Zugriffsobjekt: Mitgliedschaft in einer Genossenschaft

In Deutschland erfreut sich die Genossenschaft einer fortgesetzt großen Beliebtheit. Anders als bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), einer Kommanditgesellschaft (KG) oder einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) sind der Beitritt und das Ausscheiden sehr einfach. Die Genossenschaft ist in der Zahl der Mitglieder nicht beschränkt. Volks- und Raiffeisenbanken sind Genossenschaftsbanken. Aber es gibt auch Wohnungsbau- oder Einkaufsgenossenschaften. Gerade in der Landwirtschaft und im Weinbau finden sich viele Produktionsgenossenschaften. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich im Genossenschaftsgesetz (GenG).

Auskunftspflicht des Schuldners

Im Rahmen der Vermögensauskunft hat der Schuldner zu Frage 16 anzugeben, ob er Mitglied in einer Genossenschaft ist.

Vor dem Hintergrund der Hinweise zu Nr. 16 kann es sich empfehlen, schon im Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft darauf hinzuweisen, dass der Schuldner auch nach Mitgliedschaften in Einkaufs- und Produktionsgenossenschaften gefragt wird.

 

Hinweis

Vor dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft ist – schon aus Kostengründen – selbstverständlich zu prüfen, ob die Information nicht anderweit beschafft werden kann. Neben einer Befragung des Schuldners in einem Telefonat oder bei einem persönlichen Kontakt im Außendienst kommt auch die schriftliche Befragung im Sinne einer Selbstauskunft in Betracht (siehe hierzu die Arbeitshilfe in diesem Heft). Hier besteht zwar keine Auskunftspflicht, aber nicht jeder Schuldner zeigt sich gänzlich unkooperativ.

Die Ansprüche gegen die Genossenschaft nach der Satzung

Das Rechtsverhältnis der Genossenschaft und ihrer Mitglieder richtet sich gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 GenG zunächst nach der Satzung. Hierin finden sich regelmäßig auch die Ansprüche der Genossen an den Erträgen der Genossenschaft und deren Verteilung.

 

Hinweis

Nach der Pfändung des Genossenschaftsanteils muss der Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO die Satzung grundsätzlich vorlegen, was dann aber dazu führen kann, dass eine weitere Pfändung bzw. Ergänzung des PfÜB erforderlich wird, weil nicht alle Ansprüche erfasst wurden. Die Praxis zeigt, dass viele Genossenschaften im Internet vertreten sind und dort auch die Satzung wiedergegeben wird. Die Ansprüche können dann daraus entnommen und bei der Pfändung explizit berücksichtigt werden.

Das sollten Sie auf keinen Fall vergessen

Nach den gesetzlichen Regelungen muss der Genosse zumindest über einen Geschäftsanteil verfügen, auf den er auch die satzungsmäßige Mindesteinlage, nach § 7 Nr. 1 GenG zumindest 10 %, einzahlen muss. § 7a GenG lässt dabei auch die Zeichnung mehrerer Geschäftsanteile zu. Insoweit ist das beim Ausscheiden dem Genossen (Schuldner) zustehende Guthaben pfändbar. In der Regel sind – vorbehaltlich der konkreten Regelung in der Satzung – folgende Ansprüche pfändbar:

Das Geschäftsguthaben beim Ausscheiden des Genossen nach der Kündigung;
Der Anspruch auf Auszahlung von Gewinnanteilen;
Der Anspruch auf Vergütung aus Mitgliedergeschäften (Warenrückvergütung);
Ansprüche aus der Rücklage der Genossenschaft (Reservefond);
Der Anspruch auf das anteilige Liquidationsguthaben im Fall der Liquidation der Genossenschaft.

Geschäftsanteil und Geschäftsguthaben

Der Geschäftsanteil nach § 7 Nr. 1 GenG ist als reine Rechengröße, anders als der Anteil am Geschäftsguthaben, nicht pfändbar (Stöber, Forderungspfändung, Rn 351 und 1632 unter Hinweis auf RGZ 135, 55; Diepold/Hintzen, Musteranträge für Pfändung und Überweisung, Muster 78 Rn 9). Die maßgebliche Regelung dazu findet sich in § 66 GenG, die erst dann greift, wenn ein vorheriger Vollstreckungsversuch – gleich welchen Gläubigers (Stöber, Forderungspfändung, Rn 1636) – in den letzten 6 Monaten fruchtlos verlaufen ist. Es handelt sich um ein sonstiges Vermögensrecht im Sinne des § 857 ZPO.

 

Im Wortlaut: § 66 GenG

Der Gläubiger eines Mitglieds, der die Pfändung und Überweisung eines dem Mitglied bei der Auseinandersetzung mit der Genossenschaft zustehenden Guthabens erwirkt hat, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Mitglieds fruchtlos verlaufen ist, kann das Kündigungsrecht des Mitglieds an dessen Stelle ausüben. Die Ausübung des Kündigungsrechts ist ausgeschlossen, solange der Schuldtitel nur vorläufig vollstreckbar ist.

Die Voraussetzungen der Verwertung des Geschäftsguthabens

Die vorherige fruchtlose Vollstreckung ist nicht Voraussetzung des Kündigungsrechtes (wie hier Stöber, Forderungspfändung, Rn 1636; a.A. wohl Diepold/Hintzen, Musteranträge für Pfändung und Überweisung, Muster 78 Rn 10), sondern allein der Kündigung und Verwertung. Die Kündigung ist gegenüber der Genossenschaft, vertreten durch den Vorstand, zu erklären. Ihr ist eine beglaubigte Abschrift des Vollstreckungstitels und der Nachweis der fruchtlosen Vollstreckung – der auch in einem Beleg über die Eintragung im Schuldnerverzeichnis nach § 882c Abs. 1 Nr. 2 oder 3 ZPO bestehen kann –, ...

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