Alter Pfändungsschutz tritt am 31.12.2011 außer Kraft
Der Gesetzgeber hat zum 1.7.2010 die Möglichkeit geschaffen, durch die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos nach § 850k ZPO n.F. die auf einem Konto eingehenden Gutschriften dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen, soweit der Schuldner die Mittel zu seinem notwendigen Unterhalt benötigt. Mit der Schaffung des Pfändungsschutzkontos ist der alte Kontopfändungsschutz für Arbeitseinkommen nach § 850k ZPO a.F., für Sozialleistungen nach § 55 SGB I und für Kindergeld nach § 76a EStG allerdings nicht außer Kraft getreten. Dies geschieht nach Art. 7 Nr. 6 des Gesetzes zur Reform der Kontopfändung erst mit Ablauf des 31.12.2010. Beide Systeme stehen bis dahin nebeneinander, wobei § 850k ZPO a.F. in § 850l ZPO n.F. aufgegangen ist. Zugleich hat der Gesetzgeber angeordnet, dass dem Pfändungsschutzkonto der Vorrang gebührt, da ein Freistellungsantrag nach den genannten Vorschriften nur zulässig ist, wenn kein Pfändungsschutzkonto besteht.
Problem: Was passiert mit den Altbeschlüssen?
Für den Gläubiger erweisen sich nun drei Fallgestaltungen als problematisch:
Fall 1
Der Gläubiger hat die Ansprüche aus der Bankverbindung bereits vor dem 1.7.2010 gepfändet. Der Schuldner hat sein pfändungsfreies Arbeitseinkommen nach § 850k a.F. freistellen lassen. Nach dem 1.7.2010 geschieht nichts, insbesondere stellt der Schuldner sein Konto nicht auf ein P-Konto um.
Automatisches Außerkrafttreten oder Aufhebungsantrag?
In diesem Fall stellt sich die Frage, ob der Beschluss nach § 850k ZPO a.F. am 31.12.2011 automatisch außer Kraft tritt oder ob der Gläubiger dessen Aufhebung beantragen muss. Einerseits hat der Schuldner ab dem 1.1.2012 keinen Anspruch auf die Freistellung mehr, da § 850l ZPO außer Kraft tritt und der Kontopfändungsschutz allein über ein Pfändungsschutzkonto gewährt wird. Andererseits liegt der Bank aber ein unbefristeter Freistellungsbeschluss vor, den sie nicht einfach unbeachtet lassen kann. Auch für die Kreditinstitute ergibt sich hier eine erhebliche Rechtsunsicherheit, da die fehlerhafte Auszahlung an den Schuldner oder den Gläubiger eine erneute Zahlungspflicht nach sich ziehen kann.
Fall 2
Der Gläubiger hat die Ansprüche aus der Bankverbindung nach dem 1.7.2010 gepfändet. Der Schuldner hat sein pfändungsfreies Arbeitseinkommen nach § 850l n.F. freistellen lassen. Auch in der Folgezeit stellt der Schuldner sein Konto nicht auf ein Girokonto um.
Automatisches Außerkrafttreten oder Befristung von Neubeschlüssen?
Hier stellen sich die gleichen Fragen wie im vorliegenden Fall. Anders als im ersten Fall steht jetzt aber seit dem 1.7.2010 fest, dass § 850l ZPO am 31.12.2011 außer Kraft tritt, so dass sich die weitere Frage stellt, ob der Beschluss von Amts wegen oder auf Antrag zu befristen ist.
Fall 3
Der Gläubiger hat die Ansprüche aus der Bankverbindung bereits vor dem 1.7.2010 gepfändet. Der Schuldner hat sein pfändungsfreies Arbeitseinkommen nach § 850k a.F. freistellen lassen. Dabei wurden neben dem Ehegatten des Schuldners auch noch dessen beide Kinder im Alter von 14 und 17 Jahren berücksichtigt, die zu diesem Zeitpunkt beide die Schule besuchten. Am 1.9.2010 stellt der Schuldner sein Konto auf ein P-Konto um. Genau zu diesem Zeitpunkt nimmt der ältere Sohn, der weiter beim Schuldner wohnt, eine Arbeit auf und verdient 700 EUR im Monat.
Konkurrenz von P-Konto und Freistellungsbeschluss?
Auch in diesem Fall stellt sich die Frage nach dem Schicksal des Beschlusses nach § 850k ZPO a.F. Ist er mit der Umwandlung des Girokontos in ein P-Konto automatisch außer Kraft getreten, oder ist er weiterhin auf dem P-Konto zu berücksichtigen? Da der Freibetrag nach dem Beschluss höher ist als auf dem P-Konto, wo der ältere Sohn wegen seiner Einkünfte nicht mehr berücksichtigt wird, würde sich der Fortbestand des Beschlusses für den Gläubiger also negativ auswirken. Er müsste dessen Aufhebung nach § 850k Abs. 4 ZPO n.F. i.V.m. § 850c Abs. 4 ZPO betreiben.
Die aufgeworfene Problematik hat inzwischen auch die Gerichte beschäftigt. Nachfolgend sollen zwei Entscheidungen, die nur scheinbar zum gleichen Ergebnis kommen, vorgestellt werden.