Warum eine Vorpfändung ausbringen?
Befürchtet der Gläubiger, dass der Schuldner eine Forderung, die der Gläubiger pfänden möchte, einzieht oder kurzfristig abtritt, oder ist nicht auszuschließen, dass ein anderer Gläubiger auf die Forderung zugreift, so kann er mit der Vorpfändung nach § 845 ZPO reagieren, um seine Rechte zu sichern. Ziel der Forderungspfändung ist es allerdings auch, den Schuldner zur „Reaktion“ zu bringen. Ihm soll die offenstehende Forderung ebenso ins Gedächtnis gerufen werden wie der Umstand, dass der Gläubiger diese zwangsweise betreiben und den Schuldner so – den Vollstreckungserfolg dahingestellt – in seiner Lebensführung beeinträchtigen kann. Der Schuldner soll durch die Forderungspfändung also aktiviert werden, mit dem Gläubiger eine Lösung für den Forderungsausgleich zu finden, bestenfalls eine Direktzahlung zu leisten oder auch eine Teilzahlungsvereinbarung abzuschließen. Dieses Ziel kann durch die Vorpfändung durchaus in gleicher Weise wie durch die eigentliche Pfändung erreicht werden.
Die außerhalb der kritischen Zeit ausgebrachte Vorpfändung begründet jedoch kein nach § 50 Abs. 1 InsO insolvenzgeschütztes Sicherungsrecht, wenn die Pfändung in der kritischen Zeit erfolgt, weil sie nur Teil mehraktiger Rechtshandlungen sind. Entscheidend ist also, ob die Erfüllung der letzten Teilakte dieser Rechtshandlungen in die gesetzliche Krise fällt, d.h. die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (BGH NJW 2006, 1870).
Was bedeutet Vorpfändung?
Nach § 845 Abs. 1 ZPO kann der Gläubiger über den Gerichtsvollzieher dem Drittschuldner und dem Schuldner die Benachrichtigung zustellen, die Pfändung der Hauptforderung des Schuldners gegen den Drittschuldner stehe unmittelbar bevor. Die Vorpfändung entfaltet ihre Wirkung nach § 845 Abs. 2 ZPO, wenn die eigentliche Pfändung, d.h. die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner, nach § 829 Abs. 3 ZPO binnen eines Monats nach der Zustellung der Vorpfändung durch den Gerichtsvollzieher bewirkt wird.
Da unerheblich ist, welche Ursache die Nichteinhaltung der Frist hat (Zöller-Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 845 Rn 5), sollte in der Praxis mit der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses immer ein Hinweis erfolgen, dass eine Vorpfändungsfrist läuft, damit es zu einer beschleunigten Bearbeitung kommt.
Vorverlagerung des Pfändungszeitpunktes
In diesem Fall wird der Zeitpunkt der Pfändung der Forderung auf den Zeitpunkt der Zustellung der Vorpfändung vorverlagert. Dieser Zeitpunkt ist dann für die Bestimmung der Rangverhältnisse von mehreren Forderungen untereinander nach § 804 Abs. 3 ZPO maßgeblich. Dies gilt selbstverständlich nur insoweit, wie sich der Inhalt der Pfändung mit der Vorpfändung deckt.
Die Benachrichtigung muss wie der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss selbst bereits das Arrestatorium und das Inhibitorium enthalten, d.h. die Aufforderung an den Drittschuldner, nicht an den Schuldner zu zahlen, und das Gebot an den Schuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten.
Mehrfache Wiederholung zulässig – aber: Vorsicht!
Die Vorpfändung kann mehrfach wiederholt werden, wirkt aber nur jeweils auf den Zustellungszeitpunkt der laufenden Vorpfändung zurück (Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 845 Rn 9; Zöller-Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 845 Rn 6).
Anwendungsbereich wie bei der Forderungspfändung
Die Vorpfändung ist nur bei der Vollstreckung wegen Geldforderungen sowie in sonstige Forderungen und Rechte möglich, d.h. im gleichen Umfang wie die Pfändung selbst. Hinsichtlich der Bezeichnung der zu pfändenden Forderung sind die gleichen Anforderungen zu stellen wie beim Pfändungsbeschluss selbst (BGH NJW-RR 2005, 1361; BGH WM 2001, 1223). Bei der Vorpfändung bezüglich künftiger Forderungen ist zu beachten, dass bereits eine Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Drittschuldner bestehen muss, so dass etwa bei zu pfändenden Steuererstattungsansprüchen die Zustellung der Vorpfändung wirksam erst möglich ist, wenn der Anspruch entstanden ist, § 46 Abs. 6 S. 1 AO, d.h. mit Ablauf des Steuerjahres. Der Auftrag kann jedoch zuvor mit der Maßgabe erteilt werden, ab wann zugestellt werden kann.
Erleichterte Vollstreckungsvoraussetzungen
Für die Erteilung des Auftrages an den Gerichtsvollzieher ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm, § 845 Abs. 1 S. 3 ZPO, weder eine vollstreckbare Ausfertigung noch eine Zustellung des Schuldtitels an den Schuldner als sonstige besondere Voraussetzungen nach § 750 ZPO erforderlich, so dass die Maßnahme auch nach der Titulierung sehr früh angesetzt werden kann. Auch im Fall der Rechtsnachfolge muss weder die Umschreibung noch die Zustellung des umgeschriebenen Titels nebst Urkunden, § 750 Abs. 2 und 3 ZPO, erfolgt sein (Zöller-Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 845 Rn 2). Die Wartefristen nach § 798 ZPO gelten nicht (BGH NJW 1992, 1150).
Auftrag „all inclusive“
Der Gerichtsvollzieher kann auch mit der Anfertigung der Vorpfändung beauftragt werden, so dass der Gläub...