen kann der Schuldner tatsächlich über keinen Pkw verfügen oder jedenfalls nur einen Pkw, dessen Verwertung keinen über die Vollstreckungskosten hinausgehenden Erlös verspricht (§ 803 Abs. 2 ZPO). Immer wieder kommt es auch vor, dass der Gerichtsvollzieher sich von dem Argument beeindrucken lässt, dass der Pkw dem Schuldner nicht gehöre, und deshalb auf die Pfändung verzichtet. Häufig weiß der Gerichtsvollzieher auch gar nicht, dass der Schuldner über einen Pkw verfügt, da er nur die im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen pfändet, § 808 ZPO. Der Gewahrsam an einem Pkw ist aber nicht ohne weiteres feststellbar, wenn mehrere Fahrzeuge vor dem Haus stehen, in dem der Schuldner wohnt. Deshalb ist es wichtig, dass sich der Gläubiger bereits im Vorfeld Informationen zum Pkw beschafft und sie dem Gerichtsvollzieher mitteilt.
Das sollten Sie tun
Hierbei ist es hilfreich, wenn er möglichst viele Identitätsmerkmale feststellen kann. Dazu gehören etwa
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der Typ des Pkw, |
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das konkrete Modell, |
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das amtliche Kennzeichen, |
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die Farbe des Pkw. |
Manchmal genügt es schon, wenn ein oder zwei dieser Elemente genannt werden können.
So können Sie es tun
Zur Ermittlung des Pkw kann der Gläubiger unterschiedliche Wege einschlagen:
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Im Rahmen des Vermögensverzeichnisses (EV-Verfahren) hat der Schuldner anzugeben, ob er über einen Pkw verfügt. |
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Aus § 39 Abs. 1 sowie Abs. 3 StVG kann sich in den dort genannten Konstellationen ein Auskunftsanspruch gegenüber der Zulassungsstelle ergeben. |
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Er kann dies durch eigene Beobachtung oder Beobachtungen von Mitarbeitern, etwa des Hausmeisters in einer Wohnanlage oder des Vertriebsmitarbeiters, feststellen. Dies hat den Vorteil, dass er dem Gerichtsvollzieher zugleich den üblichen Standort des Fahrzeuges mitteilen kann. |
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Er kann sich bei Dritten, etwa Nachbarn, über einen Pkw des Schuldners erkundigen. |
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Auch ein Blick in www.earth.google.de kann so manches Mal einen Einblick verschaffen, wenn der Schuldner in einem Einfamilienhaus wohnt und die Aufnahmen halbwegs aktuell sind. |
Dem Gewahrsam des Schuldners an dem Pkw steht es nicht entgegen, dass das Fahrzeug sich nicht auf dem vom Schuldner genutzten Grundstück befindet. Der Gewahrsam des Schuldners ist auch dann anzunehmen, wenn sich das Fahrzeug in der Nähe seiner Wohnung oder seines jeweiligen Aufenthaltsortes befindet (LG Karlsruhe DGVZ 1993, 141; FG Köln v. 12.12.2002 – 15 K 755/99 EFG 2003, 591).
Pkw muss "erforderlich" sein!
Selbst wenn der Schuldner den Pkw benutzt, um zur Arbeit zu gelangen, bedeutet dies nicht, dass er auch tatsächlich unpfändbar ist. Vielmehr muss der Pkw auch "erforderlich" sein.
Die Pfändungsschutzvorschrift im Wortlaut:
Zitat
§ 811 Unpfändbare Sachen
(1) Folgende Sachen sind der Pfändung nicht unterworfen:
1. …
5. bei Personen, die aus ihrer körperlichen oder geistigen Arbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände …
Gibt es einen ÖPNV?
Der Pkw muss also nicht nur tatsächlich genutzt werden, damit der Schuldner die Arbeitsstelle erreichen kann, sondern er muss auch noch "erforderlich" sein. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn der Arbeitsplatz auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann (LG Detmold DGVZ 1996, 120; LG Heidelberg DGVZ 1994, 9; LG Rottweil DGVZ 1993, 57; LG Heilbronn NJW 1988, 148; LG Stuttgart DGVZ 1986, 78; AG Waldbröhl DGVZ 1998, 158; AG Strausberg v. 13.7.2007, 11 M 1623/07; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl. 2008, § 811 Rn 34) und die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auch nicht unzumutbar ist. War es früher sehr schwierig zu ermitteln, ob der vom Gläubiger weit entfernt wohnende Schuldner mit dem ÖPNV von seinem bekannten Wohnort zu seinem bekannten Arbeitsort gelangen kann, ist dies inzwischen einfacher geworden. Über das Internet lassen sich solche Informationen recherchieren.
Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung
Die Rechtsprechung hat sich immer wieder mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Pkw dem Pfändungsschutz unterliegt. Danach muss der Gläubiger nicht immer zurückstecken. Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen das:
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Pfändungsschutz bei ABM? Ein gepfändeter Pkw ist nicht gemäß § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO pfandgeschützt, wenn er nicht zur Aufnahme oder Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich ist. Ist eine Beschäftigung als Arbeitsgelegenheit nach § 16 Abs. 3 SGB II vermittelt worden, handelt es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis im Sinne einer Erwerbstätigkeit, sondern geht es um einen Anspruch gegen den Grundsicherungsträger und damit um eine (Sozial-)Leistung nach dem SGB II, die zusätzlich zum ALG II gezahlt wird. Für eine solche Tätigkeit greifen die Pfändungsschutzvo... |